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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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übertönt wurde.
    Der Hüter erschien hinter dem Baum. Madhrab konnte sehen, wie aufgebracht er war. Der Hüter rannte immer wieder um den mächtigen Stamm des Baumes herum, murmelte ihm fremd anmutende Worte in einer Sprache, die Madhrab noch nie zuvor gehört hatte. Die Augen des Hüters waren vor Schreck geweitet. Er rannte mal hierhin und dann wieder dorthin. Scheinbar ohne jeden Plan. Er machte den Eindruck auf Madhrab, als wäre er dem Geschehen hilflos ausgeliefert. Noch hatte Madhrab nicht begriffen, was vor sich ging. Der Hüter schlug die Hände über dem Kopf zusammen und jammerte.
    »Ich verstehe das nicht!«, rief der Hüter aufgeregt. »Der Geist der Lesvaraq befindet sich doch im Land der Tränen. Schon seit geraumer Zeit. Der Wanderer ist hier. Ich treffe ihn jeden Tag und rede mit ihm. Er kann dieses Unglück nicht herbeigeführt haben.«
    »Von was redest du?«, fragte Madhrab.
    »Der Baum des Lebens ist krank. Seine Wurzeln verfaulen. Vielleicht wurden sie vergiftet. Womöglich stirbt er. Das ist eine Katastrophe, wie es sie nie zuvor gab. Farghlafats Sterben würde den Untergang allen magischen Lebens bedeuten und das Ende Krysons. Alle Seelen wären verloren.«
    »Woher weißt du, dass der Baum krank ist?«
    »Kannst du es denn nicht fühlen? Er leidet fürchterliche Qualen und er sagt, er würde angegriffen. Seine Wurzeln werden zerstört.«
    »Ich kann fühlen, dass etwas mit Farghlafat nicht stimmt. Aber wer steckt dahinter? Wer kann den Baum des Lebens überhaupt angreifen?«
    »Zuerst hatte ich die Lesvaraq im Verdacht«, sagte der Hüter des Baumes, »aber ihr Geist ist hier und wartet in der Gestalt des Wanderers auf einen neuen Zyklus. Sie wären vielleicht mächtig genug, einen Angriff zu führen. Aber sie können es nicht gewesen sein.«
    »Wer kommt noch infrage?«
    »Das gilt es herauszufinden«, sagte der Hüter des Baumes, »uns bleibt nur wenig Zeit. Wir müssen ihn retten. Einige seiner Wurzeln sind bereits abgestorben. Zum Glück ist die Hauptwurzel nicht beschädigt. Er kann sich noch erholen.«
    »Was hast du vor?«, wollte Madhrab wissen.
    »Ich schicke dich nach Kryson«, sagte der Hüter, »Farghlafat ist einverstanden.«
    »Du schickst mich in ein neues Leben, obwohl ich mich an mein Leben als Krieger erinnern kann?«
    »Genau aus diesem Grund schicken wir dich wieder nach Kryson, Madhrab«, antwortete der Geist des Baumes, »du wirst dich an deine Gabe und an das Land der Tränen erinnern. Du wirst Madhrab sein, wie in deinem vorherigen Leben. Nur stärker und mächtiger noch. Deine Fähigkeiten werden schon bald erwachen. Du wirst üben und noch mehr üben. Du wirst zu gegebener Zeit einen Ast des Baumes zu deiner Unterstützung bekommen. Finde den Angreifer, der es wagt, Farghlafat zu zerstören. Finde ihn und mache ihn unschädlich.«
    »Wird das nicht zu lange dauern? Ich muss erst geboren werden und aufwachsen, nicht wahr?«
    »Mach dir deshalb keine Sorgen«, antwortete der Geist des Baumes und zeigte auf ein Blatt, das sich gerade von einem Ast des Baumes löste und in schaukelnden Bewegungen herabfiel, »das dauert nicht länger als die Spanne, die dieses fallende Blatt benötigt, den Boden zu berühren.«
    »Darf ich nach Elischa suchen, während ich den Baum des Lebens rette?«
    Der Hüter sah Madhrab nachdenklich an. Schließlich blitzten seine Augen munter auf und er musste lächeln.
    »Liebeskranke Seele … tu meinetwegen, was du nicht lassen kannst«, sagte der Hüter spöttisch, »du scheinst eine unverbesserliche Seele zu sein. Ich habe nie zuvor jemanden wie dich getroffen. Deine Hartnäckigkeit zahlt sich nun aus. Ich bin froh, dass es uns nicht gelungen ist, dich vergessen zu lassen. Der Baum, ich und all die Seelen im Land der Tränen sind dir zu Dank verpflichtet. Geh und rette den Baum des Lebens. Finde deine verbundene Seele und vereinige dich wieder mit ihr. Ich wünsche Euch, dass ihr in diesem neuen Leben glücklich werdet. Aber vergiss darüber nicht, was wir dir aufgetragen haben, sonst ist alles verloren. Und nun verschwinde von hier. Deine liebe Mutter schreit schon vor Schmerzen und kann es kaum erwarten, dich aus ihrem Unterleib zu pressen.«
    Der Hüter berührte Madhrab an der Stirn. Madhrab hatte das Gefühl, als würde er sich im Kreis drehen. Schneller und schneller. Das Land der Tränen und der Hüter verschwanden vor seinen Augen. Es wurde dunkel. Eine Schwärze umfing ihn und plötzlich wurde es wieder hell. Er war eingehüllt von

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