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Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten

Titel: Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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ich jeden Abend zu Hause verbringe, außer
     Samstagabend, wenn ich im Vereinshaus bin. Und seit ich im Leichenhaus arbeite, bin ich von acht Uhr abends bis sechs Uhr
     morgens dort.«
    »Haben Sie denn am elften Juli schon dort gearbeitet?«
    »Nein.«
    Blöde Frage, das wusste Gregor doch selbst.
    »Wie halten Sie sich wach, wenn Sie im Leichenhaus Nachtdienst haben?«, fragte Gregor.
    »Mit Tee«, sagte Viktor. Er wand sich unbehaglich auf seinem Stuhl. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass er zwar literweise
     Tee inhaliert, aber trotzdem pennt.
    »Aber Sie arbeiten tagsüber von neun bis sechzehn Uhr und nachts von zwanzig bis sechs Uhr. Kommen Sie wirklich mit so wenig
     Schlaf aus?«
    Die riesigen Augenringe wurden noch eine Spur dunkler, als Viktor ein »Ja« log.
    »Aber wenn Sie immer wach und aufmerksam sind, wie erklären Sie sich dann die seltsamen Vorgänge im Leichenhaus? Und warum
     haben Sie nie etwas davon bemerkt?«
    »Als der Tote gestohlen wurde, wurde ich betäubt.«
    Gregor nickte mit grimmigem Gesichtsausdruck. Er blickte auf den ärztlichen Untersuchungsbericht über Viktors Zustand nach
     der Leichenentführung. Er war mit Sevofluran betäubt worden, einem gängigen Narkosegas,das keine so starken Nebenwirkungen hat wie Chloroform. Auch ansonsten hatte Viktor nur eine kleine Schramme an der Stirn
     gehabt, während Jochen lebensgefährlich verletzt worden war.
    »Sehr rücksichtsvoll«, murmelte Gregor.
    Viktor zuckte unglücklich die Schultern. Momentan sah er aus, als hätte er sich über eine gebrochene Nase sehr gefreut.
    »Die anderen Zwischenfälle ereigneten sich praktischerweise alle außerhalb Ihrer Dienstzeiten«, sagte Gregor. »Ich benötige
     exakte Angaben, wo Sie zu den jeweiligen Terminen waren.«
    »Aber ich war entweder zu Hause oder im russischen Vereinshaus   …«
    »Wem haben Sie die Zugangskarte beziehungsweise den Schlüssel gegeben?«
    Viktor blickte entrüstet. »Niemandem, natürlich.«
    Gregor notierte etwas auf dem Zettel, aber sein Gesicht sprach Bände. Er glaubte Viktor kein Wort.
    »Sie bekommen keine Rente, richtig?«
    »Richtig.«
    »Weil Sie die ersten zehn Jahre in Deutschland schwarz gearbeitet haben.«
    Viktor nickte, musste aber für das Diktiergerät eine Antwort aussprechen.
    »Und jetzt machen Sie sich langsam Sorgen um Ihre Alterssicherung.«
    »Ja.«
    »Und da dachten Sie sich, dass Sie doch gelegentlich ein paar Leichenteile verkaufen könnten.«
    »NEIN!«
    »Hornhaut ist ein sehr unempfindliches Organ. Das kann man auch noch zwei, vielleicht sogar drei Tage nach dem Tod entnehmen.«
    »Nein.«
    »Nein? Kann man das nicht? Wie lange ist denn eine Hornhaut noch wiederverwendbar?«
    Viktor rang die Hände über dem Kopf und fuhr sich dann mit den riesigen Pranken über die Stirn. »Darüber weiß ich nichts.«
     Er schüttelte den Kopf. »Ich sage Nein, weil ich nichts Unrechtes getan habe.«
    »Weil Sie es nicht als Unrecht betrachten, einer Leiche eine Hornhaut zu klauen?«
    Viktor schüttelte den Kopf.
    »Und das Skalpell, mit dem dem Araber die Kehle durchgeschnitten wurde? Wollen Sie mir etwa erzählen, dass Sie das nicht aus
     dem Rechtsmedizinischen Institut geklaut haben?«
    Scheiße, das Skalpell deutete natürlich neben allen anderen Indizien auch noch auf Viktor hin! Viktor riss die Augen auf,
     dann stützte er den Kopf in die Hände und schluchzte trocken.
    »Ich glaube, wir unterhalten uns morgen weiter, ich erwarte Sie um neun Uhr morgen früh. Bis dahin dürfen Sie weder die Klinik
     im Park noch das Rechtsmedizinische Institut betreten. Wir wollen ja nicht, dass Sie eventuelle Beweise noch schnell verschwinden
     lassen. Sie sollten Urlaub nehmen, Herr Kwasterow.«
     
    Viktor schlich wie ein geprügelter Hund nach Hause und wartete auf Irina. Sie stutzte, als sie zur Tür hereinkam und ihren
     Großvater zusammengesunken an seinem wackeligen Küchentisch sitzen sah. Seine Augen starrten ins Leere, während sein rechter
     Zeigefinger die Stickereien der Tischdecke entlangfuhr.
    Irina schloss die Tür sorgfältig ab, hängte ihre Tasche an die Garderobe und lief zu Viktor. »Großväterchen, was ist mit dir?«
    Viktor erzählte ihr stockend und unter theatralischem Seufzen, was Gregor ihm zur Last legte.
    Irina wurde blass. »Aber das ist ja vollkommen absurd. Hat er irgendwelche Beweise?«
    Viktor zuckte die Schultern.
    »So rede doch mit mir«, rief Irina und rüttelte an Viktors Arm. »Was hat er in der Hand?«
    Viktors Finger

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