Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
Vom Netzwerk:
helfen wollten, aber nicht helfen konnten, und von armen Seelen, die sich nur nach ein bisschen Aufmerksamkeit sehnten. Trotzdem konnten immer ein, zwei entscheidende Hinweise darunter sein.
    Der DCI sah auf seine Checkliste. »Sind wir mit Daniel Vernon schon weitergekommen? Wer arbeitet noch daran?«
    Ein stämmiger DC, der an der Wand lehnte, hob die Hand.
    »Ja,Weenink?«
    »Ich habe mich an der Uni Exeter an seinem Fachbereich umgehört. Vernon beginnt in diesem Herbst mit dem zweiten Jahr seines Politikwissenschaftsstudiums. Auf dem Lehrplan steht soziale Dialektik. Ich dachte immer, das wäre eine Geschlechtskrankheit.« Weenink wartete das unvermeidliche Gelächter ab, steckte grinsend die Hände in die Taschen und lümmelte sich noch lässiger an die Wand. »Die Vorlesungen fangen zwar erst in zwei Wochen an, aber die Erstsemester kommen schon früher, um sich einzuschreiben, die Uni ein bisschen kennen zu lernen und sich eine Unterkunft zu suchen.«
    »Aber Daniel Vernon ist doch gar kein Erstsemester mehr«, sagte Tailby ungeduldig.
    »Er ist ein Buddy.«
    »Ein was?«
    »Einige der älteren Studenten kommen schon vor Semesterbeginn zurück an die Uni, um die Erstsemester zu beraten. Viele von den Anfängern waren nämlich vorher noch nie allein von zu Hause weg. Die Älteren nehmen sie unter ihre Fittiche. Man nennt sie Buddys.«
    »Und das haben Sie am Fachbereich erfahren?«
    »Beim Studentenwerk. Vernon hat sich dort Samstagmorgen gemeldet und das ganze Wochenende mit Erstsemestlern verbracht. Der Vorsitzende vom Studentenwerk erinnert sich daran, dass Vernon irgendwann am Montagabend einen Anruf bekam und weg musste.«
    »Und er kam am Dienstag zu Hause an. Wie? Hat er ein Auto? Ist er mit dem Zug gefahren?«
    Weenink zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, Sir.«
    »Bitte konzentrieren Sie Ihre Anstrengungen darauf, jeden seiner Schritte nachzuvollziehen«, sagte Tailby. »Ich muss wissen, ob wir Daniel Vernon als Tatverdächtigen ausschließen können. Laura Vernon wurde am Samstagabend kurz vor ihrem Verschwinden im Garten der Villa zusammen mit einem jungen Mann gesehen. Dabei könnte es sich genauso gut um Daniel wie um einen Freund gehandelt haben, es sei denn, der Bruder hätte für die fragliche Zeit ein hieb- und stichfestes Alibi.« Er wartete ab, bis Weenink genickt hatte. »Ansonsten haben wir, wie Sie inzwischen alle wissen dürften, seit gestern Abend Lee Sherratt in Gewahrsam, dank der Eigeninitiative von DC Cooper und DC Fry.«
    So wie der DCI das Wort »Eigeninitiative« aussprach, hörte man ihm seine Skepsis an, ob er die Aktion gutheißen konnte. Schließlich widersprach sie allen Regeln der modernen Polizeiphilosophie. Polizeiarbeit war Teamwork. Polizeiarbeit war Ermittlungsroutine und funktionierende Kommunikation, Sammeln und Abgleichen von Erkenntnissen, Eingabe riesiger Datenmengen in den Computer und Warten auf die Ergebnisse der kriminaltechnischen Untersuchungen. Ungeplante nächtliche Festnahmen im Wald durch Beamte, die eigentlich schon Feierabend hatten, passten nicht in dieses Bild.
    Von der Standpauke, die Cooper sich am frühen Morgen von Hitchens hatte anhören müssen, klingelten ihm immer noch die Ohren. Es sei ungeheuerlich, dass er die übliche Vorgehensweise missachtet und niemanden über sein Vorhaben informiert habe, ganz zu schweigen von dem bodenlosen Leichtsinn, sich selbst und seine Kollegin in Gefahr gebracht zu haben. »Unüberlegtes Handeln«, »Verantwortungslosigkeit« und »Tollkühnheit« zählten noch zu den harmloseren Vorwürfen. Insgeheim konnte Ben Cooper nicht einmal bestreiten, dass sie gerechtfertigt waren. Aber Tatsache war auch, dass Lee Sherratt jetzt in Haft saß.
    Der DCI sprach weiter. »Gestern Abend fand bereits eine erste Vernehmung statt. Die Bänder werden gerade abgetippt. Heute Vormittag werde ich mir Lee Sherratt noch einmal persönlich vornehmen.«
    Cooper hob die Hand. Tailbys Blick wanderte zu ihm.
    »Lassen Sie mich raten, Cooper. Sie wollen sich bestimmt nach Harry Dickinson erkundigen.«
    »Ja, Sir.«
    Tailby ordnete seine Unterlagen.
    »Er wird heute Vormittag noch einmal im Zusammenhang mit den Beobachtungen des Vogelfreundes befragt.«
    »Wir sollten ihm stärker auf den Zahn fühlen«, sagte Cooper. »Bis jetzt war er nicht sehr kooperativ.«
    »Wir dürfen nicht zu viel Zeit mit ihm vergeuden«, widersprach Hitchens. »Er ist bloß ein alter Griesgram.«
    »Entschuldigen Sie, Sir, aber ich glaube, es steckt mehr

Weitere Kostenlose Bücher