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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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meine Rettung, dass irgendwann jemand an die Tür klopfte. In der Diele stand ein ganzes Trüppchen, das sich königlich amüsierte. Natürlich war ich überzeugt, dass sie über mich lachten. Dumm, nicht wahr? Und als Graham Vernon mich schließlich gehen ließ, musste ich an ihnen vorbei, als ob nichts geschehen wäre. Es war furchtbar, dass sie mich in dieser Verfassung anstarrten, vollkommen durcheinander, mein bestes Kleid zerdrückt, mit wirren Haaren. Das war das einzige, woran ich in dem Moment denken konnte. Dabei war es ihnen vermutlich egal, was ich getrieben hatte. Weil sie alle genauso waren wie er, wie Graham Vernon. Frag mich nicht, warum ich ihn hasse, Ben.«
    Cooper wünschte, er könnte die Hand ausstrecken, sie berühren und ihr sagen, dass alles in Ordnung war. Aber vielleicht wäre es sowieso die falsche Reaktion gewesen, selbst wenn er bei ihr gewesen wäre und nicht am anderen Ende der Telefonleitung.
    »Danke, dass du es mir erzählt hast, Helen«, sagte er, obwohl er wusste, wie hohl es klang.
    »Es hilft, darüber zu reden. Und bei dir fällt es mir nicht schwer, Ben.«
    »Ich bin froh.«
    Sie hielt inne. »Ben …«
    »Ja?«
    »Hast du irgendwann dienstfrei?«
    »Natürlich. Heute Abend.« Er zögerte, ein fatales Zögern. »Aber … ich habe leider schon etwas vor.«
    »Verstehe.«
    Er hatte nicht vergessen, was er Diane Fry versprochen hatte, und er enttäuschte niemanden gern. Aber manchmal ging es nicht anders, man konnte tun, was man wollte, man konnte sich noch so bemühen. Manchmal musste man den einen oder anderen enttäuschen. Normalerweise sich selbst.

23
    Das Kampfsportzentrum Way of the Eagle lag versteckt im Keller eines ehemaligen Textillagerhauses in Stone Bottom, am Ende des Bargate. Im Erdgeschoss war ein Software-Unternehmen, in den drei Etagen darüber waren Kunsthandwerker, Creativdesigner, ein Kleinverlag für Naturbücher und eine Jobvermittlung untergebracht. Auf der Treppe zum Dojo roch es immer nach frisch gebackenem Brot, ein Duft, der aus dem Ventilator einer Bäckerei im Hollowgate herüberwehte.
    Diane Fry folgte Ben Cooper, der mit dem Toyota aus dem Bargate abbog. Zwischen einer Eckkneipe und einem Ensemble dreistöckiger Reihenhäuser mit kleinen Treppen, die von Eisengeländern gesäumt wurden, holperten sie die neu verlegten Pflastersteine hinunter. Auf der linken Seite führte eine steile Gasse hinauf zum Market Square und zu Edendales wichtigsten Einkaufsstraßen.
    Der Tagesparkplatz für die Kunsthandwerker und die Büroangestellten war mit einer Schranke versperrt, aber neben dem alten Lagerhaus lag ein von kaputten Ziegelsteinen und schulterhohen Disteln eingerahmtes unbebautes Grundstück voller schlammiger Schlaglöcher, das als provisorische Abstellfläche diente. Sie parkten zwischen einigen anderen Wagen. Dumpfes Poltern und heisere Schreie drangen durch die vergitterten Fenster dicht über der Erde.
    In Stone Bottom standen die Gebäude so dicht gedrängt, dass sie sich auf groteske Weise einander zuzuneigen schienen, dunkle Schemen, die sich vom Himmel abhoben, mit langen Reihen kleiner leerer Fenster. Als sie die Wagentüren zuschlugen, wurde das Geräusch laut von den Wänden zurückgeworfen und wanderte über das Pflaster weiter, bis zu der schmalen Brücke, die über den River Eden führte.
    Fry nahm ihre Sporttasche aus dem Kofferraum und traf sich mit Cooper am Eingang. Obwohl die Bäckerei längst für den Abend geschlossen hatte, roch es auf der Kellertreppe und in den dunklen Ecken zwischen den Gebäuden noch immer nach warmem Hefebrot.
    »Davon kriege ich Hunger. Ich habe seit heute Mittag nichts mehr gegessen, und das war auch nur ein Sandwich zwischen zwei Vernehmungen«, sagte sie.
    Cooper zuckte die Achseln. Er war am Mittag im Krankenhaus gewesen und hatte überhaupt nichts gegessen. Er dachte nicht ans Essen. Was in ihm rumorte, hatte nichts mit den Backgerüchen zu tun, sondern mit dem Wunsch, sich zu beweisen, dass er wenigstens eine Sache richtig machen konnte. Und zwar besser als Diane Fry.
    »Und, was haben Sie heute so getrieben, Diane?«
    »Heute Morgen habe ich Charlotte Vernon befragt. Die Frau ist einfach unglaublich, Ben. Sie hat versucht, mir etwas vorzuspielen. Sie wollte mir weismachen, sie wäre eine abgebrühte, sexbesessene Hexe, der alles egal ist, vor allem ihre Tochter. Die Nummer war leicht zu durchschauen. Die Frau ist innerlich ein Wrack. Aber warum sollte jemand so eine Show abziehen wollen?«
    Er

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