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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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ist nicht so wahnsinnig schwer, wenn ich Kontakt zu Martin habe und mich dann entferne, aber es ist ziemlich schwierig, wenn ich den Kontakt erst herstellen will, aber nicht weiß, wo er ist. Ich muss gewissermaßen in seine Nähe kommen und auf den offenen Funkkanal gehen. Jetzt mal so technisch gesprochen, damit Sie kapieren, wie das ungefähr läuft. Wenn Martin auf Sendung ist, kann ich ihn orten. Und auf Sendung ist er eigentlich immerdann, wenn er sich nicht aktiv gegen mich abschottet. Da ich aktuell nicht in seiner Nähe war, hatte er keinen Grund, sich abzuschotten, daher standen die Chancen, dass ich ihn fand, insgesamt gut. Problematisch war nur, dass ich ihn in einer Stadt mit fast einer Million Einwohnern suchen musste.
    Ich kürze die Sache hier mal ab: Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis ich ihn fand, wo ich ihn nie vermutet hätte, nämlich in einem Steakhouse. Er saß da zwischen all dem toten Fleisch mit Birgit, Katrin und Gregor. Auf Birgits Teller lag ein riesengroßes, saftiges Steak, dem sie mit geschärftem Werkzeug und vampirhaftem Blick zu Leibe rückte.
    Martin hielt sich an Alukartoffel und Grünabfall. Das Gespräch drehte sich erstaunlicherweise nicht um den erwarteten Nachwuchs, sondern um einen Urlaub, den Katrin und Gregor planten. Über Weihnachten nach Florida. Hm, die Idee, mal Urlaub zu machen, war eigentlich gar nicht schlecht. Ich müsste ja noch nicht mal einen Flug oder ein Hotel buchen. Vielleicht würde ich die beiden begleiten und zusehen, wie Gregor Krokodile jagt und Katrin im knappen Bikini am Strand liegt.
    »Ich habe Mehmet für euch aufgetrieben, während du hier mit der Staatsmacht sitzt und tote Tiere frisst.«
    Martin fiel nicht auf die Provokation mit den toten Tieren herein. Nach fast zehn Monaten, in denen wir nun schon aufeinander angewiesen waren, hatte er ein paar meiner Tricks inzwischen durchschaut.
    »DU bist auf MICH angewiesen«, korrigierte er meinen Gedankengang sofort. »Umgekehrt wohl eher weniger.«
    Ich war gnädig gestimmt, weil ich die traute Runde so rüde zerreißen durfte, daher unterließ ich den Hinweis auf meinen Beitrag zu Martins Rettung, nachdem er sich damals hatte niederstechen lassen, auf meinen Beitrag zur Rettung von Birgit, nachdem Martin die vereinbarte Rufbereitschaftnicht eingehalten hatte, auf meinen Beitrag zur Rettung des zwischenzeitlichen Institutsleiters   …
    »Alle diese lebensgefährlichen Situationen hat allerdings nur einer überhaupt zu verantworten, nämlich du«, pampte Martin zurück.
    »Mehmet«, erinnerte ich ihn.
    »Wer ist Mehmet?«, fragte Martin, und zwar laut.
    Tja, dumm gelaufen. Das Gespräch am Tisch endete abrupt. Voll peino.
    »Bitte?«, fragte Gregor nach einer Schweigesekunde.
    Nur Birgit futterte ungerührt weiter. Die Frau kennt ihre Prioritäten.
    »Äh, du suchst doch diesen Mehmet«, stammelte Martin.
    Über seine Weigerung, seine Lebensgefährtin in angemessener Weise mit mir bekannt zu machen, habe ich bereits berichtet. Über Gregors und Katrins Weigerung, ihr Wissen über meine Existenz zu akzeptieren, auch. Und so kommt es eben immer wieder zu unschönen Szenen wie dieser, wo die einzig wirklich Unschuldige Birgit heißt, die mit vollen Backen auf ihrem Fleisch herumkaute, während ein winzig kleiner Tropfen rötlichen Rinderblutes in ihrem Mundwinkel glitzerte. Sie mag ihr Fleisch »englisch«. Mein Gott, was liebe ich dieses Weib! Wenn sie bloß nicht den Fehler gemacht hätte, schwanger zu werden.
    »Pascha!«, brüllte Martin, jetzt allerdings nur gedanklich. Er hatte sich also gefangen.
    »Was ist mit Mehmet?«, fragte Gregor.
    Ich konnte nicht erkennen, ob er Martin gegenüber diesen Namen tatsächlich schon mal erwähnt hatte oder ob er jetzt nur so tat, als ob, um dem Thema auszuweichen, von dem zumindest Katrin, Martin und Gregor wussten, dass es wie eine dreiste Kakerlake auf dem Tisch zwischen ihnen hockte, die man totschlagen musste, bevor sie unkontrolliert durch die Gegend sauste.
    »Was ist mit ihm?«, fragte Martin mich in Gedanken.
    Geil. Ich hätte ihn jetzt hängen lassen können. Einfach mal ’ne Runde um den Block drehen, und er hätte keinen Schimmer gehabt, was mit Mehmet war.
    »Mit welchem Mehmet überhaupt?«, fragte er mich gedanklich.
    Ha, Gregor hatte also wirklich nichts von ihm erzählt. Das wurde ja immer besser.
    »Was ist los?«, fragte Birgit in das allgemeine Schweigen hinein.
    Okay, Birgit zuliebe beschloss ich, Martin nicht hängen zu lassen.

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