Kryson 05 - Das Buch der Macht
steuern. Bald wäre sie nicht mehr in der Lage, ihre Magie vernünftigeinzusetzen, und würde immer mehr Schlaf brauchen, um sich zu erholen. Dann schlüge Nalkaars Hora.
Ein weiteres Gutes hatte die Sache – schlief Grimmgour, ging er Nalkaar nicht auf die Nerven. In seinen Wachzuständen war der General unausstehlich. Wütend, brutal und grausam. Seine Wutausbrüche richteten sich nicht nur gegen den Feind, sondern auch gegen die eigenen Krieger. Nalkaar vermutete, dass ihre Verluste unter den eigenen Truppen durch Grimmgours Anfälle größer waren als die Verluste, die sie durch den Feind während der vergangenen Schlachten erlitten hatten.
Es nutzte nichts, er musste Grimmgour wecken.
»Wacht auf, General«, sagte Nalkaar und zog Grimmgour an dessen Haarzöpfen.
Grimmgour fuhr wie von einer Jayva gestochen hoch und griff mit seiner Stahlprothese sofort nach seinem Schwert, das er neben sein Lager gelegt hatte.
»Was, wo, wer?« Grimmgour sah sich nervös um.
»Hört mir zu«, bat Nalkaar, »ich bin es nur.«
»Verdammt, Hackfresse!«, stöhnte Grimmgour. »Warum störst du mich? Dein hässliches Gesicht ist schlimmer als der schrecklichste Albtraum. Kannst du mir nicht eine hübsche Sklavin schicken, wenn du mich schon wecken musst?«
»Nein«, säuselte Nalkaar, »ich dachte, diese Zeiten wären für Euch längst vorbei.«
Grimmgour packte den Todsänger am Kragen und zog ihn dicht zu sich heran. Wutschnaubend starrte der General in die toten Augen Nalkaars.
»Du bist so furchtbar hässlich und du stinkst nach Tod«, donnerte er. »Ich mag die Sklavinnen nicht mehr besteigen können. Das ist wohl wahr. Aber ich kann mich immer noch an ihrem Anblick erfreuen, und wenn ich sie lange genug ansehe, tief in mich hineinblicke und mir vorstelle, wie es war, esmit ihnen wieder und wieder zu treiben, dann spieße ich sie mit meinem Dorn aus Blutstahl auf. Ich reiße sie in Stücke und esse sie auf. Das ist ein Spaß, den mir niemand nehmen kann. Nicht einmal du!«
»Ihr seid durch und durch ein Tier, Grimmgour«, antwortete Nalkaar, »obwohl ich Euch damit noch schmeichle und den Tieren gegenüber ungerecht bin.«
»Was willst du?«, fuhr Grimmgour den Todsänger an.
»Wir beginnen mit dem Angriff auf die Burg«, sagte Nalkaar geradeheraus.
»Gut. Wird auch Zeit«, raunte Grimmgour, stand auf und blickte sich um. »Wo sind die Drachenchimären?«
»Sie sind nicht gekommen und ich nehme an, dass sie auch nicht mehr zu uns zurückkehren werden.«
»Was soll das bedeuten?«, fragte Grimmgour.
»Ich weiß es nicht, wahrscheinlich sind sie verloren.«
»Verdammt«, rief Grimmgour, »das ist deine Schuld! Du hast sie zur Erkundung weggeschickt und uns zur Trutzburg geführt. Rajuru wird das überhaupt nicht gefallen, wenn sie davon erfährt.«
»Das mag sein«, antwortete Nalkaar, »aber ich rate Euch, eure Gedanken für Euch zu behalten und sie erst zu benachrichtigen, sobald wir die Burg eingenommen haben. Es wird keinen Kampf geben, wenn sie vorher davon erfährt. Wir werden die Eroberung nicht gegen ihren Willen fortsetzen. Das bekäme uns schlecht. Ihr werdet Eure Rache nicht bekommen und weder Köpfe einschlagen noch Feinde aufspießen können. Wollt Ihr das?«
»Nein«, nickte Grimmgour, »da stehe ich ausnahmsweise auf deiner Seite. Ich will töten.«
»Das ist doch ein Anfang«, schmunzelte Nalkaar, »aber Ihr müsst Euch an meinen Plan halten, wollen wir siegen. Das müsst Ihr mir versprechen.«
Grimmgour sah den Todsänger lange an, als ob er darüber nachdachte, ihn gleich in den Boden zu stampfen.
»Gut«, sagte Grimmgour, »von mir aus. Wie lautet der Plan?«
Nalkaar führte Grimmgour aus, was er vorhatte und welche Rolle er sich für den Rachurengeneral und die Chimärenkrieger ausgedacht hatte. Das gefiel Grimmgour zwar nicht, aber er stimmte schließlich zu. Er würde warten müssen, bis die Todsänger mit ihrem Gesang fertig waren. Aber immerhin würde er seinen Anteil bekommen. Das genügte ihm vorerst. Die Belagerung konnte beginnen.
*
Die Aeras Tamar landete vor dem Burgtor, während die Begleitschiffe ihre Runden über den Türmen der Trutzburg zu Fallwas drehten. Murhab und Drolatol brauchten nicht lange zu warten, bis das Tor an rasselnden Ketten herabgelassen wurde und sie von der Burgherrin in Empfang genommen wurden. Nihara hatte es sich nicht nehmen lassen, als Erste durch das Tor zu reiten und die Besatzung persönlich zu begrüßen. Außerdem war sie neugierig darauf,
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