Kuehles Grab
Unsere Vorgesetzten werden diesen Vorschlag lieben.«
»Ja«, gab Bobby zurück, seine Augenbrauen zuckten, »das werden sie tatsächlich, sobald du der Presse erklärt hast, dass du bereits einen Durchbruch in dem Fall zu verzeichnen hast und bald nicht nur eine, sondern gleich zwei potentielle Zeuginnen vernehmen wirst.« Bobby erhob sich und ging zur Tür.
»Was meinst du mit ›zwei potentielle Zeuginnen?‹«, rief ihm D. D. nach. »Catherine Gagnon ist nur eine.«
»Oh, habe ich das nicht erwähnt? Ich beabsichtige, Annabelle Granger mit einzubeziehen. Als Gegenleistung für ihre Kooperation verlangt Catherine, Annabelle Granger kennenzulernen.«
11
Bobby hatte Glück im Apartmenthaus im North End; einer der Mieter kam aus dem Haus, als er die Tür erreichte. Der Mann musterte ihn und hielt ihm dann höflich die Tür auf. Bobby suchte an der Briefkastenreihe den richtigen Namen. Er musste bis in die oberste Etage. Hätte er sich das nicht denken können? Aber ein bisschen Bewegung konnte nicht schaden – mehr Training würde er in der nächsten Zeit nicht bekommen. Er nahm die Treppe in Angriff und dachte an die guten alten Tage als Mitglied einer Eliteeinheit. Sie waren durch Rauch gekrochen, hatten sich von Hubschraubern abgeseilt, waren durch Schlamm gerobbt, nur das Ziel vor Augen und die Atemzüge des nächsten Kameraden im Ohr.
Im dritten Stock machte sich der Schlafmangel bemerkbar. Seine Schritte verlangsamten sich, und er fing an zu keuchen. In der vierten Etage musste er sich den Schweiß von der Stirn wischen. Es wurde definitiv Zeit, dass er seinen Hintern wieder in ein Fitnessstudio schleppte.
Er verschnaufte auf der letzten Stufe. Noch ehe er sich bemerkbar machen konnte, hörte er einen Hund in der Wohnung winseln. Er entschied sich, nur leise anzuklopfen. Der Hund sprang von innen gegen die Tür, knurrte und kratzte.
Eine Frauenstimme rief: »Bella, lass das! Oh, um Himmels willen!«
Die Tür öffnete sich nicht. Damit hatte Bobby auch nicht gerechnet. Er hörte, wie die Metallklappe vom Spion geschoben wurde.
»O verdammt!«, sagte Annabelle Granger. Überaus freundlich klang das nicht.
»Detective Bobby Dodge«, sagte er höflich. »Ich habe noch ein paar Fragen …«
»Was, zum Teufel, machen Sie hier? Ich habe Ihnen meine Adresse nicht gegeben.«
»Na ja, ich bin Detective.«
Schweigen.
Er hielt den Zettel mit ihrer Telefonnummer vor den Spion. »Das Telefonverzeichnis. Ich habe Ihre Nummer eingegeben, und, voilà, der Computer spuckte Ihren Namen und die Adresse aus.«
»Ich kann es nicht fassen, dass Sie mit keinem Wort diese Erdgrube erwähnt haben«, rief sie durch die geschlossene Tür. »Wie konnten Sie mir gegenübersitzen, mich nach Informationen ausquetschen und solche Details zurückhalten? Insbesondere als Ihnen klar war, dass eines dieser toten Mädchen meine beste Freundin sein könnte!«
»Offensichtlich haben Sie die Nachrichten im Fernsehen gesehen.«
»Ich und ganz Boston.«
»Hören Sie, wir stehen alle auf derselben Seite. Wir wollen wissen, was mit Ihrer Freundin passiert ist, und diesen elenden Hurensohn schnappen, der ihr das angetan hat. Meinen Sie, Sie könnten mich für einen Moment hereinlassen?«
»Nein.«
»Wie Sie wollen.« Er fasste in seine Jackentasche, beförderte einen Minirekorder, einen Spiralblock und einen Stift zutage. »Gut …«
»Was haben Sie vor?«
»Ich stelle meine Fragen.«
»In einem Treppenhaus? Was ist mit meiner Privatsphäre?«
Bobby zuckte mit den Schultern. »Sie bestimmen die Regeln, ich spiele mit.«
Er hörte, wie zwei schwere Riegel zurückgeschoben wurden. Eine Kette klirrte. Dann folgten ein dritter und vierter Riegel in Bodennähe. Annabelle Granger nahm ihre Sicherheit sehr ernst. Dann riss sie die Tür auf. Etwas Weißes blitzte auf, und ein Hund warf sich mit schrillem Kläffen gegen Bobby. Annabelle machte keine Anstalten, das Tier zurückzuhalten. Sie beobachtete Bobby mit leicht zusammengekniffenen Augen.
Bobby streckte eine Hand aus. Der Hund machte keine Anstalten zu beißen, sondern begann um ihn herumzuhüpfen.
»Ein Hütehund?«
»Ja.«
»Border Collie?«
»Die sind schwarzweiß.«
»Australian Shepherd?«
Annabelle nickte.
»Hat er auch einen Namen?«
»Bella.«
»Hört sie auch irgendwann auf zu bellen?«
Annabelle hob eine Schulter. »Sind Sie schon taub?«
»Fast.«
»Dann dauert es nicht mehr lange.«
Vorsichtig betrat er die Wohnung. Bella drückte sich von hinten an seine
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