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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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von Wasserpfeifen und von Zigarillos und Pomade und Schweiß verdrängten alles, was der Mensch zum Atmen braucht. Zum Glück hielt sich hier niemand an das Rauchverbot, denn dann wären die Ausdünstungen der Kundschaft völlig unerträglich gewesen. Daran hätten die europäischen Gesetzesheinis mal denken sollen, als sie den desinfizierenden Qualm aus derartigen Etablissements vertrieben. Ein Pumakäfig ist nichts gegen einen Zappelbunker mit Rauchverbot. Deshalb hatte sich das Nikotinverbot ja auch nie flächendeckend durchgesetzt.
    Martin wurde von jemandem angerempelt, landete mit dem Gesicht im Dekolleté einer ungefähr zweihundert Kilo schweren Negermama und fand sich augenblicklich im Schraubstockgriff eines Typen wieder, der die Negermama um mindestens hundert Kilo überbot.
    »Verpiss dich, du Wichser«, flüsterte der Bodyguard Martin ins Ohr und gab ihm einen freundlichen Schubs. Martin landete vier Meter weiter auf dem Boden. Ein Stilettoabsatz knallte zwischen seinem Zeige- und Mittelfinger der linkenHand aufs Parkett, woraufhin er beide Hände reflexartig vor der Brust verschränkte. Er rollte sich zusammen wie ein Igel und schrie, als zwei Hände nach ihm griffen.
    Der kahlköpfige, halb nackte Kerl mit Muskeln wie ein Nilpferd auf Anabolikatrip ließ sich von dem Gezeter nicht ablenken, stellte Martin vorsichtig auf die Füße, zupfte ihm das Oberhemd und den Pullunder zurecht und tätschelte vorsichtig seine Wange. Als er sich umdrehte, um zu seinem bunten Drink zurückzugehen, konnten wir die zwei Feuerwaffen an seinem Gürtel sehen.
    Martin senkte den Kopf wie ein Stier, der zum Angriff übergeht, und stapfte Richtung Tür. Nur hatte er sich in der Richtung vertan. Die Ladies vor dem Schminkspiegel im Damenklo erstarrten und stierten ihn an wie einen Außerirdischen. Martin selbst erschrak genauso, stammelte eine Entschuldigung, während sein Kopf wie eingeschaltet zu leuchten anfing, und trat hektisch den Rückzug an.
    »Martin, nun mach dich mal locker«, schlug ich vor.
    »Locker?«, ranzte Martin mich gedanklich an, während er die Klotür zuschlug und sich auf die Zehenspitzen stellte, um den Ausgang zu finden. Ich half ihm gnädig, denn von meiner Position einen guten halben Meter über seinem Kopf war die Orientierung natürlich deutlich einfacher.
    »Diese Leute, die hier herumhängen, sind der Hauptteil meiner Kunden.«
    Ich freute mich, dass Martin das Wort Kunden benutzte, denn eigentlich heißen die Leichen im Institut Probanden. Blödes Wort. Von Kunden zu sprechen, hatte ich ihm beigebracht. Klang doch viel netter. Auch lässt sich das Wort Kunden zu schönen Begriffen kombinieren wie Kundenfreundlichkeit, Kundenparkplatz (Kühlfach) oder Kundenkarte (das ist das Zettelchen am Zeh   – für alle Nullchecker!).
    »Du weißt doch selbst am besten, dass diese Leute in ihren Kreisen morden«, erinnerte ich ihn. »Wie oft hast duUnbeteiligte auf dem Tisch? Einmal pro Jahr? Warum sollte es da gerade dich treffen?«
    »Weil ich immer derjenige bin, der die doofen Fragen stellt.«
    Okay, damit hatte er einen Punkt für sich, denn Martin stellt wirklich doofe Fragen. Allerdings hatte er hier noch gar nicht damit angefangen, was ich persönlich wirklich sehr bedauerte. Immerhin waren wir zum Fragen hier.
    Martin wühlte sich inzwischen durch die Menge wie ein Preisboxer nach der Niederlage und fühlte sich vermutlich auch so. Ich seufzte. Kein Ermittler dieser Welt hätte mit einem Assistenten wie Martin jemals Serienpotenzial erreicht. Selbst Derrick nicht.
    Martin hatte die Eingangstür erreicht und streckte die Hand aus, um sie aufzudrücken, als sie von außen aufgezogen wurde. Herein traten die Tussi, die wir suchten, und ihr innen und außen verfetteter Begleiter. Martins Hand landete auf der linken Hupe der Tussi.
    »Oh, was für eine Begrüßung«, kreischte die Schachtel, während sie Martin ungläubig von oben bis unten anglotzte. »Siehst aus wie ein Buchhalter in Kur und greifst zu wie ein schwuler Masseur.« Sie lachte schrill.
    Ihr fetter Begleiter hatte von der Fummelei zum Glück nichts mitbekommen, daher überlebte Martin diese Begegnung, dennoch war er total geschockt und zitterte unkontrolliert.
    »Das ist sie«, rief ich, weil er offenbar noch nichts geriffelt hatte. »Bleib an ihr dran!«
    Jetzt wurde ihr Begleiter auf Martin aufmerksam, der bleich und schlaff im Weg stand und das Durchkommen behinderte.
    »Hey, Opa, verpiss dich von der Tür«, knurrte der Fettsack.

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