Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten
Sie, wenn ich das so sagen darf.«
Das Sparschwein amüsierte sich köstlich über seinen eigenenWitz. Hobbyschreiberei. Sagt gerade so ein geistig völlig unbewaffneter Lackaffe.
Martin schwieg. Er fragte sich, wie er nur so dumm hatte sein können, mir den Zugang zu seinem Computer zu überlassen, wie
er noch viel dümmer hatte sein können, meinen Beteuerungen zu glauben, dass ich diese Berichte nur so für mich schrieb, und
wie er so absolut unfassbar dämlich hatte sein können, nicht regelmäßig in seinem Computer nachzusehen, was ich dort so alles
trieb.
»Ich habe die gesandte Mail aus dem Ordner gelöscht, du hättest sie gar nicht gefunden«, tröstete ich ihn. Meine bevorstehende
Karriere als Schriftsteller beflügelte mich, daher konnte ich Martin im Moment gar nicht richtig böse sein wegen all der fiesen
Dinge, die er wieder über mich dachte.
»Also, Herr Gänsewein, im Grunde ist es ja so: Die Geschichte scheint mir natürlich sehr an den Haaren herbeigezogen«, (der
Typ hat ja nicht den Schimmer einer Ahnung!) »aber sie ist wohl in gewisser Weise, äh, unterhaltsam, schreibt der Verlag.«
(Unterhaltsam? Das ist die megamördermäßig geilste Geschichte, die du je lesen wirst, du Gesinnungslegastheniker!) »Sie dürfen
sie also veröffentlichen, wenn Sie das möchten, der Verlag scheint ja Interesse zu haben. Aber natürlich nur unter gewissen
Bedingungen. Zunächst müssten alle Namen geändert werden.«
Martin nickte.
»Und dann müsste ich von jeglichen Einnahmen, die Sie damit erzielen, eine Lizenzgebühr von Ihnen verlangen.«
Martin starrte das Sparschwein verblüfft an.
»Eine Lizenzgebühr?«, fragte er.
»Eine Lizenzgebühr?«, brüllte ich. »Hat der heimlich Lack gesoffen, oder was? Der will Kohle daran verdienen,dass ich meine eigene, persönliche, tragische Lebensgeschichte aufgeschrieben habe …«
»Natürlich«, entgegnete das Sparschwein ungerührt. »Wenn der Name des Instituts erwähnt wird und ein Vorfall aus dem Institutsalltag
zur Grundlage eines Romans wird, dann ist es wohl selbstverständlich, dass das Institut an den Einnahmen beteiligt wird.«
»Natürlich«, flüsterte Martin erschöpft. »War das dann alles?«
»Im Grunde ja«, sagte das Sparschwein. »Ich gehe natürlich davon aus, dass ich in der Danksagung erwähnt werde.«
Martin wankte aus dem Büro des Chefs und ging schnurstracks zur Teeküche, wo er sich ein Glas Sojadrink mit Kalzium und Magnesium
aus dem Kühlschrank nahm. Er war neuerdings zu diesem cholesterin- und laktosefreien kalorienarmen Bohnenschleim übergegangen,
was Birgit mit Verwunderung, aber ohne Besorgnis zur Kenntnis genommen hatte. Ohne Besorgnis deshalb, weil Martin natürlich
nur die kontrolliert-ökologisch erzeugten Bohnen aus Freilandhaltung soff. Nicht die Genmutanten aus brasilianischer Regenwaldfolgekultur.
Ich spürte meine Speiseröhre Loopings schlagen, wenn er sich das schnoddergelbe Zeug in den Hals schüttete.
»Du hast mein Vertrauen missbraucht«, zickte er mich an, sobald er den ersten Schluck runtergewürgt hatte.
»Wir werden berühmt«, trällerte ich.
»Kein Mensch wird mich mehr ernst nehmen, wenn mein Name mit diesem Machwerk in Verbindung gebracht wird.«
»Die Leute werden …«
»Du hast doch überhaupt keine Ahnung, was die Leute werden«, brüllte Martin plötzlich in voller Lautstärke los.»Du hast mein Leben zur Hölle gemacht, aber bisher ist diese Hölle wenigstens mein privates Problem. Wenn du dieses Buch herausbringst,
bin ich eine öffentliche Witzfigur. Ich kann nicht mehr vor Gericht als Gutachter aussagen, weil alle Anwälte, Staatsanwälte
und Richter mit dem Finger auf mich zeigen und mich auslachen werden. Birgit wird mich verlassen, ich werde meinen Job verlieren,
Katrin und Gregor werden sich von mir abwenden und ich werde mich noch nicht einmal trauen, mir das Leben zu nehmen, damit
ich nicht ende wie du.«
Martin verließ die Teeküche mit Riesenschritten, rannte auf dem Flur Jochen um, der ihm verwundert nachschaute, und raffte
an seinem Arbeitsplatz Autoschlüssel und Portemonnaie zusammen.
»Martin«, rief ich, während ich hinter ihm herzischte, »Martin, jetzt reg dich doch mal ab. Kein Mensch wird …«
»Halt die Klappe und verpiss dich«, war der letzte Gedanke, den er mir jetzt wieder still mitteilte, dann machte er die Schotten
dicht. Ich ließ ihn ziehen und flog langsam zurück in sein Büro. Speedy Martin hatte
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