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Kühlfach vier

Titel: Kühlfach vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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Kofferraumaktion.«
    »Hm.«
    »Interessant ist auch die Frage, wo das Auto geblieben ist.«
    »Das Auto?«
    Aus dieser Unterhaltung hätten wir locker eine Sitcom machen können. Mit Erfolgsgarantie.
    »So eine Karre kostet über hunderttausend Euro. Wenn die geklaut wird, meldet man das doch seiner Versicherung, oder?«
    »Das würde ich stark annehmen.«
    Aha, wir waren wieder bei ganzen Sätzen angelangt. Gut.
    |63| »Also finde heraus, ob jemand so ein Auto als gestohlen gemeldet hat«, schlug ich vor.
    »Und wenn nicht?«, fragte Martin.
    »Dann deshalb nicht, weil er ’ne Leiche im Kofferraum hatte und das auf dem Formular der Versicherungsgesellschaft lieber
     nicht angeben möchte.«
    Er war nicht hundertprozentig überzeugt, aber ich war sicher, dass er sich erkundigen würde. Und dann würde er mir endlich
     mit ein bisschen mehr Überzeugung und Nachdruck helfen, den Mord an mir aufzuklären. Zumindest hoffte ich das.
    Ich überlegte, mit ihm nach Hause zu fahren, aber dann wollte ich doch lieber noch einmal mein Glück mit den Fernsehgeräten
     versuchen. Ich hatte tagsüber ein bisschen im Konferenzraum herumgehangen, während dort eine Videovorführung lief, und meinte,
     einige von diesen Wellen gespürt zu haben. Vielleicht konnte ich lernen, die Glotze ans Laufen zu kriegen. Ich brachte Martin
     zur Tür und machte mich auf den Weg nach oben.

|64| DREI
    Ich war kaum unterwegs Richtung Fernseher, als ich einen weit entfernten Hilfeschrei hörte. Na gut, ich war mir zuerst nicht
     sicher, ob es wirklich ein Hilfeschrei war oder ob irgendeine durch die Gegend rauschende Welle meine Gedanken aufgeschreckt
     hatte. Immerhin geisterten ja, wenn man den ewig Ängstlichen glauben konnte, Millionen von Radio-, Fernseh- und natürlich
     Handysignalen die ganze Zeit durch die Luft, also war die Wahrscheinlichkeit, dass ich irgendwann durch so eine Welle flog
     und einen deutlichen Impuls spürte, mehr als wahrscheinlich. Zumindest glaubte ich das. Naturwissenschaften waren eigentlich
     nicht so sehr mein Ding gewesen, nur die Experimente, bei denen es knallte, zischte und stank, hatte ich immer gern gemocht.
     Aber schon die anschließende Frage, warum es denn nun geknallt, gezischt und gestunken hatte, hatte mich wieder furchtbar
     genervt.
    Jedenfalls konzentrierte ich meine Aufmerksamkeit auf das, was ich meinte gehört zu haben, und tatsächlich, da war es wieder.
     Eindeutig ein Hilfeschrei. Von Martin. Oh, böses Unheil!
    |65| Ich raste zur Tür, durch die er verschwunden war, und zischte hindurch, ohne den Spalt oder das Schlüsselloch zu suchen. Ein
     eiskalter Wind pfiff in Orkanstärke über den Vorhof, zumindest kam es mir so vor. Ich hatte Angst. Angst, dass mich der Wind
     einfach mitnahm, irgendwohin, wo ich dann ganz allein war. Angst, dass ich vielleicht sogar auseinandergeblasen wurde und
     aufhörte zu existieren. Einfach so, puff, weg war der Pascha. Angst, den letzten Rest meiner kümmerlichen Existenz zu verlieren.
     Ich hing an meinem Leben, obwohl es kein richtiges mehr war.
    Angst hatte offenbar auch Martin, denn ich hörte ihn zwar nicht mehr, empfing aber seine Impulse und die waren der blanke
     Horror. Ich sauste in die Richtung, aus der ich die Signale empfing, nämlich zum Seitenstreifen, auf dem nur ein einziges
     Möchtegernauto geparkt war: Martins hässliches Entlein. Die Beleuchtung war nicht die beste, hinter mir lag das rechtsmedizinische
     Institut und direkt daneben der Melatenfriedhof, eine gruselige Szenerie, die mir einen Schauer über den Rücken gejagt hätte,
     wenn da noch ein Rücken gewesen wäre. Stattdessen bemühte ich mich, alle Moleküle oder woraus auch immer ich noch bestand,
     zusammenzuhalten, mich nicht auseinander- oder wegblasen zu lassen und zu Martin zu kommen, der von einem nicht sehr großen,
     aber extrem fettleibigen Mann an sein Auto gedrückt wurde.
    »Ich schneide dir deine hässlichen Schweineohren ab, wenn du noch mal bei meiner Frau auftauchst und blöde Fragen über den
     kleinen Hosenscheißer stellst, ist das klar?«, fragte der Typ gerade.
    Natürlich war das keine echte Ja-Nein-Frage, niemand |66| würde in solch einer Situation mit Nein antworten und das tat auch Martin nicht. Er nickte nur.
    »Gut. Dann lass uns mal ganz in Ruhe von Mann zu Mann darüber reden, was du da für eine beschissene Show abgezogen hast.«
    Der Kerl lehnte immer noch an der Ente, wobei Martin zwischen ihm und dem Auto eingeklemmt war. Er sah nicht danach

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