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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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Ich hing eine ganze Weile bei Edi und Jo herum, beobachtete Jos Vater, der aus einem ›Winnetou‹-Buch vorlas und dabei die ganze Zeit die Hand seines Sohnes hielt. Edis Mutter war nicht im Zimmer, daher flog ich nah an Edi heran, um festzustellen, ob ich in ihrer Nähe etwas spürte, aber da war nichts. Auch nicht bei Bülent, dessen Bett wieder von diversen Haremsdamen umlagert wurde, oder bei Niclas, dessen Mutter ich auf dem Flur mit einer Schwester hatte streiten sehen. Kein Fünkchen von vorlauten Seelchen. Entweder waren die Heulbojen wieder ganz   – oder sie hatten sich weggeschaltet. Im Moment jedenfalls sah es so aus, als ob ich hier nichts erreichen konnte, also folgte ich Gregor und Jenny nach Hellenthal.
     
    Die Eifel ist ein Landstrich mit vielen Bäumen, ekligem Wetter und Wanderern in Kniebundhosen. Zu meinen Lebzeiten hatte ich die Gegend konsequent gemieden. So musste selbst ich der Autobahnbeschilderung folgen, da ich keine Ahnung hatte, wie ich sonst nach Hellenthal hätte kommen sollen. Gleichzeitig mit Gregor und Jenny kam ich an der Jugendherberge an. Ich folgte ihnen aber nicht hinein, denn ich hatte schon beim Anflug gesehen, wo der Tanz abging. Der Hochseilgarten lag der Jugendherbergegegenüber und war nicht zu verfehlen. Er war zu meiner großen Überraschung überdacht, also auch für weich gespülte Stadtwichtel geeignet. Diese turnten in mehr oder weniger lächerlicher Ausrüstung auf diversen Kletterwänden, Plattformen und Laufstegen in unterschiedlichen Höhen herum. Jedes dieser behelmten Eichhörnchen war über ein langes Seil gesichert. Also, was man so gesichert nennt. Das Ende des Seils wurde von ebenso dämlich aussehenden Kids mit Blechdeckeln auf der Birne festgehalten. Die Panik stand in mehr als einem Gesicht wie ein dickes fettes Ausrufezeichen zwischen den aufgerissenen Augen. Und zwar unten wie oben. Was für ein abgefahrenes Spiel war das denn? »Saw 5: Sieh dir selbst beim Absturz zu«?
     
    Zwischen all den Losern mit den knallrot angemalten Schädelschüsseln und den Rotzspuren unter der Nase stach ein Typ heraus, der aussah, als wäre er direkt aus dem aktuellen Indiana-Jones-Film in die tiefste Eifel gebeamt worden: Dominic Nolde. Dass er es war, erfuhr ich, als Gregor und Jenny endlich im Hochseilgarten auftauchten, sich dem anwesenden Lehrer vorstellten und dieser mit dem Finger auf den Star der Veranstaltung zeigte. Dominic stand mit den Zehenspitzen auf dem Rand der allerhöchsten Plattform geschätzte zwölf Meter über der Erde und ließ sich langsam hintenüber ins Nichts fallen. Ganz, ganz langsam. Am Boden hing eine Traube von vier Seilgroupies am Strick und versuchte, das zunehmende Gewicht durch kontrolliertes Führen des Seils langsam und gleichmäßig zu Boden zu lassen. Das Auftauchen der Bullerei, die mit dem Möchtegernstuntman plaudern wollte, brachte den Strick kurzzeitig zum Ruckeln und entlockte dem hängenden Dominic einen nervösen Blick zum Boden. Aha, ganz aus Stahl waren seine Nerven also doch nicht.
     
    Dominic erreichte mit leicht blasser Gesichtsfarbe endlich den sicheren Boden, schnallte sich vom Seil ab, gab den Strippenziehern reihum die Hand und folgte dann Gregors Ruf zu einem freundlichen Gespräch. Der Erlebnispädagoge mit der Blechmütze warf ihnen neugierige Blicke nach.
     
    Gregor stellte sich und Jenny vor, wobei Dominic offensichtlich Gefallen an Jennymaus fand.
    »Hallo, Dominic. Darf ich Du sagen?«
    »Ist schon okay, auch wenn wir ab der Oberstufe eigentlich gesiezt werden.«
    Ja, was denn nun? Eigentlich bin ich schon groß, aber weil du ein Bulle bist, lasse ich mir alles gefallen?
    »Wir möchten dir einige Fragen stellen über deine Beziehung zu Yasemin Özcan. Wie lang wart ihr befreundet?«
    »Was ist mit Yasemin?«, fragte Dominic. Er blickte erst Gregor und, als der nicht antwortete, Jenny an. Die wurde rot.
    »Bitte beantworte die Frage.« Das kam von Gregor.
    »Ist ihr etwas zugestoßen?«
    »Wie kommst du darauf?«
    Mann, Gregor, blöde Frage. Dominic sah aus, als wolle er genau das auch gerade sagen, aber dann sackten die Mundwinkel wieder runter. »Was soll ich denn davon halten, dass die Polizei hier aufkreuzt und Fragen über sie stellt?«
    »Fragen ist ein gutes Stichwort«, entgegnete Gregor ohne jeglichen Humor. »Also, wie lang wart ihr befreundet?«
    »Fast ein Jahr.«
    Wow, ein Jahr! In dem Alter ist das wie halb lebenslänglich.
    »Warum habt ihr euch getrennt?« Wieder Gregor.
    Dominic blies

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