Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kuehles Grab

Titel: Kuehles Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
Vom Netzwerk:
Boden lag. Dann richtete er den Blick auf Christopher und grinste.
    ›Gute Neuigkeiten, Mann …‹, begann Eola, Mr. George holte aus und schlug Christopher nieder. Ein solider linker Haken. Danach ging er wieder in sein Bett. Einer der anderen Patienten lief hinunter ins Büro und nahm den Telefonhörer ab. Ohne Eola wussten die anderen nicht, was sie tun sollten.
    Die Pfleger aus anderen Stationen eilten herbei und stellten die Ordnung wieder her. Am folgenden Morgen wachte Rob auf und fragte nach seiner Mutter. Sechs Wochen später wurde er entlassen. Angeblich erinnerte er sich nicht mehr an diese eine Nacht. Ärzte haben mir erklärt, dass die ersten Bewegungen von Patienten, die aus einem katatonischen Zustand erwachen, meist reine Reflexe sind, die dem Muskelgedächtnis entspringen.«
    »Was passierte mit Christopher?«
    »Die Mitpatienten verpetzten ihn, und seine Vergehen genügten, um ihn nach Bridgewater zu überstellen, wo kriminelle Geistesgestörte untergebracht waren. Ich habe nie wieder was von ihm gehört. In dieser Klinik hier –«, Charlie deutete auf den Boden, »– wurden die Patienten behandelt und irgendwann womöglich als geheilt entlassen. Bridgewater hingegen … wer da hinkam, den sah man wahrscheinlich nie wieder.«
    Sergeant Warren zog eine Augenbraue hoch. »Reizend.«
    Charlie zuckte mit den Achseln. »So war das eben.«
    »Aber er könnte entlassen worden sein«, fragte Dodge.
    »In den späten siebziger Jahren schrumpften in allen psychiatrischen Kliniken die Patientenzahlen. Das führte nicht nur dazu, dass das Boston Mental geschlossen wurde, es betraf alle Kliniken dieser Art.«
    Charlie nickte. »Das stimmt. Eine verdammte Schande, wenn Sie mich fragen.« Wieder neigte er den Kopf. »Wissen Sie, was mich damals hier gehalten hat. Die vier Jahre als Pfleger und später die sechs Jahre als freiwilliger Seelsorger? Ich habe Ihnen von den schrecklichen Dingen erzählt, die Geschichten, die alle über eine psychiatrische Einrichtung hören wollen, aber in Wahrheit war diese eine gute Klinik. Wir hatten Patienten wie Rob George, die mit der richtigen Behandlung gesund wurden und zu ihren Lieben nach Hause gehen konnten.
    Der zweite Kerl, der mich fast umgebracht hätte, war ein Straßenjunge namens Benji. Auch er sah gut aus – ein hübscher italienischer Typ, aber brutal und wild. Die Polizei hat ihn hergebracht. In der ersten Woche blieb Benji in der Gummizelle – splitterfasernackt. Er schmierte seine Fäkalien an die Wände und auf seinen Körper. Man konnte nur noch die weißen Augäpfel in der Dunkelheit sehen.
    Eines Tages, als ich nach ihm sah, sprang er auf meinen Rücken und würgte mich. Zum Glück kam ein anderer Pfleger noch rechtzeitig dazu. Aber wissen Sie was? Er entwickelte sich zu einem guten Jungen. Regression, nannten die Ärzte das. Ein Trauma hatte ihn in das Stadium eines Zweijährigen zurückversetzt; er wollte nicht reden, essen, die Toilette benutzen oder sich anziehen. Doch sobald wir ihn wie einen Zweijährigen behandelten, kamen wir großartig mit ihm zurecht. Ich las ihm sonntags Kinderbücher vor und sang alberne Lieder mit ihm. Mit ein wenig Zeitaufwand, der richtigen Therapie und menschlicher Wärme wurde Benji vor unseren Augen wieder erwachsen. Nach zwei Jahren ging es ihm so gut, dass ihn eines unserer Vorstandsmitglieder in der Boston Latin einschrieb. Tagsüber ging er zur Schule, und nachts schlief er hier in seinem Zimmer. Oft büffelte er im Aufenthaltsraum inmitten des Chaos. Benji machte seinen Abschluss, bekam einen Job und zog auf eigenen Wunsch hier aus. Ohne diese Klinik hätte er all das nicht erreicht.« Charlie schüttelte betrübt den Kopf. »Die Leute betrachten es als Zeichen des Fortschritts, wenn eine solche Einrichtung geschlossen wird. Dreitausend Menschen wurden hier behandelt. Glauben Sie wirklich, die Störungen, an denen sie litten, gibt es nicht mehr? Geisteskrankheiten sind lediglich in den Untergrund gerutscht, in die Obdachlosenasyle und Stadtparks. Aus den Augen, aus dem Sinn der Steuerzahler. Es ist eine himmelschreiende Schande.«
    Charlie seufzte und schüttelte wieder den Kopf. Eine kleine Weile verstrich. Dann straffte er die Schultern und hielt Warren das Blatt Papier hin. »Ich habe eine Karte von dem Gelände gezeichnet. Eine Karte, wie es hier aussah, bevor die Gebäude eingerissen wurden. Ich weiß nicht, ob Ihnen das bei den Ermittlungen hilft, aber nach allem, was ich gehört habe, handelt es sich um ein

Weitere Kostenlose Bücher