Küchenfee
Dann soll sie das gefälligst auch tun!« Svenja sprang auf und starrte Lilli, die ihren Ausbruch fassungslos verfolgt hatte, wütend an. »Ich hasse dich! Ich hasse euch beide! Ich will nicht mehr hier wohnen, hier kann mich keiner leiden! Ihr haltet immer zusammen! Ich rufe jetzt Papi an, der soll mich holen. Und dann will ich euch nie mehr sehen!« Damit rannte sie aus der Küche und polterte die Stufen zu ihrem Zimmer hinauf.
Lilli saß wie erschlagen am Küchentisch.
Kati wollte Svenja folgen, aber Lilli hielt sie auf. »Lass sie. Wenn sie deinen Vater anrufen will, soll sie. Ich kann nicht mehr.«
Kati setzte sich wieder auf ihren Stuhl. »Tut mir so leid, Ma«, flüsterte sie.
»Ist schon okay, Kati.«
Die schüttelte den Kopf. »Ist es nicht. Du hattest so wahnsinnig viel Stress in letzter Zeit, und wir trampeln auf deinen Nerven rum. Du hast dich um mich gekümmert, und dann hast du gar keine Pause gehabt nach dem Theaterfest. Und anstatt uns jetzt mit dir zu freuen, führen wir uns hier auf wie … wie …«
»Ach, ihr habt ja recht. Ich vernachlässige euch sowieso schon. Was könnt ihr denn dafür, dass euer Vater und ich uns trennen? Ich habe meine Kräfte überschätzt. Und als Konsequenz daraus bricht hier alles auseinander. Ich habe auf ganzer Linie versagt.«
»Ma, nein! Das stimmt doch gar nicht!«
Die Küchentür ging auf und Svenja erschien. In den Raum hinein verkündete sie: »So, damit ihr Bescheid wisst, gleich kommt Papi und holt mich ab. Und dann könnt ihr nicht mehr auf mir herumhacken.« Sie drehte sich auf dem Absatz um und knallte die Küchentür hinter sich zu.
Lilli sank auf ihrem Stuhl in sich zusammen. »Soll sie zu Armin ziehen. Vielleicht kommt dann ein bisschen Ruhe in die Sache. Ich gebe auf. Und ich sage Köln ab.«
Kati hockte sich neben ihre Mutter und nahm sie in die Arme. »Ma, sei nicht traurig. Svenja kommt schon wieder, glaub mir. Und du legst dich jetzt hin, sofort. Ich kümmere mich hier um alles. Du willst den beiden doch im Moment nicht begegnen, oder?«
Lilli schüttelte den Kopf.
»Na also. Nimm ein Bad, und dann schlaf. Und das mit Köln – lass dir Zeit mit der Entscheidung. Das war heute alles ein bisschen viel.«
Lilli gehorchte ihrer Tochter. Als sie in der Badewanne lag, hörte sie Armin vorfahren, dann Stimmen im Flur. Kurz danach fiel die Haustür ins Schloss, zwei Autotüren klappten und Armins Wagen fuhr weg.
Lilli begann zu weinen.
Kapitel 33
Als Lilli am nächsten Tag erwachte, war es bereits fast Mittag. Sie hatte sich lange herumgewälzt, ohne Ruhe zu finden. Erst in den frühen Morgenstunden war sie in einen leichten Schlaf gefallen, aus dem sie immer wieder schweißgebadet hochgeschreckt war.
Sie fühlte sich müde und kraftlos. Der Schlaf hatte ihr nicht die erhoffte Erholung gebracht, von Klarheit ganz zu schweigen. Und es hatte sich auch nichts über Nacht geändert: Svenja war zu ihrem Vater geflohen, und die Entscheidung wegen der Kochshow musste nach wie vor getroffen werden.
Lilli schlüpfte lustlos in Nickihose und T-Shirt und schleppte sich mühsam in die Küche. Kati hatte den Frühstückstisch für sie vorbereitet und ein Gedeck hingestellt. Eine Vase mit Dahlien in flammenden Rot- und Rosatönen stand in der Mitte des Tisches. Kati musste sie morgens noch im Garten gepflückt haben, bevor sie zur Schule gefahren war.
An der Vase lehnte eine Nachricht. »Guten Morgen, Ma! Hast du gut geschlafen? Wir sehen uns später. Kati.«
Auf dem Herd stand die vorbereitete Espressokanne. Lilli stellte die Herdplatte an und stieg die Treppen hoch in den ersten Stock. Sie fürchtete sich zwar davor, aber sie musste es tun. Zögernd öffnete sie die Tür zu Svenjas Zimmer.
Das Bett war zerwühlt, so als hätte Svenja in ihrer Wut auf die Kissen eingeschlagen. Ihre Kuscheltiere lagen im gesamten Zimmer verstreut. Die Türen des Kleiderschranks standen offen. Mindestens die Hälfte ihrer Kleidung fehlte. Leere Bügel hingen an der Stange im Schrank, lagen auf dem Bett und auf dem Fußboden. Die Schubladen ihrer Kommode waren halb herausgezogen. Über ihren Rand hingen Wäschestücke.
Mechanisch nahm Lilli die Hemdchen und T-Shirts, faltete sie sorgfältig und legte sie ordentlich zurück. Svenjas fehlende Schulbücher hatten auf dem Bücherregal klaffende Lücken hinterlassen. Der Schreibtisch war halb leer, ihr kleiner Schminktisch ebenfalls. Die Ketten und Tücher, die sonst immer neben dem Spiegel
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