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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Lebensmitteln darin aufzubewahren. Sie ging lieber öfter einkaufen, froh um jeden Anlass, die Wohnung zu verlassen. Wenige Minuten entfernt gab es einen kleinen Laden, der von einem jungen asiatischen Ehepaar betrieben wurde, das einen netten Eindruck machte. Ein paar freundliche Worte, während sie Brot und Milch kaufte, würden vielleicht ab und zu ganz gut tun.
    Nach dem Essen machte sie zehn Minuten leichte Gymnastik, um sich zu entspannen, wie nach einer Übungsstunde im Dojo. Sie dehnte die Muskeln, lockerte die Gelenke und streckte die Glieder. Dann duschte sie und zog ihren alten schwarzen Seidenkimono an, der auf dem Rücken mit einem chinesischen Drachen und auf der Vorderseite mit Yin- und Yangsymbolen bestickt war.
    Sie beschloss, sich am nächsten Tag die Gelben Seiten zu besorgen und Namen und Adressen der Kampfsportzentren in Edendale herauszusuchen. Einen Lehrer wie ihren alten Shotokanmeister in Warley würde sie hier wohl kaum finden, und sie würde sich auch an neue Techniken gewöhnen müssen, aber sie konnte es sich nicht leisten, aus der Übung zu kommen. Dafür war es ihr viel zu wichtig, sich verteidigen zu können. Außerdem genoss sie das Selbstvertrauen und die Kraft, die sie dem Karate verdankte. Darüber hinaus erforderte der Sport ihre völlige Konzentration. So lange sie Shotokan und ihre Arbeit hatte, brauchte sie vielleicht nie mehr an irgendetwas anderes zu denken.
    Fry beschäftigte sich nicht lange mit dem Mord an Laura Vernon. Ohne konkrete Daten und Fakten, auf deren Grundlage sie Schlüsse ziehen und Verbindungen herstellen konnte, wäre sie sowieso nicht weit gekommen. Sie freute sich schon darauf, dass sie bei der Besprechung am nächsten Morgen reichlich mit Informationen eingedeckt werden würde. Dann konnte man sehen, welche Ermittlungsansätze sich anboten und welche Chancen sich für sie selbst daraus ergaben.
    Plötzlich wurde ihre Vorfreude durch einen unschönen Gedanken getrübt, eine kleine Irritation. Irgendwann würde sie sich mit diesem Problem wohl befassen müssen. Das Problem hieß DC Ben Cooper. Der Polizist, den alle liebten, der Mann, der ihr wahrscheinlich am meisten im Weg stehen würde. Sie sah ihn fast vor sich, ein Bild von einem Mann mit breiten Schultern und perfekten Zähnen, der selbstgefällig grinste. Doch sie hielt sich nicht lange mit diesem Gedanken auf. Unüberwindliche Hindernisse gab es nicht. Es gab keine Probleme, nur Herausforderungen.
    Bevor sie ins Bett ging, sah sie sich noch einen Spätfilm im Fernsehen an, einen uralten Horrorschinken in Schwarzweiß. Aus dem zerschlissenen Sessel, in dem sie saß, konnte sie mit der Hand unter das Bett greifen, ohne den Bildschirm aus den Augen lassen zu müssen. Sie zog eine große Schachtel Pralinen hervor und biss langsam in einen Wiener Trüffel. Die Frau auf dem Bildschirm, die allein durch die Nacht ging, fuhr herum, als sie plötzlich Schritte hinter sich hörte. Dann fiel ein dunkler Schatten über ihr Gesicht, und sie schrie und schrie.
     
    Sieben Kilometer von der Grosvenor Avenue entfernt fuhr Ben Cooper, die übelsten Schlaglöcher souverän umkurvend, in seinem Toyota den holprigen Feldweg zur Bridge End Farm hinunter. Stellenweise war die Fahrspur mit Erde oder einem Stück Backstein ausgebessert worden. Der erste heftige Winterregen würde alles wieder wegspülen, wenn das Wasser den Berg hinunterlief und den schmalen Weg in einen Bach verwandelte.
    Im Vorbeifahren fiel ihm auf, dass an einer Stelle die Decksteine der Mauer heruntergefallen waren und dass sich die Mauer zum Feld hin wölbte. Er nahm sich vor, diesen Job an seinem nächsten freien Tag für Matt zu erledigen.
    Cooper versuchte bewusst, sich mit solchen Alltagsdingen abzulenken. Aber in Gedanken war er noch immer mit dem Fall Laura Vernon beschäftigt. Es war eine Ermittlung, die er nicht so schnell vergessen würde. Der alte Mann, Harry Dickinson, war ihm ein Rätsel. Er hatte schon oft beobachtet, wie Menschen reagierten, die zufällig in ein schwereres Verbrechen verwickelt worden waren, doch noch bei keinem war ihm eine solch verwirrende Mischung aus Gleichgültigkeit und klammheimlicher Freude begegnet.
    Da er keine Erklärung für das Verhalten des alten Mannes finden konnte, konzentrierte er sich auf den Haupttatverdächtigen, den flüchtigen Lee Sherratt. Er kannte Lee nicht und hatte noch nie etwas mit ihm zu tun gehabt. Aber er erinnerte sich an seinen Vater, Jackie Sherratt, einen kleinen Gauner. Zurzeit

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