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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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beobachtete Vernon genau. Der Mann hatte einen kantigen Kiefer und das Gesicht eines unfitten Boxers. Das passte zu seinem aggressiven Auftreten, aber nicht zu der Atmosphäre des Büros. Es war ein großer, hoher Raum mit schweren Möbeln und einem riesigen Eichenschreibtisch. Auf dem hellbraunen Berberteppich vor dem halbrunden Kamin, auf dessen Rost ein gusseiserner Holzkorb stand, lag eine Brücke.
    »Ich weiß nichts von irgendwelchen Freunden. Wo wohnt dieser Holmes? Ist er ein Freund von Lee Sherratt? Haben Sie daran vielleicht schon einmal gedacht?«
    »Das dürfte nicht sehr wahrscheinlich sein, Mr Vernon.«
    »Meinen Sie nicht, Sie sollten es wenigstens nachprüfen, Chief Inspector?«
    »Lee Sherratts Aussage ist der von Mr. Holmes sehr ähnlich«, sagte Tailby ruhig. »Bis auf die Tatsache, dass er darauf beharrt, keine Beziehung mit Laura gehabt zu haben.«
    »Alles Lügen, nichts als Lügen. Kümmern Sie sich darum. Beweisen Sie lieber, welcher von den beiden Kerlen Laura getötet hat, statt mich mit solchen lachhaften Fragen zu belästigen. Ich habe Ihnen gesagt, was für ein Mädchen Laura war. Sie war meine Tochter. Ich muss es schließlich wissen.«
    »Durchaus möglich, dass Sie es wissen«, sagte Tailby, wie zu sich selbst. »Aber ich frage mich, ob Sie es mir auch sagen würden.«
    »Was soll das heißen?«
    »Dass ich angesichts dessen, was wir von Ihrem Sohn erfahren haben, an Ihrer Aussage zweifeln muss. Er hat uns Dinge erzählt, die daraufhin deuten, dass Sie uns belogen haben, Mr. Vernon.«
    Alles schwieg. Irgendwo im Haus brummte ein Staubsauger.
    Ein Telefon klingelte dreimal und verstummte. Tailby wartete ab. Graham Vernon machte ein gequältes Gesicht, als ob sich plötzlich ein Magengeschwür bemerkbar gemacht hätte.
    »Daniel. Was hat er Ihnen gesagt?«
    Tailby lächelte grimmig und bat Ben Cooper, seine Aufzeichnungen über das Gespräch mit Daniel vorzulesen. Cooper las mit möglichst gleichmäßiger Stimme und bemühte sich, keine besondere Betonung auf die Stelle zu legen, wo der junge Mann wütend oder empört gewesen war. Vernon hörte schweigend bis zum Ende zu. Er senkte den Kopf und konnte den Beamten nicht in die Augen sehen. Als Tailby erneut das Wort ergriff, tat ihm der Mann fast Leid.
    »Also dann, Mr. Vernon. Wollen wir noch einmal ganz von vorn anfangen? Was haben Sie mir über Lee Sherratt zu sagen?«
     
    Die Stimmung im Einsatzraum war gedrückt. Obwohl man allen verfügbaren Spuren nachgegangen war, hatten viele Beamte das Gefühl, auf der Stelle zu treten, das erste Anzeichen dafür, dass die Ermittlung an Fahrt verlor. Cooper kannte die Symptome, und Tailby waren sie sicher auch nicht verborgen geblieben. Als leitender Ermittler hatte der DCI die Aufgabe, die Moral der Truppe zu stärken.
    »Okay«, sagte Tailby. »Wir haben sowohl Lee Sherratt als auch Lauras Freund, Simeon Holmes, ausfindig gemacht und vernommen. Aber um sie endgültig als Tatverdächtige ausschließen zu können, brauchen wir Beweise, und genau daran hapert es noch immer. Die kriminaltechnischen Untersuchungen haben bis jetzt nur sehr wenig gebracht. Was die Biss-Spuren angeht, bin ich nach wie vor zuversichtlich, aber zurzeit hängt alles an dem Odontologen aus Sheffield. Angeblich können wir morgen mit einem vorläufigen Bericht rechnen. Der Vergleich mit den Abdrücken, die wir Sherratt und Holmes abgenommen haben, wird allerdings länger dauern.«
    Ben Cooper ließ den Blick durch den Einsatzraum schweifen. Keine Spur von Diane Fry oder DI Hitchens. Dann hatte man die Wandergruppe also vermutlich gefunden, und die Kollegen waren bereits nach Norden gefahren, um die Spur weiterzuverfolgen, auf die er selbst in Moorhay gestoßen war.
    »Holmes’ Aussage, dass Laura Vernon sexuell nicht unerfahren war, wird durch die Ergebnisse der Autopsie gestützt«, sagte Tailby. »Und darüber hinaus auch durch die Aussage ihres Bruders. Wenn es aber stimmt, was Holmes über die sexuellen Vorlieben des Opfers aussagt, kann man dann Lee Sherratt glauben, dass er nichts mit ihr hatte? Wie Holmes es bei seiner Vernehmung so schön ausgedrückt hat: ›Da sagt man natürlich nicht nein.‹«
    Tailby ordnete seine Unterlagen. Heute Abend war der Einsatzraum relativ schwach besetzt. Es hatte den Anschein, als ob die Ermittlungen bereits nachließen. Die meisten Routineaufgaben waren erledigt. Viele der nur am Rande beteiligten Personen hatten entlastet werden können.
    Inzwischen konnten sie sich auf die

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