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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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an.
    »Raus!«
    Martin schüttelte wieder den Kopf und sandte Hilferufe in meine Richtung. Mein Gott, er wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Haben Sie das Handy wieder im Schuh dabei?«, fragte er nach Hilfestellung meinerseits, wobei ich die Schlampe geduzt hatte.
    Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.
    »Sie haben ziemlichen Ärger mit Ihrem Begleiter riskiert, um die Sanitäter zu rufen, als Akif Akiroglu angeschossen wurde. Warum?«
    Ich hatte Zoff und Fettsack getextet, aber was soll’s.
    »Woher weißt du das, Bürschchen?«, fragte sie so leise, dass ich mir nicht sicher war, ob ich es wirklich gehört hatte.
    »Ich suche eine Frau, die gekidnappt wurde. Sagen Sie mir, wo sie ist, dann lasse ich Sie in Ruhe. Ich will nur die Frau finden.«
    Sie war geschockt, eindeutig, aber sie hatte sich schnellwieder im Griff. »Keine Ahnung, wovon du redest, Süßer. Ich hoffe, du findest die Frau deiner Träume. Ein Damenklo ist schon kein schlechter Ort zum Suchen.«
    Sie lachte schrill über ihren eigenen Witz, drehte sich um und stöckelte in den hinteren Bereich, in dem die Kabinen lagen. Martin schlich zwischen den herein- und hinausdrängenden Weibern durch die Tür, ich folgte meiner Neonbiene. Sie hockte über dem Klo, es plätscherte. Gleichzeitig quatschte sie in ihr Telefon.
    »…   mir keinesfalls folgen. Oder mich noch mal ansprechen. Greif ihn ab!«
    Dann lieferte sie eine durchaus zutreffende Beschreibung von Martin, in der die Wörter Hampelmann und Jammergestalt auftauchten.
    Ich düste zu Martin und fand ihn draußen auf dem Parkplatz. Manchmal kann er echt schnell sein. Vor allem, wenn die Bewegungsrichtung mit Flucht zu tun hat.
    Ich lobte ihn für seinen Einsatz, wie ich es im Frühstücksfernsehen gelernt hatte, denn regelmäßiges Lob erhöht die Bereitschaft zu wiederholter Hilfe, und darauf war ich ja nun leider angewiesen. Von der drohenden Gefahr sagte ich ihm lieber nichts, das hätte ihn nur unnötig nervös gemacht. Stattdessen behielt ich die Umgebung großräumig im Blick und bemerkte daher den Wagen, der genauso wenig in diese Gegend passte wie Martins Ente. Ein uralter Volvo-Kombi mit einem abblätternden Elch-Aufkleber an der Heckklappe. War heute Abend Familientag in Kölns coolstem Gangsta-Club? Der Fahrer drehte eine Runde über den Parkplatz, stellte den linksalternativen Gesinnungswimpel ab, stieg aber nicht aus.
    Martin hatte seine Ente erreicht und stieg auf das zerschlissene Klappstühlchen, das in diesem Gefährt den Fahrersitz darstellt. Wie immer trieb mir das Geräusch, mit dem die Dosenblechtür zufiel, die Tränen in die Augen.
    »Gute Nacht«, wünschte ich ihm, dann drehte ich ab. Es geht mir aufs Gemüt, die Schunkelbüchse längere Zeit ertragen zu müssen, daher ließ ich Martin allein davonknöttern und checkte von oben, ob er verfolgt wurde. Wurde er nicht. Auch der seltsame Volvo blieb, wo er war. Gut.
     
    Ich verbrachte die nächsten Stunden bei der Neonbiene mit den Rettungssandalen, konnte aber nicht herausfinden, warum sie für Akif das Schutzengelchen gespielt und ob sie etwas mit dem Familienväterchen im Volvo zu tun hatte. Sie verhielt sich wie ein typisches Anhängsel eines dicken Daddys, der seine Kohle mit einer Beschäftigung verdiente, die in den Berufsstatistiken beim Arbeitsamt keine eigene Kennziffer hatte. Überraschend war allein die Tatsache, dass der Dicke sich spätnachts im heimischen Luxus nicht etwa über die Rettungssandalenträgerin hermachte, sondern im eigenen Schlafzimmer zu Jackos größten Hits in Frauenklamotten herumhüpfte. Unappetitlich   – und sicher geschäftsschädigend, wenn es denn herausgekommen wäre.

ZEHN
    Sonntag, 09   Uhr 30
    Der Sonntagmorgen startete wie erwartet. Birgit aß ihr Frühstück dreimal hintereinander, Martin versuchte, sie von Kaffee, schlechten Nachrichten und Handystrahlung fernzuhalten, und ich hielt es jetzt schon nicht aus, dass ein noch nicht einmal geborener Zellklumpen der glibberige Mittelpunkt meines Universums war. Ich schaltete mich weg und landete, nach ziellosem Hin und Her bei meiner Geistertruppe. Warum gerade da? Sicher nicht aus Pflichtgefühl oder wegen romantischer Überlegungen über Kinder, die unsere Zukunft bedeuten. Weit gefehlt. Vielmehr erhoffte ich mir dort etwas, das ich an diesem ruhigen Sonntagmorgen nicht einmal in der Notaufnahme des Krankenhauses fand: Action.
    Was ich fand, war natürlich wieder einmal Märchenstunde, türkisches Familientreffen und   –

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