Kryson 06 - Tag und Nacht
praktischer und hochwertiger Kapuzenmantel mit zahlreichen, eingenähten Innentaschen. Sapius konnte nicht Nein sagen. Er musste den Mantel einfach haben. Ein Dolch wanderte ebenfalls in seinen Besitz.
»Tja … ich bin froh, dass wir etwas Passendes für Euch gefunden haben«, sagte Jafdabh. »Ich hätte noch einen besonderen Sack mit Lederriemen anzubieten. Ihr könnt ihn auf dem Rücken tragen. Das Besondere daran ist, dass Ihr das Gewicht kaum spüren werdet, gleichgültig wie viel Ihr hineinpackt. Außerdem bietet er fast unbegrenzt Platz. Wir werden alles darin verstauen können, was Ihr Euch ausgesucht habt.«
»Dann muss der Sack magisch sein«, stellte Sapius fest.
»Tja … ich denke schon. Ich habe ihn schon vor langer Zeit von einem Magier erworben. Er sieht unscheinbar und abgetragen aus, aber er hat mir auf meinen Reisen stets gute Dienste geleistet.«
Sie packten die Geschenke gemeinsam in den Sack. Die Rüstung des Yasek behielt Sapius gleich an. Für Nachika fanden sich einige wunderschöne Kleidungsstücke und Schmuck, den ihr Jafdabh gerne überließ. Nachika hatte jedoch darauf verzichtet, die Kleidungsstücke anzuziehen.
Beim Stöbern in Jafdabhs Schätzen und der Freude über die Großzügigkeit des Todeshändlers hatten sie die Zeit vergessen. Die Wirklichkeit holte sie ein, was in Jafdabhs Schatzkammer nicht sofort zu merken war. Sapius fiel die Veränderung auf, als er in Nachikas Gesicht blickte. Ihre Fröhlichkeit war verflogen. Sie wirkte angespannt und traurig. Er konnte ihr an ihrer Haltung ansehen, dass sie gedemütigt und vergewaltigt worden war. Die äußeren Wunden hatte Sapius zwar heilen können, nicht jedoch die Verletzungen in ihrer Seele. Außerdem trug sie das blutbefleckte und teils zerrissene Gewand eines Praisters am Leib. Sie war schmutzig und ihr Haar war zerzaust.
Jafdabh hingegen war plötzlich verschwunden. Sapius drehte sich um und suchte den Todeshändler in der Kammer. Dabei stellte er fest, dass die Tür verschlossen war. Sie waren in der Kammer gefangen.
»Hoi, hoi, hoi … Sapius!«, hörte Sapius eine bekannte Stimme durch die Kammer hallen.
»Tarratar!«, rief der Magier erschrocken und verärgert.
Der Narr saß breit grinsend auf einem Stapel von Kisten und blickte auf den Magier und Nachika herab. Er schüttelte den Kopf, und die Glöckchen an seiner Kappe klingelten hell und laut. In einer Hand hielt er den Teil des Buches der Macht, der zuvor in Jafdabhs Haus gewesen war. Das Buch war aufgeschlagen. In der anderen Hand hielt er einen Federkiel, bereit zum Schreiben.
»Ihr kommt mir gerade recht«, sagte Sapius, »wohin ist Jafdabh verschwunden?«
»Oh … der Todeshändler ist wieder in seinem Versteck. Verborgen irgendwo in den Wäldern des Faraghad. Dort gibt es viele Höhlen. Wenn Ihr ihn sehen wollt, muss ich seine Vision erneuern.«
»Untersteht Euch, Tarratar«, sagte Sapius zornig, »Ihr habt mich und die Streiter an der Nase herumgeführt. Ihr steckt hinter alledem. Was soll das?«
»Das ist Teil Eurer Prüfung, Sapius«, versuchte der Narr, den Magier zu beschwichtigen, »das Buch verlangt es. In den Prüfungen hat sich keiner von Euch als würdig erwiesen. Aber das wisst Ihr ja bereits. Ich musste sichergehen, dass Ihr wirklich würdig seid. Ihr habt Euch Gefahren ausgesetzt und durch eine fremd anmutende Welt durchgeschlagen, um in die Nähe des Buches zu kommen. Die Veränderungen haben Euch nicht abgeschreckt, Ihr habt einen Weg gefunden, mit Ihnen umzugehen. Ihr seid weit gekommen.«
»Weshalb Jafdabh?«, wollte Sapius wissen. »Warum habt Ihr ausgerechnet ihn unterstützt?«
»Ich habe selten jemanden getroffen, der so wenig magische Begabung besitzt wie der Todeshändler. Aber – und das zeichnet ihn in meinen Augen aus –, er besitzt ein gutes Herz und einen kreativen, klugen und überaus wachen Geist. Er ist es wert, beschützt zu werden. Jafdabh schwebt in großer Gefahr. Ich bin fasziniert von seinen Ideen und Träumen. Ich wollte sehen, wie sie sich entwickeln, wohl wissend, dass sie nicht von Bestand sein können. Außerdem brauchtet Ihr eine echte Herausforderung, Sapius. Die Prüfungen dürfen nicht zu leicht sein. Wer wäre besser geeignet gewesen, Euch und die übrigen Streiter zu verwirren, als dieser visionäre Kopf? Gebt es zu, Ihr habt zuweilen an Eurem Verstand gezweifelt.«
»Gewiss, was wohl kein Wunder sein dürfte bei den Träumen eines Spinners!«
»Er ist kein Spinner, Sapius«, tadelte Tarratar den
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