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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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Schatten erwecken und zu sich rufen kann. Wir sehen es an deinen Augen und in deiner Seele. Tiefschwarz wie die Nacht. Wir folgen dir, wenn du es willst. Befiehl! Gib uns deine Führung, zeige uns den Weg. Wir werden ausführen, was du verlangst.«
    Sapius glaubte, den Verstand zu verlieren. Das war zu viel für ihn. Er stolperte von einem Albtraum in den nächsten. Die Wirklichkeit spielte ihm gewiss einen Streich.
    »Ich bin verrückt«, sagte Sapius zu sich selbst, »es musste so kommen. Diese ständigen Veränderungen machen mich wahnsinnig. Ich rede mit Geistern.«
    »Du hast deinen Verstand nicht verloren, Schattenbeschwörer«, sagte der Schatten, »das alles geschieht wirklich. Wir warten auf deinen Befehl.«
    Das Denken fiel Sapius in diesem Augenblick des Schreckens schwer. Was wollten die Schatten von ihm? Seine Führung? Aber wozu? Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Ein einziges Wort, das ihm durch den Kopf spukte. Es kam wie aus dem Nichts: ein Begriff aus der alten Sprache.
    »Morta«, flüsterte Sapius.
    »Einen Namen, sag uns einen Namen«, verlangten die Schatten.
    »Morta Tadder«, ergänzte Sapius das Wort mit dem Namen des Praisters, ohne zu wissen, was er da eigentlich tat. »Morta Tadder!«
    Die Schatten kreischten, wirbelten in einem wilden Tanz über den Marktplatz von Tut-El-Baya und stürzten sich begierig auf den Praister mit der Peitsche. Sapius beobachtete aus seinem Versteck, wie Tadder überrascht die Augen aufriss. Er schrie und schlug um sich, als ihn die Schatten berührten und mit sich zerrten. Die beiden anderen Praister sahen Tadder entgeistert an. Entsetzt suchten sie das Weite.
    »Was wollt Ihr von mir?«, rief Tadder in seiner Verzweiflung. »Lasst ab von mir. Ich bin der Falsche! Nehmt den Gefangenen mit euch! Der ist schon halb tot.«
    »Der Schattenbeschwörer befiehlt, die Schatten gehorchen«, fauchten die Schatten, »Tadder stirbt!«
    »Nein, das kann nicht sein!«, flehte Tadder. »Ich bin ein Praister und Schattenmann. Thezael ist mein Meister und auch der eure. Das wird ihm nicht gefallen. Er wird euch zur Rechenschaft ziehen. Lasst mich in Ruhe!«
    »Tadder stirbt«, wiederholten die Schatten, »der Schattenbeschwörer will es. Sein Wille ist uns Befehl.«
    Tadder setzte sich zur Wehr, aber die Schatten krallten und bissen sich an ihm fest, umschlangen den Praister mit Armen und Beinen. Sie nahmen seinen Geist mit sich in ihr Reich.
    Erst nachdem das Zittern nachgelassen hatte, wagte sich Sapius aus seinem Versteck. Vorsichtig lugte er um die Ecke. Der Marktplatz war bis auf den zwischen den Pfählen hängenden Gefangenen leer.
    Sapius hinkte zu Tadders Leichnam, durchsuchte ihn, fand und nahm die Schlüssel für die Ketten an sich. Behutsam befreite er den Gefangenen von den Ketten, fing den zerschundenen Körper auf und legte den stöhnenden Mann auf den Bauch.
    »Keine Angst, ich helfe Euch«, flüsterte ihm Sapius ins Ohr, »hier … kaut diese Blüte.«
    Der Magier holte eine Blüte der Candallee aus seinem Beutel und schob sie dem Mann in den Mund. Zufrieden beobachtete Sapius, wie der Gefangene kaute und schließlich schluckte.
    Die Wirkung der Blüte sollte reichen, um dem Schwerverletzten das Leben zu retten und seine Wunden zu schließen. Tatsächlich hatte sich Sapius nicht getäuscht. Er konnte bei der Heilung zusehen. Der Mann drehte sich plötzlich um und sah Sapius erstaunt und dankbar in die Augen.
    »Wer … wer seid Ihr?«, fragte der Mann.
    »Sapius«, antwortete der Magier knapp, »fühlt Ihr Euch besser?«
    »Ihr habt mich gerettet«, antwortete der Mann immer noch verwundert, »ich war schon fast tot. Aber jetzt fühle ich mich gut und stark, als wäre nichts gewesen. Ich habe keine Schmerzen mehr.«
    »Das ist gut«, meinte Sapius, »dann könnt Ihr also aufstehen und gehen. Wir sollten uns um Eure Frau kümmern.«
    »Nachika … oh … meine Nachika. Bei den Kojos. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät«, der Mann sprang auf, »helft mir, bitte. Noch einmal. Ich weiß, ich bin Euch schon zu tiefem Dank verpflichtet. Aber alleine und nackt wie ich bin, schaffe ich es nicht, sie aus den Klauen der Praister zu befreien. Diese Schweine … meine arme, geliebte Nachika.«
    »Ich helfe Euch, sie zu befreien«, bot Sapius großzügig an, »aber wir sollten uns beeilen.«
    »Ja, gehen wir«, sagte der Mann, »übrigens, ich heiße Kaldhrab.«
    Sapius und Kaldhrab eilten in die Gasse, in die die Praister Nachika geschleppt hatten. Sie brauchten nicht weit

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