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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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seinen Sohn Lee manchmal mitgenommen. Als Teil seiner Ausbildung.«
    »Sherratt? Augenblick mal. Sie glauben …«
    »Es wäre möglich. Lee könnte die Hütte als Versteck benutzen. Da hat bestimmt noch keiner nach ihm gesucht. Es ist zu weit von Moorhay entfernt. Aber bestimmt nicht zu weit für einen Typen wie Lee.«
    »Sagen Sie nicht, Sie wollen mal nachsehen.«
    »Ja.«
    »Jetzt?«
    »Warum nicht?«
    »Sind Sie verrückt? Mitten in der Nacht?«
    »Ich sehe mir die Hütte auf jeden Fall an«, sagte Cooper. »Sie können ja hier warten, wenn Sie wollen.«
    Er stieg aus und nahm eine stabile Taschenlampe aus dem Handschuhfach.
    »Das können wir doch nicht machen.«
    »Ich schon«, sagte Cooper. »Aber Sie müssen sich natürlich an die Vorschriften halten.«
    Er kletterte über die Mauer. Wo der Wald begann, stieß er auf den Anfang eines schmalen Weges, der von der Straße aus nicht zu sehen gewesen war.
    »Warten Sie, verdammt noch mal«, sagte Fry und knallte die Tür zu.
    Er grinste und betätigte die elektronische Türverriegelung.
    »Man kann nie vorsichtig genug sein.«
    Sie hielten sich dicht beieinander und teilten sich das Licht der Taschenlampe. Cooper hatte sich immer als Teil der Welt gefühlt, in der er arbeitete, vor allem, wenn er unter freiem Himmel war. Aber Diane Fry, so dachte er, würde in dieser Welt wohl immer eine Fremde bleiben. Während er auf jedes Geräusch aus dem Wald achtete, schien sie nur mit sich selbst beschäftigt zu sein, als könnte sie im Dunkeln nicht nur nichts sehen, sondern ihre Umgebung auch weder hören noch riechen und nicht einmal die Beschaffenheit des Bodens unter ihren Füßen spüren. Cooper lauschte angestrengt. Auf dem Land wusste jeder, dass einem die Geräusche der Tiere verrieten, ob Menschen in der Nähe waren.
    Er hörte das Echo eines leisen Schreis, das tief aus dem Wald kam, ein flüchtiger Laut, als ob ein Nagel über Glas oder ein Stück Kreide über eine Tafel kratzte, aber in einem klagend abfallenden Ton endend.
    »Junge Eule.«
    »Bitte?«, sagte Fry.
    »Junge Eule.«
    »Was reden Sie denn da? Spielen wir Cowboys und Indianer? Sie großer Häuptling Junge Eule, ich Squaw?«
    »Ich meine den Vogel. Hören Sie ihn nicht?«
    »Nein.«
    Sie spitzten die Ohren.
    »Jetzt ist er weg«, sagte Cooper.
    Fry schien es wirklich nicht leicht zu fallen, bei Nacht in den Wald zu gehen. Cooper war überrascht. Ob sie sich im Dunkeln fürchtete? Aber doch nicht Diane Fry, nicht die Macho-Frau.
    »Sind Sie nervös?«, fragte er.
    »Natürlich nicht.«
    »Wenn es Ihnen lieber wäre, können wir auch bis morgen warten. Ich könnte es bei der Frühbesprechung erwähnen und abwarten, ob jemand etwas unternimmt. Schließlich kriegen wir noch nicht mal die Überstunden bezahlt. Vom Finanziellen her lohnt es sich also schon mal nicht – wenn man es so sehen will.«
    »Da wir nun schon einmal hier sind, bringen wir es hinter uns. Dann können wir nach Hause.«
    »Wenn er sich aber tatsächlich da unten verkriecht, ist er bis morgen vielleicht schon längst über alle Berge.«
    »Würden Sie jetzt endlich die Klappe halten, damit wir die Sache hinter uns bringen können?«
     
    Diane Fry empfand die Dunkelheit als bedrückend. Wenn sie doch bloß eine eigene Taschenlampe gehabt hätte. Wenn sie sich nur nicht auf Coopers verrückte Idee eingelassen hätte und im Auto sitzen geblieben wäre. Wenn sie sich doch nie von einem Spinner wie Ben Cooper zu einer Partie Squash hätte einladen lassen. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass es ein Fehler war. Sie hätte sich nicht mit ihm abgeben dürfen, nicht einmal für einen Abend. Und nun kam so etwas dabei heraus. Ein dummes Abenteuer, aus dem es für sie kein Zurück mehr gab.
    Vor ihr bewegte sich Cooper mit übertriebener Vorsicht durch das Gelände. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen. Die Taschenlampe hielt er nach unten gerichtet und schirmte sie mit der Hand ab, damit ihr Lichtstrahl nicht schon von weitem zu sehen war. Einmal blieb er stehen und lehnte sich an einen Baum, um auszuruhen. Als er sich wieder aufrichtete, taumelte er wie ein Betrunkener. Als Fry nach seinem Arm griff, um ihn zu stützen, fand ihre Hand keinen Gegendruck. Seine Muskeln waren schlaff. In dem schwachen Licht konnte sie sein hohlwangiges Gesicht erkennen, die schweren Augenlider.
    »Sie sind ja völlig erledigt«, sagte sie. »Sie schaffen das nicht. Wir müssen umkehren.«
    »Noch nicht«, sagte Cooper. »Es geht schon wieder.«
    Er

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