Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
Vom Netzwerk:
Pärchen vor dem dunklen Fenster eines Immobilienmaklers. Wahrscheinlich verglichen sie die Preise von Objekten in Catch Wind und Pysenny Banks, den malerischsten und gepflegtesten Wohngegenden Edendales, wo die mit Steinmauern gesäumten Straßen kaum breit genug für ein Auto waren und die Vorgärten mit ihren Lobelien und den Flechten bewachsenen Mühlsteinen an den Fluss grenzten. Diane Fry fragte sich, warum die beiden noch so spät am Abend beim Immobilienmakler vorbeischauten. Wo wollten sie hin, wo kamen sie her? Was für intime Pläne schmiedeten sie?
    Am anderen Ende des Platzes musste sie an der Ampel warten. Rechts von ihr führten steile, mit Kopfsteinen gepflasterte Gassen mit Namen wie Nimble John’s Gate und Nick i’th Tor bergab. An den Kreuzungen drängten sich schmale Kneipen, Cafés und Kunstgewerbeläden, wie Zuspätgekommene, denen nur der Rand des Geschäftszentrums geblieben war. Und sie waren tatsächlich Nachzügler – angelockt von den Touristenströmen der jüngeren Zeit, nicht vom traditionellen Handel des alten Marktfleckens.
    Fry, die sich über ihre neue Heimat kundig gemacht hatte, wusste, dass ein großer Teil der 22 Millionen Besucher, die Jahr für Jahr in den Peak District reisten, früher oder später auch nach Edendale kam. Tagsüber war auf dem Marktplatz manchmal kaum ein Durchkommen, so dicht war der Verkehr, und in der Nähe der öffentlichen Toiletten und der Recyling-Container bildeten sich lange Schlangen.
    Ein schwerer Lastwagen rollte langsam vorbei, auf die Rückseite des Supermarktes zu, der kürzlich in einer ehemaligen Baumwollspinnerei eröffnet worden war. Hinter der Kreuzung stieg die Castleton Road den Berg hinauf, gesäumt von rau verputzten Doppelhaushälften. Auf beiden Seiten lagen dicht bebaute Wohngebiete mit engen, sich bergauf windenden Straßen, die sich mit jähen Biegungen und Kehren den Konturen der welligen Landschaft anpassten. Durch die Stoßstange an Stoßstange parkenden Autos, die die Kurven nur knapp freiließen, wurde die Fahrbahn noch zusätzlich verengt. Die größeren Häuser hatten Einfahrten und Garagen, aber die bescheideneren Cottages waren nicht für Autobesitzer gebaut worden.
    Je weiter die Häuser vom Stadtzentrum entfernt waren und je höher sie am Berg lagen, desto neuer wurden sie. Aber auch sie waren aus dem gleichen weißen Stein gemauert. Am Stadtrand lagen kleine Sozialbausiedlungen, wo die Grundstücke mit einem Grasstreifen an die Straße grenzten. Schließlich dünnte sich die Bebauung aus, verstreute Bauernhöfe und kleinere Molkereibetriebe bestimmten das Bild. Der Übergang von der Stadt zum Land war fließend und an manchen Stellen schwer zu erkennen. Zu Wohnhäusern und Eigentumswohnanlagen umgebaute Farmen lagen unmittelbar neben schlammigen Höfen und Weiden mit schwarzbuntem Vieh, und über allem hing ein durchdringender Landgeruch.
    Früher oder später würde die Nachfrage nach Bauland die Grundstückspreise in die Höhe treiben, und die Stadt würde sich weiter ausbreiten. Doch noch wurde Edendale von den umliegenden Bergen in der Talsenke festgehalten.
    Fry bog von der Castleton Road in die Grosvenor Avenue ein und hielt vor der Nummer zwölf. Dem solide gebauten Haus, eine der zahlreichen viktorianischen Villen in einer von Bäumen gesäumten Straße, merkte man an, dass es einmal bessere Zeiten gesehen hatte. Die Eingangstür war von Säulen eingerahmt, und die winzigen möblierten Zimmer in der obersten Etage waren nur über versteckte Dienstbotentreppen erreichbar.
    Ihre eigene Wohnung im ersten Stock bestand aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, einem Bad mit Dusche und einer Kochnische. Die Tapete war blassbraun gestreift, und das Muster auf dem Teppich war ein kompliziertes Gewirr aus verwaschenen Blau-, Rosa- und Gelbtönen, das extra zu dem Zweck hätte entworfen sein können, verschüttete Flüssigkeiten spurlos aufzusaugen. Nach dem Geruch zu urteilen, der in der Wohnung hing, musste im Laufe der Jahre einiges auf den Boden gekippt worden sein, was Fry sich lieber nicht ausmalte. Die meisten anderen Bewohner des Hauses waren Studenten, die das High Peak College im Westen der Stadt besuchten.
    Fry machte sich einen Käsetoast und eine Tasse Tee und nahm einen Diätjogurt aus dem Kühlschrank, in dem es verdächtig nach gammeligem Fisch und Zwiebeln roch. Obwohl sie ihn gründlich geschrubbt hatte, war sie den Mief nicht losgeworden, aber sie hatte ohnehin nicht vor, mehr als das Notwendigste an

Weitere Kostenlose Bücher