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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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den Schaden zu begrenzen und sich selbst möglichst viele Pluspunkte zu sichern. Wer an der Suche teilgenommen hatte, hielt lieber den Mund. Logischerweise würde der Superintendent jeden, der es wagte, sich zu Wort zu melden, für unschuldig halten. Rennie wartete auf einen anerkennenden Blick aus den blauen Augen, dem er entnehmen konnte, dass seine Bemerkung angekommen war.
    »Aha. Ein Mann, der mit seinem Hund spazieren ging. Ein alter Knabe namens Dickinson, um genau zu sein. Herzlichen Dank, Rennie.« Der Superintendent nickte. Er lächelte wie ein Kanalarbeiter, der mit einem besonders scharfen Geruchssinn ausgestattet war. »Und auf der anderen Seite wir, die Elite Ihrer Majestät. Ein Hubschrauber, der in der Minute weiß Gott wie viel kostet, und vierzig Beamte unten im Gelände, die fünf Stunden lang die Wälder absuchen, ohne auch nur soviel wie ein gebrauchtes Kondom aufzustöbern. Die Polizei steht vor einem Rätsel, wie es immer so schön in den Medien heißt. Und dann – dann passiert was?«
    Diesmal antwortete niemand, nicht einmal Rennie. Fry sah, dass sie einen ganzen Schwarm kleiner blauer Fliegen gemalt hatte, die mit ihren zarten Flügeln schlugen, aber nirgendwohin gelangten.
    »Die Leiche«, sagte Jepson, »wird von einem Mann gefunden, der mit seinem Hund spazieren geht.«
    »Früher oder später …«, begann DI Hitchens. Doch das hätte er besser bleiben lassen. Als Inspector vom Dienst war er technisch gesehen für die Suche verantwortlich, auch wenn er selbst nicht vor Ort gewesen war. Der Superintendent schnitt ihm das Wort ab.
    »Können Sie mir eine Frage beantworten?«, sagte er. »Warum muss es immer ein Mann mit einem Hund sein? Man könnte fast auf die Idee kommen, sie machten sich extra auf den Weg, um die Polizei zu blamieren. Irgendwo liegt eine Leiche im Wald? Keine Bange, Chef, irgendein alter Knabe, der mit seinem Hund spazieren geht, wird sie schon finden. Wir haben keine Beschreibung des Fluchtfahrzeugs, das gestern Nacht bei dem bewaffneten Raubüberfall benutzt wurde? Kein Problem – irgendein alter Knabe, der seinen armen alten Rex durch die Straßen geschleift hat, weil er nicht schlafen konnte, hat sich garantiert das Kennzeichen aufgeschrieben. Wir können nicht beweisen, dass sich der Verdächtige am Tatort aufgehalten hat? Albert und Bello haben beim Gassigehen bestimmt beobachtet, wie er die Beute verstaut hat. Tja. Immer diese Männer, die mit ihren Hunden spazieren gehen. Schade, dass sie nicht in der Eden Valley Times annoncieren und ihre Dienste anbieten, dann könnten wir ein Vermögen sparen.«
    »Chef, ich glaube nicht …«, sagte Hitchens.
    »Und dann«, fuhr Jepson fort, »könnten wir die gesamte Polizei von Derbyshire auflösen und sie durch ein paar Dutzend Gassigeher ersetzen. Was meinen Sie, wie das die Aufklärungsrate in die Höhe treiben würde?«
    Diane Fry degradierte Hitchens auf ihrer Hierarchie-Skala ein paar Stufen nach unten. Um den bestmöglichen Eindruck zu machen, musste sie immer am Ball bleiben und versuchen, sich die Namen und Dienstränge der neuen Kollegen einzuprägen und herauszufinden, wer den größten Einfluss hatte. Als ihr DI hatte Hitchens auf ihrer Skala fast ganz oben begonnen, doch nun baute er langsam ab.
    Ein Beamter, den Fry noch nicht kannte, hob die Hand und meldete sich, wie ein Klassenstreber, der im Mittelpunkt stehen will. Dabei war er bereits unangenehm aufgefallen, indem er mit großer Verspätung zu der Besprechung erschienen war, was an Frys bisherigen Arbeitsplätzen als Disziplinarverstoß gegolten hatte. Als er hereinkam, wirkte er leicht ramponiert und mitgenommen, als wäre er gerade erst aufgestanden, und er hatte sich einen finsteren Blick von Jepson eingehandelt. Nun waren sämtliche Augen auf ihn gerichtet. Alle waren froh, dass sich ein Prügelknabe gefunden hatte, auch wenn sie sich wunderten, dass er sich freiwillig auf die Opferbank legen wollte. Obwohl er wie Ende zwanzig aussah, strahlte er etwas jungenhaft Unschuldiges aus, was den anderen Beamten im Raum fehlte. Er war groß und schlank, und er hatte hellbraunes Haar, das ihm wirr in die Stirn fiel.
    »Entschuldigen Sie, Sir. Ich verstehe da etwas nicht.«
    »Ach nein! Und was verstehen Sie nicht, mein Junge?«
    »Wir hatten doch die Hundestaffel aus Ripley für die Suche angefordert, nicht wahr? Wieso haben die Suchhunde nichts gefunden, dafür aber der Hund des alten Mannes?«
    Jepson musterte ihn scharf, eine verächtliche Replik auf

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