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Küchenfee

Titel: Küchenfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Conrad
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auf das Deckblatt der Mappe und las verblüfft »Konzept Lilli-Berger-Kochshow«. Darunter prangte ein Kreis mit zwei gekreuzten Kochlöffeln, wohl das geplante Logo der Sendung. Lilli wurde schwindelig. Was passierte hier eigentlich gerade? Die Tatsache, dass hier vier völlig wildfremde Menschen Planungen für ihr Leben gemacht hatten, erzeugte bei ihr ein gewisses Unbehagen.
    Rick Müllerschön blickte zufrieden in die Runde, rieb sich die Hände und sagte: »So, dann wollen wir mal ein bisschen was arbeiten, oder?« Seine Mitarbeiter lachten pflichtschuldig und eine Spur zu laut, wie Lilli fand. »Vielleicht schlagen wir alle mal die Mappe auf.«
    Doch Lilli legte ihr Exemplar geschlossen vor sich auf den Tisch und sagte: »Herr Müllerschön …«
    »Rick, bitte, wir sind hier nicht so förmlich.« Er grinste breit und zwinkerte Lilli zu.
    Lilli hatte nicht vor, sich mit Müllerschön und seinen Mitarbeitern zu duzen. »Herr Müllerschön«, wiederholte sie, »warum sind wir eigentlich hier? Am Telefon waren Sie ja nicht so auskunftsfreudig.« Sie hob die Mappe und sagte: » Lilli-Berger-Kochshow? Ich bin erstaunt, um es vorsichtig auszudrücken.«
    »Hahaha, Frau Berger, keine Angst, ich komme sofort zur Sache. Wir wollen Sie als Gesicht für eine neue wochentägliche Kochsendung. Na, was sagen Sie dazu?«
    Alle am Tisch sahen sie erwartungsvoll an.
    Ohne zu antworten, griff Lilli nach einer kleinen Flasche Apfelsaft und öffnete sie. Ihr war klar, was von ihr erwartet wurde: ungläubiges Staunen, geschmeichelte Rührung, vielleicht sogar tränenreiche Dankbarkeit. Sie goss den Saft in ein Glas und trank mit kleinen Schlucken. Dann sagte sie: »Und wie kommen Sie gerade auf mich, Herr Müllerschön? Sie haben meinen Namen ja wohl nicht aus einer Lostrommel gezogen? Oder haben Sie mich über Google Earth gefunden?«
    Die Runde am Tisch brach in entzücktes Gelächter aus. »Verena hatte recht«, rief Elfi Koslowski. »Sie ist auch noch lustig! Das Publikum wird sie lieben. Vor allem die Frauen.«
    Dass von ihr jetzt auch noch in der dritten Person gesprochen wurde, obwohl sie mit am Tisch saß, war zu viel. Mehr denn je fühlte sie sich als Figur in einem Spiel, dessen Regeln sie nicht kannte. Ruhig sagte sie: »Also, Herr Müllerschön, wieso gerade ich? Oder bin ich eine von vielen anderen auf Ihrer Liste?«
    »Weil wir Ihr Interview gesehen haben, das von der Messe«, sagte Müllerschön in einem Ton, als spräche er zu einer Sechsjährigen. »Sie sind so erfrischend, so spontan! Wir suchen gerade jemanden für ein neues Kochformat. Und genau an der Stelle kommen Sie ins Spiel. Sie kennen doch Tim Mälzer? Jamie Oliver? Oder«, er schnippte ungeduldig mit den Fingern, »wie heißt der Kollege noch gleich? Der mit den Koteletten …, der mit der Stimme …, na, sag schon …«
    »Ralf Zacherl«, soufflierte Elfi Koslowski.
    »Genau, Ralf Zacherl.«
    Lilli nickte. »Wer kennt die nicht? Sind ja ständig im Fernsehen. Und was habe ich damit zu tun?«
    Andreas Schulze, der Mitarbeiter aus dem Marketing, ergriff das Wort. »Frau Berger, als wir das Interview mit Ihnen gesehen haben, wussten wir sofort, dass Sie genau richtig für uns sind. Wie mein Kollege schon sagte …«, er deutete kurz auf Müllerschön, »… finden wir Sie sehr locker und spontan. Sie sind extrem fotogen, wenn ich das sagen darf. Sie haben sich zudem von der Interviewsituation überhaupt nicht einschüchtern lassen. Und Ihr Stand auf der Messe …«, er verbeugte sich vor Lilli, »… sehr eindrucksvoll, im Ernst. Diese Arcimboldo-Bilder – fantastisch. Ich fürchte zwar, dass mindestens achtzig Prozent unserer Zielgruppe nicht wissen, wer das ist, hehehe, aber was soll’s. Seine Bilder kennt fast jeder. Das soll ja eine Kochsendung werden und keine intellektuelle Herausforderung. Kochsendungen laufen immer. Todsicher.«
    Die Herablassung und Überheblichkeit, mit der Schulze von seiner Zielgruppe sprach, stimmten Lilli nicht gerade milder. Sie fragte sich, ob wohl jeder in dieser Branche irgendwann zum Zyniker wurde und längst vergessen hatte, dass die verachteten Zuschauer ihm immerhin Lohn und Brot verschafften.
    »Lasst uns doch mal ins Konzept sehen. Was meint ihr?«, rief der berufsjugendliche Herr Müllerschön in die Runde. »Auf der ersten Seite finden wir ein paar Vorschläge für den Titel der Show.«
    Lilli schlug die Mappe auf, und da stand es: »Lilli’s Schlaraffenland«, darunter »Lilli’s Leckereien«, und

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