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Kubu und der Tote in der Wueste

Kubu und der Tote in der Wueste

Titel: Kubu und der Tote in der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stanley
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bedeuten. Tatsächlich würde irgendein Wort von Bongani – egal welches – etwas bedeuten. Ganz offen ermuntert von Joy, setzte sich Pleasant das Ziel, Bongani mindestens einmal an diesem Abend zum Lachen zu bringen.
    Nachdem sich Ian seinen Scotch eingeschenkt hatte, gesellte er sich zu Bongani, der an der Wand stand und Oliven mit den Fingern aß.
    »Stört es Sie, wenn ich ein bisschen zu Ihnen komme?«, fragte der Schotte. »Ich glaube, wir beide sind hier die Außenseiter. Wir sollten zusammenhalten. Ich bin Ian. Ich bin der, der die Leichen aufschneidet, die die Polizei findet, und versucht, die Todesursache herauszufinden.«
    Bongani zeigte auf seinen Mund, um anzudeuten, dass er nicht sofort antworten konnte. »Sehr erfreut, Sie kennenzulernen«, antwortete er, nachdem er geschluckt hatte. Ian wirkte interessiert, daher erzählte ihm Bongani von seinen ökologischen Forschungen und seiner Arbeit mit den Satellitenbildern. Ian schüttelte bewundernd den Kopf. »Wie schön, dass jemand etwas davon versteht. Für mich sind das böhmische Dörfer.«
    »Es ist gar nicht schwer«, entgegnete Bongani. »Es kostet nur etwas Zeit und Mühe.«
    Ian freute sich, dass Bongani etwas lockerer wurde. »Kubu hat mir von Ihren Begegnungen mit dem Medizinmann erzählt. Es würde mich sehr interessieren, mehr darüber zu erfahren. Wir Schotten sind ein abergläubisches Völkchen, und Hexerei spielt auch in unserer Geschichte eine wichtige Rolle. Die Schotten galten als tolerant, bis Maria Stuart und ihr Sohn James mit den Hexenverbrennungen begannen. Mich hat seit jeher fasziniert, wie viel Einfluss die Medizinmänner in Afrika haben, sogar auf aufgeklärte, gebildete Leute. Was genau hat sich da abgespielt?«
    »Ich wurde auf einmal von Visionen heimgesucht, die sich unglaublich real anfühlten und mich sehr erschreckten. Ich hatte wirklich Angst vor dem Einfluss, den dieser Mann auf mich ausübte. Mein Verstand sagte mir, dass er ein Betrüger sei, aber bei unseren Begegnungen konnte ich mich nicht bewusst gegen die starken Empfindungen wehren, die er in mir auslöste.«
    Bongani hielt inne und fuhr dann lebhafter fort. »Das meiste, was geschehen ist, kann ich verstandesmäßig erfassen und die Wirkung auf mich analysieren. Aber wie konnte er bloß so viel darüber wissen, was sich tatsächlich zugetragen hatte, die Morde, der tiefgefrorene Arm, Diannas Mimikry? Medizinmänner sind Meister darin, scheinbar deutliche Worte zu benutzen, die jedoch ganz unterschiedliche Interpretationen zulassen. Aber bei mir war es genau umgekehrt. Die Worte waren unverständlich, und ihre Bedeutung wurde mir erst im Nachhinein klar.«
    Bongani schwieg, selbst erstaunt über seine Redseligkeit. »Es tut mir leid, wenn ich Sie mit diesem Unsinn langweile«, sagte er. »Wie Sie sehen, haben mich meine Erlebnisse stark aufgewühlt.« Dann fuhr er fort: »Es ist etwas ganz anderes als der frühere Umgang mit den angeblichen Hexen. Die Hexen wurden aus religiösen oder politischen Gründen verbrannt. Niemand hat vor, die Medizinmänner zu verbrennen. Die meisten Gebildeten tun sie als Gauner ab, die sich nur bereichern wollen. Und doch haben wir alle Angst vor ihnen: vor den Flüchen, mit denen sie uns belegen können, vor ihren Kenntnissen des Unfassbaren. Solche Phänomene sind eine Provokation für unsere von Vernunft geprägte Lebenseinstellung. Doch auch meine rationale Seite neigt inzwischen dazu, anzuerkennen, dass es ›Geister‹ oder jedenfalls unsichtbare Phänomene geben könnte, die wir zwar nicht sehen oder verstehen können, die aber trotzdem in gewisser Weise real sind.«
    »Ist das denn nicht die Basis jeder Religion, an einen Geist oder einen Gott zu glauben, den wir nicht verstehen?« Ian nahm einen Schluck von seinem Scotch, verteilte ihn im Mund und ließ ihn genüsslich durch die Kehle rinnen.
    »Ja, aber wir verehren die Medizinmänner nicht wie Götter. Wir greifen auf ihre Kräfte und ihren Einfluss zurück, wenn wir Hilfe brauchen, und sie beweisen uns immer wieder, dass sie tatsächlich Macht und Einfluss besitzen. Es gibt zum Beispiel keinen vernünftigen Grund für Ritualmorde, außer den Mythos am Leben zu erhalten, dass Medizinmänner übernatürliche Kräfte besitzen.«
    »Es funktioniert wie ein mächtiger Aberglaube, oder?«, fragte Ian. »Ich klopfe auf Holz oder werfe Salz über meine Schulter. Und ich bin Wissenschaftler, genau wie Sie. Ich glaube, wir tun das aus einer tief sitzenden Furcht vor dem

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