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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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tatsächlich in der Hütte. Er hat eine Kerze an, und ich konnte sein Gesicht im Halbprofil erkennen.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Er ist es, hundertprozentig.«
    »Was machen wir jetzt?«
    »Soll das ein Witz sein? Wir nehmen ihn fest.«
    Fry seufzte. »Okay. Dann nehmen wir ihn eben fest.«
    Cooper drückte freundschaftlich ihren Arm. Sie biss sich auf die Lippe und schüttelte seine Hand energisch ab.
    »Es gibt nur eine Tür, und die hat kein Schloss«, sagte er. »Wir stürmen rein, einer links, einer rechts, und überrumpeln ihn. Das Reden übernehme ich, okay?«
    »Mir soll es recht sein.«
    Sie schlichen zur Hütte, blieben stehen und sahen sich an. Dann nickte Cooper, hob den Riegel an und trat die Tür auf. Schon war er drinnen. Er huschte nach rechts und überließ Fry die linke Seite.
    An der Rückwand der Hütte stand ein junger Mann über einen Tisch gebeugt. Eine Kerze warf ein zuckendes Licht auf sein Gesicht und malte seinen Schatten an die gegenüberliegende Wand. In dem Raum standen ein alter Stuhl und ein kleiner Schrank, auf dem Boden lag ein abgetretener Teppich. Es roch nach Erde und verschimmeltem Brot.
    Cooper steckte die Hand in die Jacke, um seinen Ausweis herauszuholen.
    »Lee Sherratt? Polizei.«
    Sherratt drehte sich um, langsam und bedächtig. Da erst sah Cooper die Waffe. Der junge Mann hielt sie in der Hand, als er die Hände vom Tisch nahm, sie kam hoch, der Lauf schwang auf Cooper zu. Sherratt umklammerte den Schaft mit solcher Kraft, dass seine Finger weiß wurden. Ein Zeigefinger glitt auf den Abzug zu, schloss sich um den Stahl und krümmte sich.
    Cooper blieb wie angewurzelt stehen, die rechte Hand noch in der Innentasche. Er konnte sich nicht bewegen, er konnte nicht denken. Seine Instinkte versagten. Das Letzte, was er erwartet hatte, war, in einer Wildererhütte zu sterben, auf einem fadenscheinigen Teppich, verdreckt mit Erde und alten Essensresten.
    Plötzlich tauchte Diane Fry auf. Sie war doppelt so schnell wie Sherratt. Sie holte mit dem gestreckten rechten Bein aus, traf Sherratt am Handgelenk und trat ihm die Flinte aus der Hand, sodass sie gegen die Hüttenwand flog. Noch bevor die Waffe auf dem Boden gelandet war, hatte sie den Fuß wieder gesenkt, sie verlagerte das Gewicht und schlug ihm mit der geschlossenen Faust von unten nach oben in den Solar plexus. Sherratt kippte rückwärts gegen den Tisch, sackte zu Boden und erbrach sich auf den Teppich. Fry sprang zurück, um keinen Fleck abzubekommen.
    »Sie sind nicht verpflichtet, eine Aussage zu machen, aber alles, was Sie sagen, kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden«, sagte sie.
    »Scheiße«, stöhnte Cooper.
    Fry kramte Plastikhandfesseln und Handy aus ihrer Jackentasche.
    »Natürlich hätte ich auch zuerst Verstärkung anfordern können«, sagte sie. »Aber wie ich schon sagte. Man muss auch mal eine Ausnahme machen können.«

15
    Und wo sind sie, Sir?«
    »Genau wissen wir es nicht. Vermutlich irgendwo auf dem Pennine Way.«
    »Aber der ist fast 400 Kilometer lang.«
    »Es soll sich um insgesamt 22 Personen handeln«, sagte DCI Tailby. »Und die müssen alle befragt werden, Paul?«
    DI Hitchens saß neben Tailby am Kopfende des Besprechungsraums. Offenbar rückte er im Fall Vernon allmählich wieder etwas mehr in den Vordergrund.
    »Die Wanderer, die auf dem Eden Trail gesichtet wurden, sind Studenten aus Newcastle, die einen einwöchigen Wanderurlaub machen. Unseren Erkenntnissen zufolge haben sie am Samstag in der Camping-Scheune in Hathersage übernachtet und wollten am Sonntag weiter, über Barber Booth zum Pennine Way. Aber das war vor fast vier Tagen; sie könnten inzwischen bis nach West- oder Nord-Yorkshire gekommen sein. Die örtlichen Polizeidienststellen fahnden nach ihnen.«
    Tailby nickte. »Diese Spur wird von DI Hitchens verfolgt. Sobald die Studenten gefunden sind, fährt er nach Yorkshire, um sie zu befragen. DC Fry wird ihn dabei begleiten.«
    Die Beamten tuschelten, dann wurde es wieder still im Raum. Ben Cooper bemerkte, dass sich der DI suchend nach Diane Fry umsah und sie angrinste.
    »Außerdem wird heute der Hilfsaufruf von Mr. und Mrs. Vernon aufgezeichnet, der dann später gesendet wird«, fuhr Tailby fort. »Natürlich versprechen wir uns dadurch nützliche Hinweise aus der Bevölkerung.« Er lächelte ironisch, als er an die Flut von Anrufen dachte, die über sie hereinbrechen würde, Anrufe, von Spinnern und Exzentrikern, Übereifrigen und Neurotikern, von Menschen, die

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