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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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hatte.
    Immerhin konnte sie sich wenigstens damit trösten, dass es ihr im letzten Augenblick gelungen war, den tödlichen Schlag doch noch abzufangen. Aber obwohl sie den Hals des dritten Jugendlichen lediglich gestreift hatte, war er ebenfalls besinnungslos neben seinen Freunden zusammengesackt.
    Plötzlich merkte sie, dass das Suzanne-Vega-Band lief. Der Kassettenrekorder hatte sich automatisch eingeschaltet, als sie den Wagen anließ. Aber die Musik war einfach zu deprimierend.
    Gereizt nahm sie die Kassette heraus, legte »Ancient Heart« von Tanita Tikaram ein und drehte voll auf. Tikaram sang eines ihrer Lieblingsstücke, das eine Textzeile enthielt, die ihr meistens noch lange im Kopf blieb: Now Your Conscience is Clear. Sie warf einen Blick auf Cooper; er hatte die Augen halb geöffnet, als ob die Musik zu ihm durchdrang. Aber seine Pupillen waren starr, und er stierte einen Augenblick lang blind vor sich hin. Dann fiel ihm der Kopf wieder auf die Brust.
    In der Grosvenor Road gelang es Fry, Cooper so weit wachzurütteln, dass er es auf seinen eigenen Beinen bis ins Haus schaffte und auch die Treppe halbwegs selbstständig bewältigte, auch wenn sie ihn dabei stützen musste. Durch einen Riss in seinem Hemd fühlte sie seinen Herzschlag. Er roch nach Bier und Männerschweiß, ein fast betäubendes Gemisch, das sie aus dieser Nähe schon seit Ewigkeiten nicht mehr gerochen hatte.
    Sie brachte ihn ins Schlafzimmer, ließ ihn auf das Bett kippen und befreite sich von seinen schlaffen Gliedern. Dann fing sie an, ihn auszuziehen – die zerschrammten Schuhe, die Jacke und das zerfetzte Hemd, und zuletzt riss und zerrte sie so lange an seiner Jeans, bis sie sie ihm über die Füße ziehen konnte.
    Dann holte sie eine Schüssel warmes Wasser und ein Tuch, wusch ihm das Blut von der Stirn und reinigte seine Schürfwunden auf dem Rücken und an den Beinen. So drahtig und sehnig, wie er gebaut war, würde er von den Verletzungen, die sich auf seiner Brust und seinen Flanken abzeichneten, wahrscheinlich nicht mehr als Blutergüsse davontragen. Keine Knochenbrüche. Während sie eine Schnittwunde an seinem Oberschenkel abtupfte, bemerkte Fry, dass sich in seinen Boxershorts etwas rührte. Cooper bekam eine Erektion.
    Sie sah in sein Gesicht. Er hatte sich umgedreht und starrte sie bitter und aggressiv aus halb geschlossenen Augen an. Sein Gesicht war gerötet, die Haare fielen ihm wirr in die Stirn. Zuerst hatte sie den Eindruck, dass er gar nicht wusste, wer sie war. Doch dann wurde sein Blick klar.
    »Fry? Was hast du, was ich nicht habe? Wieso kann dich nichts erschüttern? Hast du Titten aus Stahl oder was?«
    Sie fuhr bis an die Bettkante zurück, als ob er sie geschlagen hätte. Sie kehrte ihm den Rücken zu, ballte die Fäuste und biss die Zähne zusammen. Sie war außer sich vor Wut über so viel Undankbarkeit. Ihr juckten die Hände; am liebsten hätte sie ihm bewiesen, wie ungerecht sein Vorwurf war. Sie war kein eiskaltes Aas, keine gefühllose Maschine. Er hatte so Unrecht.
    Sie spürte Coopers nackten, durchtrainierten Körper und war sich der dunklen, gekräuselten Haare auf seiner Brust bewusst, die hinunterreichten bis zum Unterleib, bis zu seiner strammen Erektion.
    »Stahltitten? Dir werd’ ich’s zeigen«, sagte sie. Mit einem Ruck zog sie sich die Bluse über den Kopf und hatte im nächsten Augenblick ihren BH aufgehakt. Sie drehte sich zu ihm um und beugte sich über seine nackte Brust. Dann hielt sie inne. Fast schon hart vor Erregung glitten ihre Brustwarzen über seine heiße, nackte Haut. Plötzlich wurde ihr Gesicht dunkelrot vor Wut. Sie packte Cooper bei den Schultern und schüttelte ihn heftig. Sein Kopf sackte nach vorn, seine Wange stieß gegen ihre weichen Brüste. Ben Cooper war bewusstlos und schnarchte.
    »Du Schwein!«
    Als sie ins Wohnzimmer ging, wiederholte sie in Gedanken immer wieder, was er zu ihr gesagt hatte. Titten aus Stahl. Was hatte er damit gemeint? Sie zog sich aus, brachte mechanisch und ohne Begeisterung ihre Übungen hinter sich, legte sich aufs Sofa und schlüpfte unter die Decke. Sie war erschöpft, aber ihre Gedanken drehten sich im Kreise. Sie versuchte zu lesen, aber der Text verschwamm vor ihren Augen. Sie legte das Buch weg, wälzte sich unruhig hin und her und knipste schließlich das Licht aus. Sie presste das Gesicht ins Kopfkissen, umfasste ihre Titten aus Stahl und weinte.
     

25
    Der alte Mann saß kerzengerade auf dem Plastikstuhl im Vernehmungszimmer

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