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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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den Sack. Wie sollte ich mich so auf Martin konzentrieren, wenn ich meine eigenen Gedanken kaum verstehen konnte?
    »Hörst du diesen Lärm nicht?«, fragte ich ihn.
    »Warum brüllst du so?«, fragte Martin zurück.
    »Weil es hier unerträglich laut ist«, brüllte ich.
    Martin schüttelte den Kopf, als wolle er eine Fliege verscheuchen. Na super.
    Er zückte eine Stablampe, leuchtete den Patienten in die Augen, betrachtete die Anzeigen auf den medizinischen Geräten, las die Aufzeichnungen, die in den Karteikarten am Fußende des Bettes standen, und fragte zwischendurch tausend Sachen. Er machte Reflextests bei Edi, aber da sie immer noch die Heulboje spielte, schickte ich ihn zu Jo und dolmetschte Martins Fragen und Jos Antworten.
    »Warst du bewusstlos?«   – »Ja.«
    »Wie lang?«   – »Keine Ahnung.«
    »Kannst du das fühlen, wenn ich deinen Körper berühre?«   – »Nö.«
    »Kannst du hören und sehen?«   – »Ja.«
    »Ist dir schwindelig?«   – »Nö.«
    »Hast du Erinnerungslücken?«   – »Direkt nach dem Aufprall, da ist es irgendwie verschwommen.«
    »Fühlst du dich normal?«   – »Was heißt normal?«
    Martin dachte in Kategorien wie himmlisch friedlich oder irdisch menschlich, und ich konnte ihm sehr deutlich machen, dass die Höllenbrut verdammt wenig friedlichsondern stattdessen zickig, besserwisserisch, rassistisch und egozentrisch war.
    »Das ist übertrieben«, schrie Jo gegen Edis Geheul an.
    Ich hielt es für unter meiner Würde, darauf überhaupt zu antworten.
     
    Edis Mutter hatte die ganze Untersuchung und die danach folgende stille Einkehr (so musste Martins Reglosigkeit auf sie wirken, denn von unserer Unterhaltung bekam sie ja nichts mit) mit wachsender Nervosität beobachtet.
    »Geht es ihr gut?«, fragte sie.
    Martin zuckte zusammen, drehte sich zu ihr um und lächelte. »Oh, ja, da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.«
    Er nahm das Krankenblatt, warf einen Blick darauf und kontrollierte dann die Infusionsbeutel.
    »Der behandelnde Arzt hat die Kinder in ein künstliches Koma versetzt, um den Heilungsprozess zu fördern«, erklärte Martin mir. »Ich hätte nie gedacht, dass die Seelen dadurch, äh, frei werden.«
    »Tja, so ist es aber nun leider«, sagte ich.
    »Wird Edi wieder ganz gesund?«, fragte Edis Mutter.
    Martin schickte mir die Frage weiter.
    »Na ja«, sagte ich zögernd. »Ich weiß nicht, auf welche Distanz die Seele zurück in den Körper findet.«
    Martin runzelte die Stirn. »Was heißt das?«
    »Ich habe da eine Theorie: Wenn die kleinen Scheißer zur Stelle sind, sobald das künstliche Koma beendet wird, müssten sie eigentlich problemlos wieder in ihre Körper kommen«, erklärte ich. »Falls nicht   …«
    Er blickte entsetzt.
    Edis Mutter hatte Martin beobachtet und die Veränderung des Mienenspiels bemerkt. »Was ist los? Ist es doch schlimmer als gedacht?«
    »Nein, seien Sie beruhigt«, sagte Martin schnell. »Ich möchte Sie aber um einen Gefallen bitten, und das ist wirklich sehr, sehr wichtig.«
    Sie nickte eifrig.
    »Sobald einer der anderen Ärzte Ihnen ankündigt, dass das Koma aufgehoben wird, rufen Sie diese Nummer an und sagen mir sofort Bescheid. Jederzeit, hören Sie?«
    Er streckte ihr eine Visitenkarte hin, sie blickte darauf und schlug die Hand vor den Mund. Institut für Rechtsmedizin ist ein Begriff, der bei den meisten Leuten Angst und Schrecken hervorruft.
    Vollkommen zu Recht, wenn Sie mich fragen.
    »Warum? Was hat ein Rechtsmediziner damit zu tun?«
    »Äh, weil, weil   …« Martin brach der Schweiß aus.
    »Oh Mann, was ist denn mit dem los?«, fragte Jo genervt.
    Ein Geistesblitz half Martin aus der Klemme. »Nun, die Kinder wurden bei einem Unfall verletzt und die Rechtsmedizin untersucht ja nicht nur die Toten, sondern auch lebende Unfall- oder Gewaltopfer. Wir sind also quasi von Rechts wegen zuständig. Die Ärzte hier am Klinikum arbeiten eng mit uns zusammen, aber es könnte sein, dass wir noch einmal eigene Untersuchungen durchführen wollten, und daher müssten wir dann vorher wissen, wann die Beendigung des Komas geplant ist. Der behandelnde Arzt könnte diese Information im Eifer des Gefechts vielleicht mal vergessen, daher sind Sie mein Joker.«
    Martin faselte etwas von einem Joker, obwohl er mit absoluter Sicherheit niemals in seinem ganzen Leben einen Satz Spielkarten in der Hand gehalten hatte.
    »Ach so.« Edis Mutter lächelte erleichtert. »Entschuldigung, ich kenne mich mit solchen

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