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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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war überhaupt das Schlimmste daran. Dass er Dad durch mich gequält hat.«
    »Trotzdem hat dein Vater dich gehen lassen?«
    »Er hat sich nicht getraut, etwas zu sagen. Vernon hat mich schließlich vor seinen Augen eingeladen. Armer Dad. Er war schon immer ein großer Feigling. Es war vielleicht die größte Beleidigung, die er erlebt hatte, aber trotzdem konnte er sich nicht zur Wehr setzen.«
    »Hast du deinem Vater erzählt, was sich an dem Abend in der Villa abgespielt hat?«
    »Aber ja. Meine Mutter war auch dabei. Ich war so wütend. Da ist alles herausgekommen.«
    »Was hat er gemacht?«
    »Gemacht? Er ist zu Graham Vernon gegangen und hat protestiert.«
    »Protestiert? Sonst nichts?«
    »Es war bestimmt nur ein zaghafter Protest. Und das hat er seitdem immer zu spüren bekommen. Von meiner Mutter und von meinen Großeltern. Ganz besonders von Großvater, der ihn deshalb verachtet. Er hält meinen Vater für einen ausgemachten Schlappschwanz. Seit es passiert ist, hat er keine Ruhe mehr. Er kann einem richtig Leid tun.«
    »Soll das heißen, dass er durch einen Streit mit Vernon seine Stelle nicht gefährden wollte – obwohl es dabei um dich ging?«
    »Natürlich. Du kannst dir anscheinend nicht vorstellen, was die Angst, den Job zu verlieren, bei einem Mann in seinem Alter anrichten kann. Dad denkt, wenn Vernon ihn entlässt, findet er nie wieder eine Anstellung. Dabei ist er ein Mensch, der ganz für seine Arbeit lebt. Keiner von uns möchte, dass er in der Selbstmordstatistik auftaucht. So enden heutzutage viel zu viele Männer. Wenn sie ihre Arbeit verlieren, verlieren sie ihre Selbstachtung, und dann haben sie gar nichts mehr.«
    »Und dein Großvater? Was hat er dazu gesagt?«, fragte Cooper.
    »Er scheint mir nicht der Mann zu sein, der es bei einem zaghaften Protest bewenden lässt.«
    »Nein, Granddad nicht. Er war außer sich. Er sagte, er hätte Graham Vernon umgebracht, wenn er dabei gewesen wäre.«
    Helens Stimme schwankte. Er konnte sich ihren besorgten Blick vorstellen, nachdem ihr plötzlich wieder eingefallen war, wer und vor allem was er war. Ein paar kostbare Minuten lang hatte sie den Polizisten vergessen und nur Ben Cooper, den Freund, in ihm gesehen. Ihm wurde warm ums Herz.
    »Schon gut, schon gut«, sagte er. »Das ist nur eine Redewendung. Das sagt man so daher. Es heißt noch lange nicht, dass man tatsächlich jemanden umbringen würde.«
    »Nein«, sagte Helen matt. »Ich glaube, er hätte es tatsächlich getan.«
    Cooper hörte Helen atmen. Es erinnerte ihn an den Nachmittag in Moorhay, als er in der engen Diele des Dial Cottage so dicht neben ihr gestanden hatte. Er wusste noch, dass er die Wärme gespürt hatte, die sie ausstrahlte, und dass er sich der Bewegung ihrer Brüste bewusst gewesen war, als sie sich in ihrem ärmellosen Top umgedreht hatte, um die Haustür zu schließen.
    »Offenbar ist mein Cousin Simeon mit Laura gegangen«, sagte sie. »Davon wusste ich nichts.«
    »Deshalb mussten wir ihn zwangsläufig in die Ermittlungen einbeziehen.«
    »Natürlich. Aber wir haben nicht viel mit seinen Eltern zu tun.« Helen hielt inne, ihr Ton wurde sanfter und zögerlicher. »Es war nett von dir, dass du Großmutter gestern besucht hast, Ben. Das hatte ich wirklich nicht erwartet. Aber eigentlich warst du früher auch schon sehr rücksichtsvoll. Du warst immer ein bisschen anders als die anderen Jungen.«
    Cooper wurde rot. »Ehrlich gesagt, habe ich deinen Großvater gesucht.«
    »Ach. Dann warst du also im Dienst. Davon hat sie mir gar nichts gesagt.«
    »Ja.«
    »Heißt das, dass du Großmutter verhört hast?«
    »Nein … So kann man das eigentlich nicht nennen.«
    Helen klang zutiefst enttäuscht. Fieberhaft überlegte er, wie er den Schaden wieder gutmachen konnte. Er musste unbedingt wissen, woran er bei Helen war. Was Matt ihm erzählt hatte, hatte ihn verwirrt. Sollte es möglich sein, dass es einen Hoffnungsschimmer gab? Den hatte er bitter nötig. Aber in seiner gegenwärtigen Verfassung war er nicht im Stande, eine derart heikle Situation mit Fingerspitzengefühl zu meistern. Er hatte nur zwei Alternativen – auflegen oder den Stier bei den Hörnern packen.
    Bevor er sich entscheiden konnte, wurde die Tür des Umkleideraums aufgestoßen und der hoch gewachsene Schüler mit dem braunen Gürtel kam aus der Halle herein, verschwitzt und grinsend.
    »Heh, Ben. Ich dachte, deine Bekannte wäre eine Anfängerin. Wir hatten ja keine Ahnung, wie gut sie

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