Kuehles Grab
Kinder, aber keines hat einen blassen Schimmer, wovon Mr. Granger spricht. Mr. Granger wird immer ungehaltener; er ist überzeugt, dass der Spanner der heimliche Verehrer ist, und das bedeutet, dass es ein erwachsener Kerl auf seine kleine Tochter abgesehen hat. Er verlangt sofortigen Polizeischutz. Stan-n-Dan reden ihm das aus. Immerhin wurde wieder kein Verbrechen verübt. Und es ist nach wie vor denkbar, dass der heimliche Verehrer ein Klassenkamerad von Annabelle ist. Sie versprechen, das zu überprüfen.
Stan-n-Dan verabschieden sich, verfassen einen Bericht und leiten ihn weiter an einen Detective. Aber es gibt, wie gesagt, kein Verbrechen. Stan-n-Dan gehen trotzdem gewissenhaft vor. Sie hören sich in der Schule um und sprechen mit der Rektorin über Annabelles Klassenkameraden. Die Befragung ergibt nichts Brauchbares. Falls ein Mitschüler Annabelles heimlicher Verehrer ist, hat er zu viel Angst, um sich zu erkennen zu geben.
Diese Information kam zu den Akten, genau wie der gesamte Fall. Was hätte man noch tun sollen? In den Aufzeichnungen steht, dass Mr. Granger noch viermal angerufen und nach Antworten gefragt hat, aber es gab keinerlei Erkenntnisse. ›Halten Sie die Augen offen, und rufen Sie uns wieder an, wenn es Probleme gibt.‹ Bla, bla, bla.
Am 19. Oktober um dreiundzwanzig Uhr fünf ruft Mr. Granger wieder die Polizei an und verlangt sofortige Hilfe. Ein Eindringling sei in seinem Haus. Vier Streifenwagen werden losgeschickt. Stan-n-Dan schnappen die Meldung über Funk auf und fahren sofort los; sie machen sich Sorgen um die Familie.
Im Haus der Grangers ist der Teufel los, als sie dort ankommen. Granger steht im Schlafanzug auf der Veranda und schwingt einen Baseballschläger. Der Mann bekommt fast eine Kugel von den Cops ab, die als erste vor Ort auftauchen – das können Stan-n-Dan gerade noch verhindern. Dan notiert in seinem Protokoll, dass Granger abgehetzt aussieht. Offenbar hat Granger in diesen Tagen nicht viel geschlafen und seit dem letzten Zwischenfall die Nächte am Fenster verbracht, um Wache zu halten.
Es stellt sich heraus, dass Mr. Granger eine Notlüge gebraucht hat. Bei genauerem Nachfragen gesteht er ein, dass niemand in sein Haus eingebrochen ist. Er hat lediglich draußen Geräusche gehört. Granger dachte, die Polizei würde die Sache wieder nicht ernst genug nehmen, deshalb hat er bei dem Anruf übertrieben. Die meisten Cops nehmen ihm das übel, aber auch dann noch fühlen sich Stan-n-Dan irgendwie verpflichtet, etwas zu unternehmen. Sie patrouillieren öfter durch das Viertel und halten nach Verdächtigem Ausschau. Ihnen fallen ein paar Veränderungen auf: Mr. Granger hat etliche Sträucher am Haus entfernt und zwei Bäume gefällt. Der Garten ist jetzt sehr übersichtlich, und es gibt kaum Ecken, wo sich jemand verstecken kann. Die beiden halten Granger für reichlich paranoid, bis sie sich Annabelles Fenster genauer ansehen: Am Rahmen sind tiefe Spuren wie von einem Stemmeisen zu sehen. Jemand hat versucht, das Fenster aufzuhebein.«
»Aber Annabelle geht's gut?«, warf D. D. mit einem Stirnrunzeln ein.
»Absolut. Sie schläft nicht mehr in ihrem Zimmer. Mr. Granger und seine Frau haben sie schon nach dem Ereignis mit dem Spanner in ihrem Schlafzimmer einquartiert. Von allen drei Vorfällen hat das Kind nichts mitbekommen. Und was Mrs. Granger betrifft, so weiß ich gar nichts. Die Cops haben sie nicht ein einziges Mal vernommen. Wie es scheint, hat Mr. Granger das Reden übernommen, und seine Frau war immer bei Annabelle im Haus.«
D. D. verdrehte die Augen. Bobby wusste genau, was sie dachte: schlampige Polizeiarbeit. Beide Elternteile hätten befragt werden müssen – getrennt voneinander –, genau wie das siebenjährige Kind. Aber nach fünfundzwanzig Jahren war daran nichts mehr zu ändern.
»Wegen der Einbruchspuren am Fenster«, fuhr Bobby fort, »führen Stan-n-Dan eine Befragung in der Nachbarschaft durch. Mrs. Watt, die Nachbarin von gegenüber, ist ziemlich durcheinander. Sie hat in der Nacht zuvor nicht gut geschlafen, weil die Mäuse auf dem Dachboden so viel Lärm gemacht haben.«
»Die Mäuse?«
»Darüber wundern sich Stan-n-Dan auch. Sie laufen die Treppe hinauf. Auf dem Dachboden stöbern sie ein Nest auf – einen benutzten Schlafsack, Taschenlampe, Dosenöffner, Wasserflaschen und einen leeren Plastikeimer, der dem Eindringling offensichtlich als Latrine gedient hat.«
»Bitte sag mir, dass dieser Plastikeimer noch in der
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