Küchenfee
Orthmann auf und sagte: »Na, das sieht ja alles sehr hübsch aus, Frau Berger.« Er griff nach seiner Tasse und trank einen Schluck Kaffee.
Lilli zuckte bei Orthmanns Wortwahl innerlich zusammen. Ihr Konzept als hübsch zu bezeichnen wie die Bastelarbeit eines stolzen Kindes …
Orthmann fuhr fort: »Sie wollen sich also mit einem Gourmet-Service selbstständig machen?« Er lachte albern. »Na, gut kochen können Sie ja, das könnte ich zur Not bestätigen, nicht wahr?«
Lilli rang sich ein Lächeln ab und nickte. »Und was sagen Sie zu meiner Geschäftsidee?«
Orthmann lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Ja, das ist alles sehr hübsch, wie gesagt. Aber wenn man fragen darf: Warum haben Sie denn im Camelot gekündigt und sich entschlossen, ein eigenes Geschäft aufzumachen?«
»Ich hatte private Gründe.« Lilli biss sich auf die Lippen. Sie hätte sich ohrfeigen können für ihre vorschnelle Antwort. Private Gründe … Das klang sofort nach Schwierigkeiten. Nach Problemen, die es in der Arbeit gegeben hatte. Schnell sagte Lilli: »Ich konnte mich dort nicht so verwirklichen, wie ich es als freie Köchin kann.«
»Verstehe. Als freie Köchin kann man ganz verrückte Sachen machen, nicht wahr? Hahaha. Und welche Summe haben Sie sich vorgestellt, Frau Berger?«
»Ich brauche mindestens fünfzehntausend Euro. Die exakte Kalkulation liegt bei.«
Orthmann nickte und sagte: »Nun, das halte ich für eine überschaubare Summe. Sie und Ihr Mann sind seit über zwanzig Jahren gute Kunden unseres Hauses, und mit dem Verdienst Ihres Mannes als Sicherheit steht einem Kredit in dieser Höhe nichts im Weg, denke ich. Hat Ihr Mann nicht das Camelot umgebaut? Wunderbarer Stil, finde ich. Wenn ich mal genug Geld habe, werde ich ihn bestimmt als Innenarchitekten beschäftigen, hahaha.«
Allmählich ging ihr das alberne Gegacker ihres Gegenübers auf die Nerven. Und ganz sicher saß sie nicht hier, um mit Orthmann über Armin zu reden.
»Tun Sie das, Herr Orthmann. Aber was hat mein Mann denn mit meinem Kredit zu tun, wenn Sie mir die Frage gestatten?«
Orthmann beugte sich vor und legte die Fingerspitzen aneinander. »Nun, Frau Berger, wir können Ihnen doch nicht einfach so fünfzehntausend Euro in die Hand drücken. Schließlich sind Sie zurzeit«, er zwinkerte, »arbeitslos, hahaha, nicht wahr?«
Lilli rang sich ein souveränes Lächeln ab. »Mein Mann und ich leben getrennt, Herr Orthmann. Er steht als Bürge oder Ähnliches nicht zur Verfügung. Wenn ich Geld von meinem Mann wollte, würde ich nicht hier sitzen.«
Orthmanns Augenbrauen schnellten in die Höhe. »Dann haben Sie aber doch bestimmt andere Sicherheiten für den Kredit?«
Lilli schüttelte den Kopf. »Nein, Herr Orthmann, die habe ich nicht. Ich kann mich nur wiederholen: Dann würde ich nicht hier sitzen. Ich will, und ich muss Geld verdienen, und deshalb reden wir beide hier gerade über meine Geschäftsidee.«
»Ganz unter uns, Frau Berger, dann verstehe ich nicht, warum Sie einen so guten Job wie im Camelot aufgeben – in Ihrem Alter und in Ihrer privaten Situation. Sie haben dort doch von Anfang an gearbeitet, oder? Und die zauberhafte Frau Kamlot ist doch bestimmt eine tolle Chefin. Ich bin auch abends manchmal dort, wenn ich eine junge Dame gut ausführen will. Und Ihren Mann sehe ich dort auch häufig, gestern Abend erst! Ich hatte immer den Eindruck, Sie und Ihr Mann sind gut mit Frau Kamlot befreun…« Er unterbrach sich mitten im Satz, plötzlich begreifend. Dann räusperte er sich und sagte: »Ich verstehe. Tja, Frau Berger, ganz unter uns, so gänzlich ohne eigene Sicherheiten, in Ihrer Situation und in Ihrem Alter …«
Lilli kämpfte gegen den Drang an, ihr Gegenüber zu ohrfeigen. Sie sprang auf und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Was genau verstehen Sie, Herr Orthmann? Ich finde Sie reichlich unprofessionell und unangemessen vertraulich, um ehrlich zu sein.« Sie griff nach ihrer Präsentationsmappe, die noch immer aufgeschlagen auf Orthmanns Schreibtisch lag. »Ich bin hier, um mit Ihnen über mein Geschäftskonzept zu sprechen – und nicht über mein Privatleben, das Sie im Übrigen einen feuchten Kehricht angeht. Und mich interessiert nicht die Bohne, mit wem und wie oft Sie das Personal im Camelo t zu terrorisieren pflegen.«
Sie ging zur Tür und riss sie auf. Dann drehte sie sich noch einmal zu Orthmann um, der mit offenem Mund dasaß und sie fassungslos anstarrte. »Und ganz unter uns, Herr Orthmann, das
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