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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Gwen. »Ich kann mich nicht mehr dazu aufraffen.«
    Die alte Frau schlurfte ins Wohnzimmer und ließ sich seufzend im Sessel nieder. Helen sah Cooper bekümmert an.
    »Ich kann wirklich nichts dafür«, sagte er.
    »Ich weiß. Es tut mir Leid, Ben.«
    »Ich arbeite sowieso nicht mehr an dem Fall. Man braucht mich nicht mehr.«
    Helen legte ihm die Hand auf den Arm; sie spürte, wie schlecht er sich fühlte. »Ich mache mir wirklich Sorgen um Großvater. Ich glaube, er hat etwas vor. Deshalb weicht er mir auch aus, seit er von der Polizeiwache zurück ist. Weil er Angst hat, dass ich ihn durchschaue; er weiß, dass ich ihn verstehe. Wir haben ein sehr enges Verhältnis. Ich glaube, das ist der Grund, warum er sich so merkwürdig aufgeführt hat. Er lässt Großmutter und mich nicht an sich heran, damit wir nicht erraten, was er vorhat. Aber er heckt irgendetwas aus. Kannst du uns nicht helfen, Ben?«
    »Hat er überhaupt nichts gesagt?«
    »Nur einen Satz, gleich nachdem er wieder da war. Und der hat mich noch mehr beunruhigt. Er hat gesagt: ›Es hat Vernon gegolten.««
    Das Klingeln des Telefons schrillte laut durch das kleine Cottage. Gwen zuckte erschreckt zusammen, aber sie stand nicht auf. Sie umklammerte die Armlehnen und warf Helen einen flehenden Blick zu. Ihre Enkelin ging an den Apparat. Cooper sah, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte und wie sie unter der braunen Haut blass wurde. Offensichtlich noch eine schlechte Nachricht.
    Nachdem sie den Hörer wieder auf die Gabel gelegt hatte, drehte Helen sich langsam zu Gwen und Cooper um. Aber sie konnte Cooper nicht in die Augen sehen. »Das war Mum«, sagte sie. »Die Polizei hat Dad zum Verhör abgeholt.«
     
    DCI Tailby ließ Andrew Milner nicht aus den Augen. Ihm war die Nervosität seines Gegenübers nicht entgangen, genauso wenig wie die feinen Schweißperlen, die sich auf dessen Stirn gebildet hatten. Auf dem Tisch im Vernehmungszimmer stand eine Tasse Tee, unangerührt und vergessen. Auf der Flüssigkeit hatte sich ein trüber Film ausgebreitet.
    »Mr. Milner, Ihre Tochter Helen hat uns von den Partys in der Villa erzählt.«
    »Ach«, sagte Andrew. Er machte ein entgeistertes Gesicht.
    »Sie hat einen Vorfall geschildert, an dem Graham Vernon beteiligt war. Ihr Chef, Mr. Milner.«
    »Ja.«
    »Sie wissen über dieses Vorkommnis Bescheid? Ich beziehe mich auf den Abend, an dem Mr. Vernon Ihre Tochter in eines der Schlafzimmer gelockt hat. Nach ihrer Schilderung könnte man den Übergriff durchaus als versuchte Vergewaltigung einstufen.«
    »Ja, Helen hat es mir erzählt. Sie war sehr aufgeregt.«
    »Und wie haben Sie darauf reagiert, Mr. Milner?«
    »Ich war natürlich schockiert und empört. Ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu Graham Vernon. Natürlich wusste ich über die Partys Bescheid, die Charlotte und er gaben. Ich werde nie begreifen, was sie daran finden. Das ist eine andere Welt, Chief Inspector. Auf jeden Fall ist es nicht meine Welt.«
    »Sie wussten, was sich auf diesen Partys abspielte? Aber Sie haben Helen trotzdem nicht daran gehindert, die Einladung anzunehmen?«
    »Ich? Helen hindern? Wie denn?« Andrew breitete Verständnis heischend die Hände aus. »Sie ist erwachsen. Sie hört nicht auf mich.«
    »Sie haben sie noch nicht einmal gewarnt?«
    »Ich habe gehofft, dass nichts passieren würde. Ich habe nicht damit gerechnet, dass Graham … so etwas probieren würde … nicht bei Helen, bei meiner Tochter. Ich dachte, es würde gut gehen. Und sie wollte unbedingt hingehen. Ich hätte sie nicht aufhalten können. Ich dachte, es würde gut gehen.«
    »Aber es ging nicht gut.«
    Er sackte zusammen. »Nein.«
    »Haben Sie Mr. Vernon zur Rede gestellt?«
    »Ja, das habe ich.«
    »Was haben Sie zu ihm gesagt?«
    »Nun … dass ich empört war über das, was Helen mir erzählt hatte. Dass sie behauptet hat, er hätte sie angegriffen. Sexuell.«
    »Und seine Reaktion?«
    Andrew rang die Hände, sein Blick bat um Mitleid. Er durchlebte das ganze Gespräch noch einmal, genau wieTailby es erwartet hatte. Mit einem lauten Seufzer sank Andrew schließlich noch tiefer auf seinem Stuhl zusammen.
    »Er hat nur gelacht«, sagte er.
    »Er fand es lustig, dass er über Ihre Tochter hergefallen war?«
    Andrew nickte. »Offensichtlich. Er sagte, solche Spielchen seien auf seinen Partys nun mal das Salz in der Suppe. ›Spielchen‹. Ich solle mir nichts daraus machen, Helen sei schließlich ein großes Mädchen. Ich wusste nicht, was ich

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