Kryson 06 - Tag und Nacht
Löcher in den Rumpf reißen. Das Sturmschiff würde sinken.
Sapius deutete dem Moldawar durch ein Ziehen an der Rückenflosse und indem er mit der Hand nach oben deutete an, dass er Luft schnappen musste. Yach stieg sofort auf und sie tauchten an der Seite des Sturmschiffs wieder auf. Sapius wagte einen Blick nach oben und erschrak.
Leicht über die Reling gebeugt stand eine Lichtgestalt und starrte auf das Wasser hinab. Sie sah wunderschön aus. Verträumt und lieblich.
»
Saykara«
dachte Sapius,
»kein Zweifel, sie ist es. Ob sie uns gesehen hat? Und wenn schon, sie kann mich nicht erkennen, sie wird bloß einen Moldawar in Begleitung eines seltsamen Fisches im Meer schwimmen sehen.«
Es fiel ihm schwer, seinen Blick abzuwenden.
Über dem Sturmschiff kreiste in der Höhe der Drache, der mit Drachenaugen darauf achtete, Sapius nicht zu verlieren. Sapius vermutete, dass sein Freund sich große Sorgen um ihn machte, was ihm leidtat. Haffak Gas Vadar würde allerdings bemerkt werden, sobald Saykara oder jemand aus der Besatzung nach oben schaute.
»Ich sage den anderen Moldawar, was du mir gezeigt hast, Yasek«
, schlug Yach vor,
»wann fangen wir an?«
Sapius schwieg und starrte noch immer gedankenverloren zu Saykara hin. Durfte er ihr das wirklich antun? Sie hatte ihn benutzt und vor Tomal lächerlich gemacht. Aber mehr nicht. Nicht genug, sie zu töten. In ihrem Leib wuchs ein Kind heran. Das machte die Entscheidung noch schlimmer. Würde er womöglich sein eigen Fleisch und Blut den gierigen Mäulern der Moldawar überlassen? Es gab keine Sicherheit, ob das Kind ein Lesvaraq werden würde. Nach Ulljans Tod hatte der neue Zyklus mehr als fünftausend Sonnenwenden auf sich warten lassen.
»Yasek? Stimmt etwas nicht?«
, fragte Yach.
»Ich denke nur nach«
, antwortete Sapius abwesend, ohne Saykara aus den Augen zu lassen.
»Worüber?«
, wollte der Moldawar wissen.
»Ob ich diese Frau dort oben in Stücke zerrissen und tot sehen will oder mich lieber mit ihr ins Bett lege und sie liebe.«
»Ich verstehe dich nicht«
, sagte Yach,
»sie ist doch nur Beute. Fleisch, Blut, Knochen und Wasser. Nicht besser oder anders als alle anderen auf dem Schiff.«
»Nein, sie ist viel mehr als das. Sie ist eine Königin. Du siehst sie nicht mit meinen Augen und erkennst nicht, wie schön sie ist. Sie trägt den Fluch der Schönheit in sich. Es wäre eine Schande, sie von euch Moldawar zerfleischen zu lassen.«
»Sie gehört dir, wenn du sie willst, Yasek. Sollen wir sie für dich verschonen?«
, wollte Yach wissen
. »Du brauchst es nur zu sagen, dann krümmen wir ihr kein Haar.«
»Nein … ich … ich weiß es nicht. Ich bin zu schwach, Saykara zu einem solchen Tod zu verdammen. Es kommt mir so grausam und sinnlos vor, nach allem was geschehen ist. Noch mehr Tod und Verderben. Sie, ihre Dienerschaft und die Maya auf den Sturmschiffen sind dem Unglück auf Ell entgangen und sollen nun auf diese Weise sterben? Das ist nicht gerecht.«
»Es gibt keine Gerechtigkeit«
antwortete der Moldawar,
»nur das Gesetz des Gleichgewichts. Die Frau an Deck des Sturmschiffs erfüllt ihren Zweck, sie ist Futter, Yasek. Futter für die Drachen der Meere.«
Sapius sah dem Moldawar tief ins Auge und glaubte, ihn kalt lächeln zu sehen.
»Wie du das sagst, klingt es einfach«
, sagte Sapius,
»und dennoch habe ich meine Zweifel, ob es richtig wäre, sie zu töten.«
»Liebst du sie?«
, wollte der Moldawar wissen.
»Weißt du denn, was Liebe ist?«
, fragte der Magier überrascht zurück.
»Wahrscheinlich nicht wie du sie beschreiben würdest, Yasek«
, gab der Moldawar zu,
»aber ich weiß, dass sie tiefe Verbundenheit bedeutet und der Verlust einer Liebe mehr schmerzt als alles andere auf Kryson.«
»Das ist eine ziemlich treffende Beschreibung«
, gab Sapius erstaunt zurück.
»Danke! Also liebst du sie?«
, freute sich der Moldawar und zeigte sich beharrlich.
»Nein … ich … ich weiß es nicht, verdammt. Aber ich weiß sicher, dass mich ihr Verlust schmerzen wird. Vielleicht ist es nur ihr Anblick, der mich über alles andere an ihr hinwegtäuscht. Wahrscheinlich verfiel ich ihrem Fluch der Schönheit wie alle anderen auch, die sie einst umgarnte und die seitdem nicht mehr von ihr lassen können.«
»Du solltest sie loswerden. Aber ich denke, du hast das Töten einfach satt«
, bemerkte der Moldawar,
»du musst nicht dabei sein und zusehen, wenn das Schiff sinkt und wir uns unsere Beute schnappen. Wir lassen dich
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