Kryson 06 - Tag und Nacht
und tauchte ab. Der Magier wirkte einen Verwandlungszauber. Aber der Spruch fiel ihm in der Hektik schwer und ging fehl. Nur Kopf, Brust und Vorderarme nahmen die Gestalt der Panzerechse an. Sein Hinterleib und die Beine blieben unverändert.
»Was soll’s«
, dachte Sapius,
»das muss genügen.«
Er sprang ins Wasser und schwamm den Naiki hinterher. Er kam nur langsam voran und sah, dass Belrod die Schlange bereits erreicht hatte. Bevor sie sich zu einem Angriff drehen konnte, hatte der Riese sie bereits mit einer Hand hinter dem Kopf gepackt und den massigen Leib der Schlange mit der anderen Hand um seinen Arm gewickelt. Sapius konnte nur staunen. Er hatte noch nicht einmal die Hälfte der Strecke in die Tiefe zurückgelegt, als Belrod den schlaffen Körper der Schlange nach oben hielt. Der Maiko-Naiki hatte ihr den Kopf dreimal um den Leib gedreht und sie damit in wenigen Sardas getötet. Belrod deutete mit der Hand auf seinen mächtigen Brustkorb, was wohl bedeuten sollte, dass ihm die Luft knapp wurde, ließ die Schlange zu Boden sinken und schwamm sofort weiter zum Lichtschimmer. Baijosto folgte seinem Bruder auf den Fersen.
Sapius kam langsam und ungeschickt hinterher. Immerhin hatte er keine Schwierigkeiten mit seiner Atmung. Als er wieder auftauchte, waren die Naiki bereits aus dem Wasser gestiegen. Sie lachten und hielten sich die Bäuche, als sie den Magier im Wasser strampeln sahen.
»Was … was … ha, ha … sollte das werden?«, prustete Baijosto.
»Hi, hi, hi … ho, ho, ho …« Belrod lachte Tränen.
»Eine Panzerechse«, antwortete Sapius, »die Verwandlung ist mir missglückt.«
»Ihr seht wirklich komisch aus«, witzelte Baijosto, »eine Panzerechse mit Euren Gesichtszügen, Euren Beinen und einem zahnlosen, schiefen Maul.«
»Ist ja schon gut«, brummte Sapius, »ich hatte keine Zeit. Aber es hat gereicht, heil nach Zehyr zu kommen. Belrod, Ihr habt mich schwer beeindruckt. Die Schlange hatte nicht einmal Gelegenheit, sich gegen Euren Griff zu wehren.«
»Schlange tot«, sagte Belrod nur.
»Ja, das ist sie wohl«, nickte Sapius, »ich dachte, Tomal hätte die Wächterin des Eingangs bei seinem Besuch getötet. Oder habe ich mich getäuscht?«
»Nein. Ich vermute, die Nno-bei-Maya haben eine neue Schlange als Wächterin gefunden.«
»Die Maya werden nicht erfreut sein, dass wir ihre Schlange getötet haben«, sagte Sapius.
Sapius stieg aus dem Wasser, nahm seine ursprüngliche Gestalt wieder an und gesellte sich zu den Naiki. Er erhaschte einen kurzen, atemberaubenden Blick über die Stadt der Maya. Die Naiki und der Magier hatten jedoch keine Zeit, den Anblick zu genießen. Nur kurz nach ihrer Ankunft in Zehyr sahen sie sich umringt von grimmig dreinblickenden Kriegern. Sie hatten ihre Speere bedrohlich auf die ungebetenen Besucher gerichtet.
»Mitkommen!«, sagte einer der Krieger in barschem Befehlston.
Sapius und die Naiki sahen sich an. Jeder wusste, was der andere dachte. Sie mussten sich ruhig verhalten.
»Wir sollten besser tun, was sie verlangen«, flüsterte Sapius, »die Krieger machen auf mich nicht den Eindruck, als wollten sie uns freundlich begrüßen.«
»Im Gegenteil«, antwortete Baijosto leise, »sie würden uns auf der Stelle töten, sollten wir ihnen nicht folgen.«
Die Krieger nahmen die Eindringlinge in die Mitte und eskortierten sie zu einer steinernen Treppe, die steil nach unten in das Zentrum der Stadt und zum Palast der Königin führte.
»Wir kamen nicht in feindlicher Absicht und sind keine Bedrohung für die Nno-bei-Maya«, versuchte Sapius ein Gespräch mit einem der Krieger anzufangen.
»Schweig!«, bekam er lediglich zur Antwort. »Du redest nur, wenn du gefragt wirst.«
Sapius gehorchte und schwieg. Es hatte keinen Zweck, mit den Kriegern zu sprechen. Sie mussten warten, bis sie befragt wurden. So stiegen sie umzingelt von schwer bewaffneten und gerüsteten Maya-Kriegern die vielen Stufen in die Stadt hinab.
Zehyr war beeindruckend. Nie zuvor hatte Sapius eine Stadt gesehen, die inmitten eines Vulkans erbaut worden war. Sie musste uralt sein. Aber die Gebäude waren immer noch gut erhalten, und obwohl es kein Sonnenlicht gab, war die Stadt überall hell beleuchtet. Das Licht der Kristalle spendete Wärme und ermöglichte es den Maya, Pflanzen, Gemüse und Obst anzubauen. Eine blühende, unterirdische Stadt, die ähnlich seiner einstigen Heimatstadt Gafassa vollständig aus dem Stein geschlagen worden war. Das Leben pulsierte auf den
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