Kryson 06 - Tag und Nacht
nicht übertrieben. Lyara und Zyola waren geschickt, unterhaltsam und freundlich. Er erfuhr einiges über Zehyr und die Nno-bei-Maya, genoss die Behandlung der Dienerinnen und ließ nur zu gerne alles über sich ergehen, was Saykara sich für ihn ausgedacht hatte. Sapius fühlte sich wohl und es gelang ihm, sich zu entspannen. Beinahe zu schnell war die Königin wieder zurück. Aber ihr Anblick entschädigte ihn für alles, was er von den Dienerinnen noch nicht bekommen hatte.
Saykara war atemberaubend. Sie trug ein Kleid, das alles von ihrer umwerfenden Weiblichkeit bedeckte und ihm doch alles zeigte. Sapius war irritiert. Wollte sie ihn verführen? Wie konnte er ihr widerstehen?
»Ihr könnt uns alleine lassen«, sagte die Königin zu ihren Dienerinnen, bevor sie sich an Sapius wandte. »Ich hoffe, Ihr habt keine Beschwerden über Lyara und Zyola. Haben sie Eure Wünsche erfüllt?«
»Bestens«, antwortete Sapius, »sie waren überaus gastfreundlich.«
»Das freut mich«, lächelte Saykara, »dann dürft Ihr jetzt meine Gastfreundschaft erleben, die die meiner Dienerinnen hoffentlich noch übertreffen wird.«
Die Königin führte den Magier in eines ihrer privaten Gemächer. Dort war der Tisch bereits reich mit Speisen und Getränken eingedeckt. Saykara bot ihm eine Liege an und bat den Magier, sich zu Tisch zu legen. Sapius machte es sich bequem.
»Vor nicht allzu langer Zeit hätte ich es mir niemals träumen lassen, dass ich einmal mit einem Yasek der Drachenreiter zu Tisch liegen und mit ihm speisen würde«, begann Saykara mit der Unterhaltung, »die Nno-bei-Maya und die Tartyk waren nicht immer gut aufeinander zu sprechen, wie Ihr wohl wisst. Wir waren zu verschieden in unseren Vorstellungen und Fähigkeiten und vermieden es für gewöhnlich, uns in die Quere zu kommen. Das war zu der Zeit, als die Altvorderen noch über Ell herrschten. Aber jetzt seid Ihr hier bei mir und müsst mir alles über die Drachen erzählen. Gibt es sie wirklich noch? Nach all den Sonnenwenden? Sind sie noch immer so mächtig und furchterregend wie einst? Berichtet mir von ihrer Magie, Yasek.«
»Ich erzähle Euch gerne von den Drachen«, antwortete Sapius freundlich, »dennoch würde ich es vorziehen, Euch zunächst von meinem Geschenk zu berichten und Euch im Gegenzug um diesen einen Gefallen zu bitten.«
»Ihr seid wirklich ungeduldig und … unhöflich«, entgegnete Saykara, »aber gut. Ich will es Euch nicht verübeln. Schließlich bin ich auch neugierig darauf, was Ihr mir mitgebracht habt.«
»Ich habe Euch das Herz und Gehirn eines Kriegers mitgebracht«, sagte Sapius frei heraus.
Saykara wurde blass und hatte die Augen vor Schreck weit aufgerissen. »Was … soll ich mit so einem furchtbaren Geschenk anfangen? Wollt Ihr mich beleidigen? Ihr kennt das Schicksal meines ersten Kriegers, nicht wahr? Ein solches Geschenk ist geschmacklos. Ich werde Euch einsperren lassen.«
»Ich glaube, Ihr habt mich nicht richtig verstanden. Ich habe Euch das steinerne Herz Eures ersten Kriegers und sein Gehirn als Geschenk mitgebracht. Die Artefakte, die so lange im Besitz der Orna waren und ihnen Macht über die Sonnenreiter verliehen. Sie gehören Euch.«
»Ihr … Ihr wollt mich bloß täuschen. Das ist nicht möglich. Wie kommt Ihr dazu? Zeigt mir die Gegenstände. Ich muss sie sehen!«
Sapius holte einen Lederbeutel unter seinem Gewand hervor. Er hatte sich strikt geweigert, ihn – oder den Teil des Buches – aus der Hand zu geben. Der Magier packte die Artefakte aus und zeigte sie der Königin. Saykara hielt die Hand vor den Mund und hatte Tränen in den Augen.
»Ist es wirklich wahr oder träume ich?«, fragte sie. »Wisst Ihr, welch wertvolles Geschenk und welche Freude Ihr mir damit macht? Wie seid Ihr an die Artefakte gekommen?«
»Es war nicht einfach. Viele mussten dafür sterben«, sagte Sapius, den Blick abgewandt, mit gesenktem Kopf. »Die Orden existieren nicht mehr.«
Die Trauer über das Geschehene überkam ihn. Elischa und ihre Ordensschwestern. Sie hatten ihr Leben lassen müssen, abgeschlachtet von ihren Ordensbrüdern.
»Sie hatten kein Recht, das Herz und Gehirn meines Kriegers zu besitzen«, sagte die Königin plötzlich mit einer Kälte in der Stimme, die Sapius erschaudern ließ. »Ulljan war der Frevler. Ein Mörder und Dieb. Er hat Gahaad getötet und mit meinem Volk in die Schatten verbannt. Nun kehrt endlich zu uns zurück, was uns so lange verwehrt wurde. Ich muss Gewissheit haben. Sofort!
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