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Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten

Titel: Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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revanchieren kannst.«
    Was war das denn für eine Logik? Auf die Art kam man doch zu gar nichts. Irgendjemand sollte Viktor schnell noch ein paar
     Grundbegriffe Kapitalismus beibringen.
    Irina legte ihm die Hand auf den Arm. Sie lächelte. »Ja, das hast du mir beigebracht, und das ist ein guter Rat.« (Blödsinn!)
     »Aber ich konnte mich ja revanchieren. Ich habe ihm einen Fachartikel übersetzt, der in einer russischen Zeitung erschienen
     ist. Wenn er dafür ein Übersetzungsbüro beauftragt hätte, wäre er einige hundert Euro losgeworden.«
    Viktor strahlte, räumte die leeren Teller ab und spülte sie von Hand mit einer dieser neonfarbenen Klobürsten im Kleinformat,
     während Irina duschte und sich umzog. Raten Sie mal, wem ich Gesellschaft leistete.
    Gegen sechs Uhr gingen die beiden gemeinsam aus dem Haus. Viktor hatte sich mit einem roten Hemd herausgeputzt, das über seiner
     Kugelwampe spannte, Irina trug Jeans und T-Shirt , die Haare im Nacken zusammengebunden, kein Make-up. Sie hatte definitiv nicht vor, jemanden aufzugabeln. Richtig so, schließlich
     war sie jetzt mein Mädchen.
    Der russische Heimatverein war ihr Ziel. Viktor wuselte als Mädchen für alles herum, Irina half ihm hinter der Bar. Ich verstand
     kein Wort, weil alle Anwesenden Russisch sprachen, aber dass alle Irina zulächelten, verstand ich auch ohne Worte. Zum Glück
     bestand der größte Teil der Besucher aus alten Säcken und korpulenten Babuschkas. Vermutlich schwelgte die komplette Bande
     in irgendwelchen Erinnerungen, wenn sie Trinksprüche lallten oder melancholisch klingende Lieder sangen. Niemand tanzte diesen
     Tanz, wo die Kerle dauernd in die Knie einbrechen, als hätten sie Muskelschwund im Endstadium, aber das lag vermutlich daran,
     dass sie wussten, sie würden nie wieder hochkommen.
    Irina zapfte Bier, reichte Wodka über die Theke (in Flaschen! Mit Schnapsgläsern hielt sich hier niemand auf) und kochte kohlschwarzen
     Tee in einer komischen Konstruktion aus mehreren übereinanderstehenden Kannen.
    Wie hielt sie diese Samstagabendgestaltung nur aus? Aber gut so, sagte ich mir, hier kam sie nicht auf dumme Gedanken.
    Bis zwei junge Kerle eintrafen, die meine geübte Nase sofort als Gefahr erkannte. Sie waren unter dreißig, teuer und protzig
     gekleidet und trugen Armbanduhren, die sieentweder für zweifuffzig an der nächsten Straßenecke oder für achteinhalbtausend Peitschen in einem kleinen Geschäft mit Türklingel
     und Security gekauft hatten. Oder da geklaut, was weiß ich. Die Kerle waren durchtrainiert mit breiten Schultern und schmalen
     Hüften. Sie legten das großkotzige Auftreten von Typen an den Tag, die genau wissen, dass sich niemand mit ihnen anlegen wird
     – und hoffen, dass es irgendein Idiot doch mal wagt.
    Irinas Blick schien sich zu verdunkeln, als sie sie sah. Die beiden Kotzpillen versuchten, mit Irina zu flirten, holten sich
     aber eine deutliche Abfuhr. Trotzdem war mir klar: Irina kannte die Kerle. Vermutlich nur als Ruhestörer des Vereinsheims,
     vielleicht aber auch, weil sie ihnen bereits persönlich begegnet war. Natürlich bekam ich den wirklichen Grund nicht heraus,
     denn sie sprachen nur Russisch miteinander.
    Ich behielt die beiden im Blick und wäre ihnen vermutlich gefolgt, als sie die Versammlung gegen Mitternacht verließen, wenn
     nicht Irina gerade einen zudringlichen Hundertjährigen am Hals gehabt hätte, der ihr sturzbesoffen einen Heiratsantrag machte.
     Das schien für die restlichen noch Anwesenden nichts Neues zu sein, denn etliche Männer lachten den Greis gutmütig aus und
     halfen Viktor, ihn von den Knien wieder auf die Füße zu stellen. Dann war endlich alles gespült und aufgeräumt, und die Samstagabendunterhaltung
     im russischen Vereinsheim war beendet. Ich begleitete Irina und Viktor nach Hause und hockte auf Irinas Nachttisch, bis sie
     eingeschlafen war.
    Sonntags hatte Irina Dienst. Ich begleitete sie zum Krankenhaus, ging aber nicht mit rein. Ich hasse Krankenhäuser, sagte
     ich das schon? Den Abend verbrachte sie mit ein paar Kolleginnen erst in einer Eisdiele, dann im Kino. Als sie gegen elf Uhr
     schlafen ging, schnarchte Viktor nebenan bereits seit Stunden.

FÜNF
    »Aber wer vertritt Kriminalhauptkommissar Gregor Kreidler denn während seines Urlaubs?«, fragte Martin in einem leicht genervten
     Tonfall. Er hing am Telefon und schien sich zu ärgern, als ich am Montagmorgen auf einer weichen Wolke aus reiner, unschuldiger
     Liebe ins

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