Kuehe essen Wiese auf
Auch er wird in einer Sommer- und Wintersaat geerntet und ist inzwischen im Rahmen der Grünen- und Biobewegung in Mittel- und Osteuropa zu einem unserer wichtigsten Brotgetreide geworden. Auch deshalb, weil Roggen selbst mit kargen Böden zurechtkommt. Während Plinius der Ältere Roggen noch als minderwertig einstufte – aber auch alte, weise Römer können sich ja mal irren, oder? – schätzen wir heute die dunklen, festen und aromatischen Roggenmischbrote sehr. Zumal sie eine lange Haltbarkeit aufweisen und in der Lagerung ihre Herzhaftigkeit nicht verlieren. Der berühmte westfälische Pumpernickel ist reines Roggenbrot (allerdings in dieser fundamentalistischen Form nicht jedermanns Sache).
Spirituosenfreunde wissen, dass gute Wodka-, Korn- und Whiskysorten aus Getreide gebrannt werden, oft mit einem hohen Anteil aus Roggenkörnern. So gesehen haben auch viele Nichtgetreidekenner den Geist des Roggens im Haus. Wenn auch als Flaschengeist ...
Weizen
Der Weizen ist daran zu erkennen, dass er »nackte« Ähren aufweist, also dem Himmel keine Grannen entgegenstreckt. Sein Name leitet sich vom Weiß des Mehls und seinen hellen Körnern ab. Dieses zweithäufigste Getreide der Welt ist unser wichtigstes Grundnahrungsmittel, wobei die Sorte Hartweizen bei uns kaum, sondern vorwiegend in den »Nudelländern« angebaut wird. Pasta geht nicht ohne Hartweizengries. (Gries ist übrigens auch nur eine Stufe der Ausmahlung.) Die alten Römer, besonders die in den besseren Kreisen, schätzten übrigens das Weißmehl schon sehr und hatten dafür sogar eigene Bäckereien. Damit waren sie aus der heutigen, schon fast amtlich vorgeschriebenen, ernährungswissenschaftlichen Sicht – die Weißbrotliebhaber annähernd so scheel betrachtet wie Raucher – in etwa die ersten Brot-Fast-Food-Konsumenten, echt dekadent eben. Damals wurden höchstwahrscheinlich die Weizenurformen Emmer oder Einkorn verarbeitet. Beides ist übrigens zurück- bzw. nachgezüchtet worden und heute in Naturkostläden erhältlich.
Seit im 11. Jahrhundert das Weizen- und damit das Weißbrotmehl seinen Siegeszug um die Welt antrat, sind einige Jahrhunderte vergangen. Damals hätte sich wohl niemand vorstellen können, dass Weizen einmal ein wichtiger Faktor für Warentermingeschäfte an den Börsen würde. Mögen wir diese Spekulationen auch alle für verwerflich und kapitalistische Auswüchse unserer geldgierigen Zeit halten – diese Art der Geschäfte gab es wohl auch schon um die Wende zum 20. Jahrhundert: Thomas Mann ließ seinen Helden Thomas Buddenbrook das Risiko eines Getreidekaufs auf der Basis »Ernte auf dem Halm« eingehen. Dann kam das große Unwetter, die Ernte war vernichtet – und die Firma Buddenbrook pleite. Gegen Warentermingeschäfte mit Lebensmitteln aller Art, so meinen wir, sollte es Gesetze geben – sie sind dringend erforderlich.
Dinkel
Ein engerVerwandter des Weizens – und ebenfalls nacktährig, also ohne himmelwärts strebende Grannen – ist der Dinkel, der in der Hildegard-von-Bingen-Medizin eine große Rolle spielt. Für Weizenallergiker ist Dinkel eine wohlschmeckende Ausweichmöglichkeit in Sachen Brotverzehr. Dinkel war aufgrund seiner Fähigkeit, auch in rauem Klima zu gedeihen, viele Jahrhunderte das bevorzugte Getreide in Mitteleuropa und hat so mancher Gegend zu Reichtum verholfen. Städtenamen wie Dinkelsbühl – wo Dinkelähren sogar das Stadtwappen zieren – weisen noch heute darauf hin.
Dinkel weist eine schlechtere Backfähigkeit als Weizen auf, braucht also kreative Bäcker und besondere Rezepte. Das landestypische Gebäck der Schwäbischen Seele wird beispielsweise aus Dinkelmehl gemacht. Die besondere Form der geschliffenen Dinkelkörner erfreut sich als Dinkelreis steigender Beliebtheit und wird in der Küche auch behandelt wie Reis. Dinkel erlebt im Rahmen der grünen Ernährungsbewegung eine Art Renaissance, darum gibt es auch viele Rückzüchtungen, wie beispielsweise das Schwabenkorn, das eine Rückkreuzung auf die alte Dinkelsorte namens Roter Tiroler ist. Der derzeit reinste Dinkel namens Frankenkorn ist ebenfalls eine solche Rückkreuzung aus alten Sorten.
Grünkern
Unreifes, schwach geröstetes Dinkelkorn nennt man Grünkern . Um Missernten vorzubeugen, wurde Dinkel noch in unreifem Zustand – also grün – geerntet; und um die Körner genießbar zu machen, wurden sie gedörrt. In dieser Form ist Dinkel zwar nicht backfähig, ergibt jedoch sehr aromatische Suppen und Fladen. Viele
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