Kuehler Grund
ihn zusammengeschlagen hatte? Zuzutrauen wäre es ihr. Sie hatte ihn ja auch sonst nach Strich und Faden fertig gemacht.
Auch als Cooper sich schließlich ins Büro geschleppt hatte, kehrten die Erinnerungen nicht zurück. Das einzige, woran er denken konnte, waren seine schwarzen Hunde – die Katastrophen, die ihm den Boden unter den Füßen weggezogen hatten, eine nach der anderen.
Plötzlich fiel ihm seine Mutter ein, die im Krankenhaus lag. Er stöhnte. Wie hatte er sie bloß vergessen können? Wie hatte er sich eine solche Dummheit leisten können? Er dachte an das Gespräch mit Superintendent Jepson und fluchte heftig. Das war garantiert auch Diane Frys Werk – sie hatte sich an DI Hitchens rangemacht und ihn becirct. Wahrscheinlich, als sie über Nacht zusammen in Yorkshire gewesen waren. Sehr gemütlich. Damit konnte er natürlich nicht konkurrieren.
Cooper schämte sich, dass er seine Mutter angelogen hatte. Er war verzweifelt, dass Helen Milner ihn abgewiesen hatte. Kein Mensch hatte etwas für ihn übrig. Und jetzt hatte er sich letzte Nacht auch noch mindestens zum Narren gemacht und sinnlos betrunken. Gott weiß, was er sich sonst noch alles geleistet hatte. Genauso gut konnte er nach Hause gehen und sich in die Jauchegrube stürzen. Er hatte nur noch knurrende schwarze Hunde im Kopf. Schwarze Hunde und Schweine.
Unter den neu hereingekommenen Straftaten war auch ein Bericht über drei Jugendliche, die bei einer nächtlichen Prügelei in Edendale leichtere Verletzungen davongetragen hatten. Alles deutete auf eine Meinungsverschiedenheit unter Betrunkenen hin. Die Jugendlichen selbst hatten sich nicht zur Sache geäußert und waren nach Hause geschickt worden. Es gab dringendere Fälle – eine Reihe von Einbrüchen und Autodiebstählen, sowie einen Überfall auf eine Sparkasse.
Außerdem hatte DS Rennie ihn über eine Vergewaltigung in Moorhay informiert, bei der man Harry Dickinson als Tatverdächtigen festgenommen hatte. Er schüttelte den Kopf und kramte in seiner Schreibtischschublade erfolglos nach einem Schmerzmittel. Heute Morgen ging aber auch alles schief. Einfach alles.
Im Laufe des Vormittags tauchte Diane Fry im Kripo-Büro auf. Weil Cooper nicht wusste, was er zu ihr sagen sollte, hielt er den Blick lieber gesenkt. Was sagte man auch zu einer Frau, in deren Bett man aufgewacht war, ohne die leiseste Ahnung zu haben, was sich in den davor liegenden Stunden abgespielt hatte? Es gab nur einen Ausweg, er musste sie zuerst etwas sagen lassen – wenn sie wollte.
Aber sie ließ ihn erst einmal mehrere Minuten schmoren. Sie blätterte in ihren Unterlagen, machte sich ein paar Notizen und telefonierte. Schließlich kam sie zu ihm herüber. Er sah noch immer nicht hoch und hoffte inständig, dass sie ihn zuerst ansprechen würde.
»Du siehst beschissen aus.«
»Danke, so fühle ich mich auch.«
Fry ging weiter. Cooper blieb benommen sitzen, bis sie mit einer Hand voll Berichten zurückkam.
»Willst du eine Kopfschmerztablette?«
»Es geht schon.«
»Hauptsache, du kotzt nicht auf den Tisch. Ich kann den Gestank nicht ausstehen.«
»Es geht schon. Wirklich.«
»Okay.«
Obwohl Cooper nicht auf der Höhe war, merkte er doch, dass Fry, die wie eine rachsüchtige Matrone hinter ihm stand, zögerte. Schuldgefühle strahlte sie nicht aus, nur eine leise Wut, gepaart mit unwilliger Besorgnis. Cooper versuchte, die Abläufe der vergangenen Nacht zu rekonstruieren. In seiner Erinnerung klafften immer noch riesige Lücken, und die Sache mit den Schweinen wollte nirgendwo hineinpassen, aber plötzlich wusste er, dass er etwas Schlimmes angerichtet hatte, etwas absolut Schwachsinniges. Was erwartete sie also von ihm? Dass er sich entschuldigte? Aber wie sollte man sich für etwas entschuldigen, woran man sich nicht erinnern konnte?
»Danke jedenfalls«, sagte er matt. »Danke, Diane – wofür auch immer.«
Sie seufzte laut, legte die Berichte weg und hockte sich auf seinen Schreibtisch. Cooper zuckte zusammen.
»Ich weiß nicht, ob du in der Verfassung bist, darüber zu reden. Aber wusstest du, dass wir Harry Dickinson festgenommen haben?«
»Ja.« Cooper sah hoch. Sie musterte ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Spott. Immerhin ein kleiner Fortschritt. »Was hat er gesagt?«
Sie schnaubte verächtlich. »So gut wie gar nichts. Er macht sich mehr Gedanken um seinen blöden Köter als um sich selbst.«
»Und wo ist das Mädchen, das er überfallen haben soll?«
»Bei der
Weitere Kostenlose Bücher