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Kuehles Grab

Titel: Kuehles Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Stadt.
    War Annabelles Vater überängstlich und voreilig gewesen? Packte er jedes Mal sofort alle Sachen, sobald irgendwo ein Mädchen vermisst wurde? Oder war Tommy so brillant?
    Bobby wollte mehr über diesen Tommy wissen. Und über Annabelles Vater.
    Natürlich waren alle guten Parkplätze vor dem Präsidium besetzt. Bobby fuhr viermal um den Block, dann hatte er Glück – ein Wagen parkte aus. Er manövrierte den Crown Vic in die Lücke, stieg aus, schloss die Türen ab und ging zum Eingang des Präsidiums. Das Erste, was ihm auffiel, nachdem er die Glastüren zum Morddezernat aufgestoßen hatte, war die Stille. Greta, das Mädchen am Empfang, starrte auf den Computerbildschirm. Ein paar der Jungs saßen an ihren Schreibtischen, schoben Papiere hin und her und machten einen niedergeschlagenen Eindruck.
    »Was ist los?«, fragte Bobby leise.
    »Tony Rocks Mutter«, flüsterte Greta.
    »O Gott.«
    »Er hat vor einer halben Stunde angerufen. Klang gar nicht gut. Sergeant Warren versucht ihn seither zu erreichen, aber er geht nicht ans Telefon.«
    »O nein.«
    »Wahrscheinlich braucht er Zeit für sich.«
    »Klar. Schrecklich. Wenn Sie erfahren, wann die Trauerfeier stattfindet …«
    »Ich sage allen Bescheid«, versprach Greta.
    Bobby nickte zum Dank und steuerte D. D.s Büro an. Sie telefonierte, hielt aber einen Finger hoch, als sie ihn sah. Er lehnte sich an den Türrahmen. Das Telefonat bestand von ihrer Seite hauptsächlich aus: »Ja, mhm, richtig.« Offenbar sprach sie mit einem Vorgesetzten.
    Plötzlich spürte Bobby die Erschöpfung. Das Spektakel im Wald. D. D. in den Klauen eines Rottweilers. Dann der Anruf bei Annabelle; ihre verängstigte Stimme. Die wahnsinnige Fahrt quer durch die Stadt, die Sorge, was er vorfinden würde.
    Hatte sich Annabelles Vater früher auch so gefühlt? So als würde das Leben vollkommen außer Kontrolle geraten? Als wäre er nicht imstande, von den Gleisen wegzukommen, obwohl er den Zug auf sich zurasen sah?
    Himmel, er brauchte ein paar Stunden Schlaf.
    Endlich legte D. D. auf. »Tut mir leid«, sagte sie knapp. »Rocks …«
    »Habe schon gehört.«
    »Natürlich fällt er für ein paar Tage aus.«
    »Klar.«
    »Das heißt …«
    »Hey, harte Arbeit ist gut für uns. Das bildet den Charakter.«
    »Und?«, fragte sie.
    »Russell Grangers echter Name lautet Roger Grayson. Er, seine Frau – Lucille Grayson – und ihre neugeborene Tochter Amy Grayson wurden von Rogers Bruder Tommy Grayson belästigt, als sie noch in Philadelphia wohnten. Roger war überzeugt, dass Tommy Lucilles Eltern erschossen hat, als sie mit Amy im Park waren. Kurz danach traf Roger Vorbereitungen, um mit seiner Familie nach Arlington zu übersiedeln und hier unter dem Namen Granger zu leben. Leider wusste er nicht, wie man sich eine neue Identität verschaffte, deshalb behielt er die Bankkonten auf den alten Namen und wurde auch bei der Steuerbehörde weiterhin als Grayson geführt. Laut Paul Schuepp, dem ehemaligen Fakultätsleiter am Massachusetts Institute, war Roger 1982 überzeugt, dass Tommy sie gefunden hatte. Deshalb arrangierte er die zweite Flucht. Diesmal machte er es richtig.«
    »Heilige Scheiße«, hauchte D. D.
    »Ich habe einen guten Freund gebeten, die Namen aller Graysons und ein paar andere durch den Computer laufen zu lassen. Tommy hat ein Vorstrafenregister, also dürfte er im System sein. Die Eine-Million-Dollar-Frage lautet: Ist Tommy in Massachusetts geblieben, als ihm die Familie seines Bruders wieder durch die Maschen geschlüpft war, oder hat er sich erneut auf die Suche gemacht? Und wo treibt er sich jetzt rum?«
    D. D. rieb sich die Schläfen. »Demnach ist Tommy Grayson unser Hauptverdächtiger?«
    »Tut mir leid, dich zu enttäuschen, aber ich glaube, Annabelles Vater ist wirklich tot.«
    »Aber dieser Auftritt als FBI-Agent …«
    »Russell hat dieselben Schlüsse gezogen wie wir – auch ihm ist Catherines Ähnlichkeit mit Annabelle sofort ins Auge gesprungen. Er fürchtete, dass Catherines Entführung Tommys Werk war. Und da er unter dem Radar bleiben wollte, konnte er nicht zur Polizei gehen. Er hat die Sache selbst in die Hand genommen.«
    »Aber Tommy war nicht Catherines Peiniger.«
    »Nein, Catherines Ähnlichkeit mit Annabelle ist reiner Zufall. Allerdings könnte Umbrios Methode Tommy dazu inspiriert haben, zwei Jahre später diese unterirdische Kammer als Versteck zu nutzen. Die beiden Fälle haben also nur entfernt miteinander zu tun.«
    »Und Christopher

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