Künstlerpech: Palzkis achter Fall
letzte fehlende Puzzleteilchen oder waren es deren zwei? Hatte ich das Teil bereits in der Hand und musste es nur noch richtig drehen, damit es in das Gesamtbild passte? Dummerweise konnte ich meine Gedanken nicht weiter ordnen. Während wir das Bundesland wechselten und nach Mannheim-Seckenheim fuhren, setzte mein Kollege Störfeuer in meine Richtung ab. Er stellte tatsächlich Überlegungen an, wie er seinen Rasen in einen Gemüsegarten umgestalten könnte. Meinen Hinweis, dass eine Kuh und zwei oder drei Schweine viel pflegeleichter wären als ein wuchernder Garten, ignorierte er. Gerhard musste einen Narren an seiner Jasmin gefressen haben. Hier half nur noch Notwehr. Gleich am Wochenende würde ich ihn mit seiner Freundin zu uns nach Hause locken. Ich war mir sicher, wenn Jasmin erst mal unsere süßen Zwillinge auf dem Arm hätte, würde es am gleichen Abend zum Eklat mit ihrem Gerhard kommen.
Szene 19 Der Fall Tuflinsky
Guru war zu Hause. Die Tür stand sperrangelweit offen, sodass wir ihn von der Kellertreppe aus sehen konnten. Er saß nicht wie das letzte Mal auf dem Klo, sondern auf seiner verdreckten Couch und glotzte eine Talkshow im TV, während aus seiner Musikanlage Bob Marley grölte. Den Tabakqualm, der die Luft seines Wohnzimmers schwängerte, konnte ich weder Zigaretten, Zigarillos noch Zigarren zuordnen. Als er uns erkannte, hob er kurz die Hand und winkte uns nach drinnen.
»Schon lang nicht mehr gesehen, Herr, äh – Verzeihung, aber ich kann mich an Ihre beiden Namen nicht mehr erinnern. Ich dachte schon, meine Kumpels kommen. Wir wollen heute ein Brainstorming machen, damit wir für unser Mitgliedertreffen am Wochenende gerüstet sind.«
Er ging zur Anlage und drehte Bob den Saft ab. Den Fernseher ließ er weiterlaufen. Ich hatte mal gelesen, dass rund ein Viertel aller TV-Besitzer nicht wusste, dass ihr Gerät einen Ausschalter besaß.
»Es gibt soviel Elend auf unserer Erde, das kann so nicht weitergehen.«
Beinahe hätte ich ihn gefragt, warum er nicht bei sich selbst anfing.
Um ihn etwas williger für unsere Fragen zu machen, knallte ich ihm nach der Begrüßung und der Nennung unserer Namen eine erste verbale Motivationshilfe vor den Bug. »Ich darf es Ihnen eigentlich nicht verraten, aber in einer Stunde kommt der Hund.«
Guru blickte verwirrt und schnappte sich das zerfledderte Fernsehmagazin, das auf dem Tisch zwischen einem Potpourri aus Lebensmittelresten der letzten Monate lag. »Lassie?«, fragte er. »So was guck ich eigentlich nicht, das ist unter meinem Intekel, äh, Intellekt.«
Mit einem »Keine Ahnung, wie der Drogenhund heißt«, brachte ich ihn in Bedrängnis.
»Scheiße«, rief Guru, als er es kapiert hatte, »was mache ich da mit meinen Kumpels? Der Hazi kommt direkt aus Amsterdam. Die anderen werden sauer sein.«
Während Gerhard schmunzelte und in einem Regal abgegriffene Schallplatten begutachtete, schnappte ich mir ein paar Werbeprospekte, die Guru auf dem Tisch gestapelt hatte, und legte sie großzügig als Sitzunterlage auf die versiffte Couch. Längeres Stehen war ich nicht mehr gewohnt, außerdem musste ich mich zurzeit mit multiplen schweren Verletzungen herumplagen.
»Vielleicht können wir Ihnen helfen, Herr Tuflinsky.« Um das Ziel zu erreichen, hatte ich keine Hemmungen den Kerl mit ›Herr‹ anzusprechen. »Wenn wir uns schnell einig werden, haben wir anschließend Zeit, die Hausdurchsuchung bei Ihnen abzuwenden.«
»Hausdurchsuchung? Schon wieder?«
Guru gelang es immer wieder, für spontane Überraschungen zu sorgen. »Wann hatten Sie die letzte?«
Er kratzte sich am Kopf, was mich veranlasste, den Sicherheitsabstand zu vergrößern. »Das ist schon eine Weile her, so vier oder fünf Wochen werden es bestimmt sein.«
»Hat man was gefunden?«
»Eijo, wie immer«, antwortete Guru ohne nachzudenken. »Mein Alter hat das wie jedes Mal geregelt. Der kannte da jemanden im Präsidium.«
»Dieses Mal wird Ihr Vater Ihnen nicht helfen können.«
»Ich weiß, er ist ja tot.«
»Dann lassen Sie sich von uns helfen.«
»Eijo, wenn das geht.«
Ich hoffte, dass nun eine vernünftige Gesprächsbasis erreicht war.
»Warum haben Sie uns verschwiegen, dass die Bürgermeisterin von Seckenheim Ihre Tante ist?«
Guru nahm einen Schluck aus einer Dose mit einem fremdländischen Etikett. »Ist das wichtig? Danach haben Sie mich nicht gefragt.«
Stimmt, da musste ich ihm recht geben. Die politischen Verwicklungen mit dem Neckartunnel hatten wir
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