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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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vor dem Knast«, entgegnete ich, während wir gemeinsam beobachteten, wie sie mit einem großen Satz auf einen Stapel Gartenmöbel stieg und versuchte, von dort aus über den Gartenzaun zu springen. In dem Moment packte Gregor ihren Hosensaum.
    Wenn sie nur ein bisschen nach hinten ausgetreten hätte, wäre Gregor umgefallen. Sein Gesicht war dunkelrot vor Anstrengung, er japste wie ein Marathonläufer, der die Strecke aus Versehen zweimal gelaufen war, und hielt den Stoff ihrer Jeans nur mit zwei Fingern fest. Die zur Salzsäule erstarrte Sprinterin allerdings rührte sich keinen Millimeter mehr. Auch sie atmete etwas schneller als normal, aber gesundheitsbedenklich sah ihr Zustand nicht aus.
    »Bitte«, japste Gregor, und es klang, als ob er sie umeine Herzmassage bitten wollte. »Ich habe nur ein paar Fragen   …«
    Sie erbarmte sich, hüpfte leichtfüßig von dem wackeligen Stapel herunter und fächelte Gregor Luft zu. Der glotzte sie atemlos mit offenem Mund und jetzt auch noch mit weit aufgerissenen Augen an. Aha, endlich war dem Herrn Kriminalkommissar auch aufgefallen, was wir schon länger wussten: Er war nicht hinter Mehmet hergerannt.
    »Oh, nein, jetzt wird er sie ins Gefängnis stecken«, jammerte Jo neben mir.
    »Sie sollten mehr Sport machen«, murmelte die Tussi. Dann drehte sie sich um und trottete mit den Händen in den Taschen und gesenktem Kopf vor Gregor her zurück zum Haus.
    Gregor machte ein japsendes Geräusch, das Zustimmung bedeuten konnte, und brauchte noch mal einige Sekunden, bis er sie nach ihrem Namen fragen konnte.
    Sie drehte sich nicht um, ging einfach schweigend weiter, während Gregor kopfschüttelnd hinter ihr herschwankte. Jenny hatte inzwischen die Hintertür geöffnet, sodass die beiden Sportler wenigstens nicht mehr über den Anbau ins Fenster hineinklettern mussten.
    Alle derzeit anwesenden Bewohner des Asyls waren im Esszimmer versammelt   – bis auf einen. Mehmet war immer noch nicht aus seinem Zimmer herausgekommen, wie Edi mir sofort zuflüsterte, als ich hinter Gregor den Raum betrat.
    »Ich glaube, er hat Angst.«
    »Na klar«, plärrte Niclas mir ins Ohr. »Der weiß, dass er zurück in sein Kameltreiberzelt geschickt wird.«
    »In der Türkei gibt es richtige Häuser, wie hier auch«, fauchte Bülent.
    »Ruhe«, brüllte ich.
     
    Gregor hatte sich inzwischen wieder erholt und stand neben dem Tisch, an dem die Frauen und Kinder Platz genommen hatten. Männer waren keine anwesend. Jenny saß mit der Sprinterin am Kopfende.
    »Wir suchen einen Jungen, der von zu Hause ausgerissen ist. Sein Name ist Mehmet Özcan«, sagte Gregor. »Er ist ein wichtiger Zeuge und wir müssen dringend mit ihm sprechen.«
    Niemand sah Gregor an, niemand sagte etwas.
    »Ich weiß, dass Sie alle Ärger mit deutschen Behörden haben, aber das interessiert mich nicht. Ich will Sie weder verpfeifen noch ausweisen oder Ihnen sonst irgendwelche Schwierigkeiten machen.«
    »Mehmet steht draußen vor der Tür und lauscht«, flüsterte Edi mir zu.
    Hey, die Zahnspange war echt auf Zack. Ich ließ mich hier vom Bullenkino fesseln und sie behielt den Überblick.
    »Pah, Mädchen«, sagte Niclas, der untätig in einer Ecke darauf wartete, dass endlich ein paar Ausländer verknackt wurden.
    »Edi ist zehnmal so klug wie du und außerdem auch noch sehr nett.«
    Dieser Spruch kam von   – ich glaubte es kaum   – Bülent! Nicht etwa Jo, nein, der umschwirrte seinen Schwarm und bekam vom Rest der Welt nichts mit.
    »Er hat solche Angst«, flüsterte Edi mir ins Ohr. Die Kleine schaltete sich hin und her wie ein Profi.
    In dem Moment ging die Tür auf und mit hängenden Armen betrat Mehmet den Raum.
    »Bitte sagen Sie meinem Vater nicht, dass Sie mich gefunden haben«, sagte er, dann streckte er Gregor die gekreuzten Handgelenke entgegen. O Mann, wie theatralisch.
    Gregor rief die Uniformträger aus der Blaulichtschaukelzur Vordertür und ließ Mehmet auf das Polizeipräsidium bringen.
     
    »Wir müssen deine Eltern benachrichtigen. Du bist nicht volljährig, du bist als vermisst gemeldet, und daher darf ich dich nicht vernehmen, ohne dass deine Erziehungsberechtigten dabei sind«, erklärte Gregor im Präsidium dem stumm und mit gesenktem Kopf auf dem Stuhl hockenden Mehmet.
    Ja, richtig aufgepasst, lieber Leser, die Schüler in Yasemins und Zeyneps Schule hatte er einfach so befragt, aber das war Plauderei gewesen. Bei Mehmet ging es um Mordverdacht, da wurden die Regeln eng ausgelegt. Pech für

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