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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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unterdrücken versuchte. Gefühle, die sie in letzter Zeit nur einmal an die Oberfläche gelassen hatte, mit erniedrigenden Konsequenzen. Das sollte ihr nicht noch einmal passieren.
    »Ich habe bestimmt Recht, Diane«, sagte er.
    Doch als sie Cooper jetzt ansah, wurde ihr klar, dass sie einzig und allein deshalb mitgekommen war. Deshalb hatte sie sich auf diese ungenehmigte Observierung eingelassen. Nur wegen seiner Zivilcourage und seines unerschütterlichen Selbstvertrauens. Er hatte lediglich ein paar Fakten mit seinen unausgegorenen Ideen, Instinkten und Gefühlen vermischt, und schon war er aufrichtig überzeugt, Recht zu haben. Ben Cooper war ein Mann, der zu seinen Überzeugungen stand; wenn er an etwas glaubte, war er mit echter Leidenschaft dabei. Alles in allem eine absurd attraktive Mischung.
    »Ben – du hast dich schon einmal geirrt. Du arbeitest nicht einmal mehr an dem Fall. Gib lieber jetzt auf, sonst tut es dir hinterher Leid.«
    »Was habe ich denn noch zu verlieren?«, blaffte er.
    »Pst. Gleich wissen die da unten, dass wir hier sind.«
    »Ich verspreche dir, dass ich Recht habe.«
    »Okay, okay.«
    Direkt unter ihnen schmiegte sich ein Waldstück an den Berg. Leise Geräusche drangen herauf, von Tieren, die sich ein Nachtlager suchten oder auf die Jagd gingen. Etwa fünfzig Meter weiter, wo der Mühlensandstein zu Tage trat und der Boden kahl und felsig wurde, dünnte der Wald aus. Hinter ihnen erhoben sich hohe Felsnasen, die von den geologischen Kräften und dem Wetter bizarr verformt worden waren. Ihre Namen verdankten sie zum großen Teil der düsteren Phantasie der Landbevölkerung – Horse Stone, Poached Egg Stone, Mad Woman.
    Dabei bin ich hier die Wahnsinnige, dachte Fry. Es ist ein Wahnsinn, dass ich mitgekommen bin.
     
    Cooper wusste, dass er sie mit Samthandschuhen anfassen musste. Sie war so angespannt wie eine Feder – ein falsches Wort, und sie würde aufstehen und gehen. Aber es war schwierig, bei Diane Fry nicht das Falsche zu sagen. Außerdem hatte er viel zu viele Fragen, die er ihr außerhalb des Büros gerne gestellt hätte. An erster Stelle stand die Frage, was sich zwischen ihr und DI Hitchens auf dem Abstecher nach Yorkshire abgespielt hatte. Doch es war wohl klüger, sich diese Frage für später aufzusparen.
    »Tippt Mr. Tailby immer noch auf Andrew Milner?«, fragte er, ein weniger heikles Thema anschneidend.
    »Deine Skizze hat ihn in seiner Meinung bestärkt. Das und die fehlenden Beweise gegen Simeon Holmes. Wenn Harry Dickinson jemanden deckt, muss es Milner sein.«
    »Ja. Harry hält zwar nicht viel von seinem Schwiegersohn, aber seiner Tochter zuliebe würde er ihn schützen. Um der Familie willen.«
    »Familiensinn. Wie du sagtest, ein starkes Motiv.«
    »Ja, das würde passen«, sagte Cooper traurig.
    »Milner ist von Graham Vernon bis aufs Blut gereizt worden. Vielleicht hat es ihm schließlich gereicht, und er hat sich gerächt.«
    »Er wurde nicht nur von Vernon bis aufs Blut gereizt, auch seine eigene Familie hat ihn an sein Versagen erinnert. Vor allem Harry hat ihm seine Schwäche vorgehalten. Wenn Harry herausgefunden hatte, was passiert ist, würde er sich schuldig fühlen, ja sogar mitverantwortlich für die Tat. Er würde es wieder gutmachen wollen. Das klingt plausibel.«
    Cooper dachte an seinen ersten Besuch im Dial Cottage. Er erinnerte sich an den blutverschmierten Turnschuh, der auf dem Küchentisch auf dem Buxton Advertiser gelegen hatte, an die gespannte, erstickte Atmosphäre in den vollgestellten Räumen. Er erinnerte sich daran, wie verstört die alte Frau gewesen war. Es hatte nicht nur der harmlose Fund des Turnschuhs dahinter gesteckt.
    »Ich frage mich, ob es bei ihrem Streit darum ging«, sagte er. »Und wenn ja, wer auf wessen Seite stand.«
    Fry macht ein verständnisloses Gesicht, aber sie fragte nicht weiter nach. »Auf jeden Fall hat Milners Alibi von Anfang an nichts getaugt.«
    »Nein?«
    »Es ist völlig ausgeschlossen, jemanden zu finden, der sich an ihn erinnert. Er hätte zur Tatzeit überall sein können.«
    »Aber einen Beweis dafür, dass er am Tatort war, haben wir auch nicht.«
    »Der DCI meint, es lohnt sich, an ihm dranzubleiben. Und er ist kein zweiter Harry Dickinson. Mr. Tailby hat ihn inzwischen bestimmt schon weich gekocht.«
    Cooper schwieg. Er musste einen Augenblick völlig stillliegen, weil ihm der Brustkorb wehtat.
    »Andrew Milner kann es nicht gewesen sein«, sagte er.
    »Aber du hast doch gerade

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