Künstlerpech: Palzkis achter Fall
alten Haus mit einem überaus gepflegten Vorgarten. Er war zwar nicht besonders groß, doch selbst als Laie erkannte ich das Ausmaß der körperlichen Arbeit, die zu dessen Pflege notwendig war. Gartenarbeit war nicht so mein Ding, bei mir musste alles leicht und ohne großen Aufwand zu pflegen sein. Erst kürzlich hatte ich in einem Baumarktprospekt gesehen, dass es neuerdings Kunstrasen gab, der von einem echten Rasen nicht zu unterscheiden war. Die eine oder andere winzigkleine braune Stelle unterbrach die monotone grüne Gleichmäßigkeit, an der man bisher den Kunstrasen sofort erkannte.
Gerhard klingelte neben dem Schild mit dem Namen ›K. + T. Kreuzberger‹.
Ein recht dünner Mann im blauen Trainingsanzug öffnete. »Ja bitte?«
Ich hielt ihm den Dienstausweis vor die Nase und stellte uns vor.
»Sie sind aber früh, mit Ihnen haben wir noch nicht gerechnet«, sagte er dennoch freundlich und bat uns herein. »Meine Frau ist noch im Bad, kommen Sie bitte durch ins Wohnzimmer.«
Ich bemerkte, dass er seinen linken Fuß beim Laufen nicht richtig belastete. »Haben Sie Probleme mit Ihrem Fuß?«
Er blieb stehen und zog das linke Hosenbein hoch. »Ich hatte einen kleinen Unfall.« Er zeigte auf eine Plastikschiene, die seinen Knöchel umgab und mit zwei Klettbändern den Fuß fixierte. »Ich bin an einem Bordstein umgeknickt und habe mir dabei zwei der drei Außenbänder gerissen. Und noch ein paar andere nette Sachen dazu. Jetzt muss ich diesen Sprunggelenkschutz mindestens für zwei Monate tragen.«
Ich überlegte kurz, was wohl Dr. Metzger aus dieser Verletzung gemacht hätte, vertiefte diesen Gedanken aber wegen der aufkommenden Gänsehaut nicht weiter.
Wir setzten uns auf eine moderne Designer-Couch. Die Einrichtung hatte nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit der von Tuflinsky.
»Möchten Sie etwas trinken?«
»Einen tiefschwarzen Kaffee, wenn Sie haben«, sagte Gerhard.
Ich reagierte besonnener. »Mit Ihrer Verletzung müssen Sie sich nicht für uns abquälen. Setzen Sie sich doch zu uns.«
Dankbar nahm er an.
»Karin, also meine Frau, ist seit dem Anschlag auf Pako völlig durch den Wind. Die letzte Nacht hat sie so gut wie nicht geschlafen.«
Gerhard, der enttäuscht darüber war, keinen Kaffee zu bekommen, lehnte sich entspannt auf der echt bequemen Couch zurück und überließ mir die Moderation.
»Gibt es dafür einen bestimmten Grund, Herr Kreuzberger?«
»Das kann man wohl sagen«, antwortete dieser und wischte ein imaginäres Staubkorn von der picobello geputzten Tischplatte. »Meine Frau vertritt einige regionale und teilweise überregionale Künstler, Pako ist aber ihr Hauptkunde.«
»Kunde?«, fragte ich zurück, weil ich das für mich negativ besetzte Wort ›Kunde‹ stets mit Dr. Metzgers Patienten in Verbindung brachte. »Wie muss man sich das vorstellen? Entschuldigen Sie die Frage, aber wir kommen nicht aus dieser Branche.«
»Na, ja, das kommt immer drauf an. Manche Künstleragenturen bieten nur die Vermittlung an, andere haben Rundum-sorglos-Pakete im Angebot. Meine Frau ist nicht nur Vermittlerin für Veranstalter, sie kümmert sich auch um die Vertragsgestaltung, die Kontakte zur Presse und vieles mehr. Damit hält sie den Künstlern den Rücken frei. Die können sich dadurch voll und ganz auf ihre Auftritte konzentrieren.«
Im Hintergrund hörten wir das Öffnen einer Tür. Sekunden danach trat die hochgewachsene Karin Kreuzberger ein und begrüßte uns. Nach einem kurzen Blick auf den Glastisch meinte sie in recht ärgerlich wirkendem Ton zu ihrem Mann: »Theobald, du hättest den Herren wenigstens etwas zu trinken anbieten können!«
Gerhard und ich waren zeitgleich aufgestanden und schüttelten ihre Hand.
»Entschuldigen Sie bitte. Auf die einfachsten Selbstverständlichkeiten kommt mein Mann nicht. Bei Pako wäre das nicht passiert. Waren Sie schon bei ihm zu Hause?«
Ich verneinte. »Bisher hatten wir noch keine Gelegenheit. Darf ich zunächst Ihren Mann rehabilitieren? Er hat uns durchaus Getränke angeboten. Auf Rücksicht auf seine Verletzung haben wir aber verzichtet. Außerdem sind wir nicht durstig.«
Sie blickte leicht verächtlich auf das linke Bein ihres Mannes. »Na ja, die Bandage ist jetzt sieben Wochen drauf. So langsam könntest du die mal wieder abnehmen und normal herumlaufen.«
Ihr bloßgestellter Mann wehrte sich: »Letzte Woche sagte Dr. Lautschläger zu mir, dass ich die Schiene noch mindestens drei Wochen bräuchte, um keinen neuen
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