Kühlfach betreten verboten
Mehmet. Der zuckte die Schultern, als wollte er sagen, dass jetzt auch irgendwie schon alles egal sei. Gesagt hatte er nach dem einen Satz keinen Ton mehr.
Mehmets Eltern kamen, der Vater langte ihm gleich als Erstes eine fette Ohrfeige.
»Richtig so«, sagte Niclas mit einem zufriedenen Grinsen. Er und Bülent hingen bei mir herum, während Jo bei seiner Flamme geblieben war und Edi ihm dort Gesellschaft leistete.
Gregor mahnte zur Mäßigung und drohte Mehmets Vater Handschellen an.
»Jau, Mann, voll korrekt«, operte Niclas.
Bülent wurde langsam sauer.
Mehmet rührte sich nicht, seine Mutter jammerte in gellender Tonlage irgendein Kauderwelsch, und Jenny sah aus, als erwarte sie jeden Augenblick die Dienstaufsicht im Türrahmen, aber sie hielt die Klappe. Mit Gregor war heute nicht zu spaßen.
»Ich möchte genau wissen, wo du am Montag ab vier Uhr nachmittags warst.«
Mehmet sah ihn nicht an und antwortete nicht.
»Weißt du, mit wem deine Schwester sich treffen wollte?«
Schweigen.
»Deine Schwester hatte eine Telefonnummer bei sich von einer Lehrerin, die verschwunden ist. Kannten die beiden sich persönlich?«
Weiterhin galaktische Stille von Mehmet.
»Nun bring ihn schon zum Reden«, tönte Niclas.
»Wie gut kanntest du Zeynep Kaymaz? Nahm sie regelmäßig Drogen? Wer nimmt sonst noch Drogen an der Schule?«
»Foltert ihn, foltert ihn«, brüllte Niclas.
»Ich mach dich alle, wenn wir wieder normal sind«, brüllte Bülent.
»Ruhe«, brüllte ich.
Die beiden Wutwichtel kreiselten in glühenden Wutwolken um mich herum, da war es echt schwer, den Überblick zu behalten, daher bekam ich auch nicht alles im O-Ton mit, was unter mir gesprochen wurde. Allerdings war auch das, was ich mitbekam, wenig erhellend, denn Gregor feuerte zwar ungefähr fünfzig weitere Fragen auf Mehmet ab, aber der hielt standhaft die Klappe. Er stellte sich einfach taub und stumm. Selbst als Gregor ihm ankündigte, dass Mehmet nun der Hauptverdächtige für den Mord an Yasemin sei und die kommende Nacht auf der Polizeiwache verbringen werde, regte er sich nicht.
Mehmets Mutter flehte ihren Sohn an, alles zu sagen, was ihn entlasten würde, was mein pummeliger Übersetzer freundlicherweise ins Deutsche übertrug. Sein Vater schwieg und verabschiedete sich auch nicht von seinem Sohn, als Gregor Mehmet abholen ließ. Die Eltern verließen, schweigend der eine, heulend die andere, Gregors Büro, dann war endlich wieder Ruhe.
ELF
Montag, 07 Uhr 15
Es war noch nicht mal acht am Montagmorgen, als ich im LAZY vorbeischaute, um zu sehen, was Gregor und Jenny heute vorhatten, als sie auch schon aufbrachen. Keine Ahnung, wohin, also musste ich ihnen durch den morgendlichen Dauerstau bei Schneegriesel folgen. Es war noch nicht einmal der erste Advent, aber einige der Schneeflöckchen blieben bereits liegen. Elende Winterseuche.
Sie fuhren zu Doktor »Tristan« Seiler.
Ach, den hatte ich ja ganz vergessen. Der zahnlose Lehrer lag seit Freitag im Stadtteilspital und schlabberte Süppchen durch Strohhalme. Er begrüßte die Kripos mit einem herzhaften »na endlich«.
»Was soll das heißen?«, fragte Gregor.
»Ich möchte Anzeige erstatten.«
»Dafür sind wir nicht zuständig.«
»Na super.«
Das klang bei ihm natürlich eher wie »na fuper«, denn Tristans Aussprache war ähnlich in Mitleidenschaft gezogen wie sein Aussehen.
»Wir haben ein paar Fragen, die Yasemin und Zeynep betreffen.«
»Aber ich …«
»Auf den Angriff auf Sie kommen wir dabei auch zu sprechen, keine Sorge.«
Tristan verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Gregor trotzig an, was angesichts des Verbandes um den Kopf, der aufgerissenen Lippe und der schillernden Veilchen noch dämlicher aussah als normal.
»Wer hat Sie zusammengeschlagen?«, fragte Gregor.
»Diese Clique aus der Moschee, bei der Mehmet manchmal dabei war.«
»War Mehmet diesmal auch dabei?«
»Nein.«
»Kennen Sie die anderen Namen?«
»Nur Fügrü Boffgurt.«
Das sollte wohl Şükrü Bozkurt heißen. Mehmets Freund. Der Dönerspießer, der studierte und die Firma seines Vaters übernehmen würde. Der Anhänger radikaltraditionalistischer Frauenbilder.
»Woher kennen Sie Herrn Bozkurt?«
»Er war bei uns auf der Schule.«
»Den haben Sie trotz Ihres Vollrausches zweifelsfrei erkannt?«
Tristan nickte.
»War er früher auch schon so radikal?«
Tristan nickte wieder. »Der konnte jede Lehrerin zur Weißglut treiben.«
»Was hat das alles mit Yasemin
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