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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Baulk geschehen. Wen hatte Laura Vernon getroffen? War es ein geplantes oder ein zufälliges Treffen gewesen? War ihr jemand gefolgt, oder war sie den Weg mit dem Mann hinuntergegangen, mit dem sie hinter dem Garten der Villa gesprochen hatte?
    Vielleicht würden ihnen die Ergebnisse der kriminaltechnischen Untersuchungen darüber endgültig Aufschluss geben. Immerhin wussten sie inzwischen schon, dass die Bissspuren am Oberschenkel des Opfers nicht von einem Menschen stammten. Möglicherweise von einem Hund. Doch genauso gut hätte es auch ein Fuchs gewesen sein können, der die verwesende Leiche im Unterholz aufgestöbert hatte. Aber ob das Labor auch die Identität des Täters feststellen konnte? Cooper bezweifelte es.
    Kurz vor dem Dial Cottage stieß er auf Harry Dickinson, der unter einem Baum im Schatten stand, seinen Hund zu seinen Füßen. Er starrte Cooper wortlos an.
    »Sie sind es.«
    »Aye, ich. Unkraut vergeht nicht.«
    »Aber normalerweise gehen Sie doch um diese Zeit nicht mit dem Hund spazieren, Mr. Dickinson.«
    »Ich musste den Geschmack der Polizeiwache loswerden, Junge.«
    »Und was haben Sie seitdem so getrieben?«
    »Mich um meine eigenen Angelegenheiten gekümmert.«
    Cooper, der unter der Sonne litt und dem alle Glieder wehtaten, wollte wütend antworten. Aber Harry legte den Kopf auf die Seite und sah ihn mit einem unergründlichen Blick an.
    »Wollen Sie mich wieder verhaften? Es sind keine jungen Mädchen im Wald – nicht um diese Tageszeit.«
    »Darüber sollte man keine Witze machen, Mr. Dickinson. Finden Sie nicht auch?«
    »Aye, vielleicht haben Sie Recht, mein Junge. Vielleicht habe ich für einen Tag schon genug Spaß gehabt.«
    Cooper merkte auf. Der Anflug von Verbitterung in der Stimme des alten Mannes war ihm nicht entgangen. Bei Harry war jede Gefühlsregung eine Seltenheit. Seine Worte hatten etwas Abschließendes, als ob sich irgendetwas dem Ende zuneigte. Er hatte genug – aber wovon?
    »Sie haben Jess auf der Polizeiwache in einen Zwinger gesperrt«, sagte Harry. »In einen Käfig, zusammen mit lauter Promenadenmischungen und Streunern. Als ob sie jemals einem Menschen etwas angetan hätte. Womit hat sie das verdient?«
    Cooper überkam ein seltsames Gefühl, eine starke, körperlich spürbare Erregung, die ihm einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Er sah zu Boden, wo Jess, die schwarze Labradorhündin, neben Harrys Füßen im Gras lag. Die heraushängende Zunge hob sich leuchtend rosa von dem schwarzen Fell ab.
    »Ja«, sagte er. Er rang um Atem. »Ja, genau.«
    Harry musterte ihn misstrauisch. Cooper schüttelte sich und starrte den alten Mann an. Zum ersten Mal seit Tagen begann er zu lächeln.
     
    Gwen Dickinson, die aus dem Küchenfenster nach Harry Ausschau gehalten hatte, sah Ben Cooper den Weg heraufkommen. Ihr Gesicht war abgehärmt, die Augen von Schlafmangel und Tränen gerötet.
    Cooper musste daran denken, dass auch sie in einem Vernehmungsraum in Edendale befragt worden war, wo man sie darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass ihr Mann der Vergewaltigung verdächtigt wurde. Ihm wurde übel bei dem Gedanken, was man Menschen wie Gwen antat – unschuldigen Menschen, die rein zufällig in den Sog einer wichtigen Ermittlung geraten waren, weil sie etwas gesehen hatten oder irgendwelche Informationen besaßen, die die Polizei unter allen Umständen aus ihnen herausholen wollte, während vor ihren Augen das Fundament ihres Lebens zerstört wurde. Für Gwen würde das Zusammenleben mit Harry nie wieder so sein wie vorher.
    »Was hat er gesagt?«, fragte Gwen, als er die Hintertür des Häuschens erreicht hatte. Sie klammerte sich an seinen Arm, als ob sie erwartete, dass er alles wieder in Ordnung bringen könnte. »Sie haben doch mit Harry gesprochen.«
    »Er hat gar nichts gesagt. Es tut mir Leid.«
    Cooper wusste selbst nicht, wofür er sich entschuldigte. Aber er hatte Gwen enttäuscht, das sah er ihr an. Sie drehte sich um und ging zurück ins Haus, abgewetzte Pantoffeln an den Füßen, die mit rosa Rosen verziert waren.
    »Kommen Sie rein. Helen ist da.«
    »O nein, nicht nötig. Ich will nicht stören.«
    Er wollte sich zurückziehen, aber da erschien auch schon Helen in der Küche, angelockt durch seine Stimme. Sie trug Jeans und ein T-Shirt und hatte ein Staubtuch in der Hand. Das rote Haar hatte sie mit einer Schleife zurückgebunden.
    »Komm rein, Ben. Bleib doch nicht da draußen stehen.«
    »Helen hat ein bisschen bei mir geputzt«, sagte

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