Küchenfee
geworden und vor ihrem Schlag zurückgewichen. Er starrte mit zusammengepressten Lippen durch die Frontscheibe. Dann sagte er, ohne sie anzusehen: »Ich habe dich und den kleinen, dreckigen Bauernlümmel vorhin wohl gestört?« Er lachte böse. »Du glaubst wohl, ich hätte nicht gemerkt, dass du unter deinem Fähnchen nackt warst, als du die Tür geöffnet hast. Und wie wichtig es dir war, dass ich nicht ins Haus komme. Ekelhaft.«
»Das geht dich nichts mehr an, Armin. Und nenne Mike nie wieder einen dreckigen Bauernlümmel, hörst du?«
»Also hatte ich recht«, rief Armin triumphierend. »Na ja, Svenja hat mich ja gestern angerufen und mir erzählt, dass sie und Kati verschwinden mussten, damit du dich in Ruhe mit deinem Lover vergnügen kannst. Widerlich.«
Lilli sah ihren Mann lange an. Dann sagte sie ruhig: »Hau ab, Armin, und lass mich in Ruhe.« Sie stieg aus dem Wagen, knallte die Tür hinter sich zu und rannte die Straße hinunter, weg von Armin, zurück zu Mike.
Sie schloss die Haustür auf und stürmte ins Schlafzimmer.
»Mike! Stell dir vor …«
Sie verstummte. Das Bett war leer. Auf dem Kopfkissen lag eine Nachricht. Sie griff nach dem Blatt und las:
»Liebe Lilli, die Nacht war wunderbar, und ich habe die Zeit mit dir sehr genossen. Du wunderst dich bestimmt, dass ich schon gegangen bin. Ich habe nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass du mir viel zu wichtig bist, als dass ich unsere Freundschaft und unsere Zusammenarbeit durch ein Liebesverhältnis riskieren wollte. Du bist noch nicht lange von deinem Mann getrennt, und ich möchte nicht derjenige sein, der einer eventuellen Versöhnung im Weg steht. Du bedeutest mir als gute Freundin sehr, sehr viel. Und ich will nicht, dass alles in einer großen Enttäuschung endet. Bis bald, Mike.«
Lilli sah dem Blatt hinterher, wie es aus ihrer kraftlosen Hand langsam zu Boden segelte.
Wie betäubt ging sie in die Küche. Auf dem Tisch standen noch die Reste des gestrigen Essens mit Mike, dem Mann, der ihr vor gerade mal zwölf Stunden gesagt hatte, dass er sich schon so lange nach ihr sehnte. Wütend riss sie seinen Blumenstrauß aus der Vase. Nichts sollte sie mehr an die vergangene Nacht erinnern. Sie rannte durch den Garten zur Mülltonne und warf die Blumen hinein. Dann zerrte sie die Dekoration vom Gestänge des Pavillons, fummelte die widerspenstige CD von Dean Martin aus dem Gerät und stolperte damit wieder zur Tonne, um alles hineinzustopfen.
Erschöpft setzte sie sich auf eine der Holzliegen, von denen sie in ihrer maßlosen Enttäuschung die Decken und Kissen heruntergerissen und in den Garten geschleudert hatte, und versuchte, sich zu beruhigen, als sie in der Einfahrt einen Wagen stoppen hörte. Langsam ging sie um das Haus herum nach vorne. Gina und die Mädchen.
Sie nahm sich vor, sich nichts anmerken lassen. Sie würde niemandem etwas von der letzten Nacht erzählen, auch Gina nicht. Sie musste unbedingt erst mit Mike sprechen und ihm erklären, dass von Versöhnung mit Armin keine Rede sein konnte. Und zwar so schnell wie möglich. Nachdem ihre spontane Wut und Enttäuschung mittlerweile verraucht war, bedauerte sie beinahe ihren Ausbruch und dass sie seine Blumen weggeworfen hatte.
Die Beifahrertür flog auf, und eine sehr blasse, sehr verweint aussehende Kati stürzte aus dem Auto und an Lilli vorbei, ohne sie zu begrüßen. Sie schloss hektisch die Haustür auf und verschwand im Haus. Als Nächste kletterte Svenja von der Rückbank aus dem Wagen. Sie sah aus wie eine zufriedene Katze, die gerade die größte und leckerste Maus ihres Lebens verspeist hatte. Svenja reckte sich, gähnte und tänzelte auf Lilli zu.
»Guten Morgen, Mama. Na? Das war klasse bei Tante Gina … hätte ich vorher gar nicht gedacht.« Svenja grinste breit und fügte dann hinzu: »Ich glaub aber, dass Kati es nicht so toll fand.« Damit schlenderte sie betont langsam an Lilli vorbei in den Garten.
Gina war mittlerweile ebenfalls aus dem Wagen gestiegen und kam auf Lilli zu. Sie sah besorgt aus. Sie blieb vor Lilli stehen, seufzte und sagte: » Cara, wir müssen reden.«
»Gina, was ist denn los? Was ist mit Kati?«
»Beruhige dich, es ist nichts Schlimmes. Obwohl, das kommt wohl auf die Perspektive an, schätze ich. Lass uns reingehen. Ich erzähle dir, was passiert ist.«
»Wir setzen uns auf die Terrasse, ja? Mir ist nach frischer Luft.«
Als sie am Tisch saßen, sagte Lilli ungeduldig: »Also, jetzt erzähl schon,
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