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Küss den Wolf

Küss den Wolf

Titel: Küss den Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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antwortete Marc und mir wurde schlagartig übel. An sich liebte ich Tiere, aber bei Ratten setzte irgendetwas in mir aus. Psychologen würden das sicher als Phobie bezeichnen.
    »Da Viola schon auf die achtzig zugeht, bin ich natürlich sofort zu ihr gefahren. Aber lasst uns jetzt nicht weiter darüber reden, sondern zur Sache kommen. Also: Wie sehen eure Pläne für die nächste Ausgabe aus? Pippa, hast du irgendwelche Vorschläge?«
    »Ich dachte, wir machen irgendein Special anlässlich der Filmfestspiele in Cannes…«, antwortete ich zögernd.
    »Hast du denn keine neuen Filmkritiken auf Lager?«, fragte Marc, ohne auf meinen Vorschlag einzugehen. Ups, ertappt!
    Ich war in den letzten Wochen überhaupt nicht im Kino gewesen und hatte entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten auch keine der neuen DVDs geschaut, die mir die Filmverleiher regelmäßig als Besprechungsexemplare zuschickten. Sowohl meinen Blog als auch die Schülerzeitung hatte ich komplett vernachlässigt.
    Genau genommen hatte ich so ziemlich alles vernachlässigt, seit Leo Goldmann in mein Leben getreten war.
    »Erde an Pippa, bist du noch bei uns?«
    »Klar bin ich das, was für eine Frage! Ich könnte auch was über die Welle der Märchenverfilmungen machen, die derzeit aus Hollywood zu uns rüberschwappt. Momentan läuft ja Red Riding Hood, den könnte ich diese Woche noch schaffen.«
    Zusammen mit Leo…
    Marc kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Das Märchen-Thema finde ich besser als die Filmfestspiele«, meinte er schließlich, womit mein Part zum Glück beendet war. Der Rest der Sitzung flog irgendwie an mir vorbei und ich fieberte nur noch dem Moment entgegen, wenn ich Leo anrufen und ihn zu einem Kino-Date verführen konnte. Doch dann fiel mir ein, dass ich seine Handynummer gar nicht hatte. Keine Ahnung, wie mir das passieren konnte… Blöd. Blöd. Blöd!
    Zu Hause angekommen, tigerte ich in meinem Zimmer auf und ab und überlegte, wie ich Leo erreichen konnte. Guido nach seiner Nummer zu fragen, war mir irgendwie peinlich.
    »Pippa, bist du da?«, schallte auf einmal Verenas Stimme über den Flur. »Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch in die Innenstadt.« Obwohl ich gerade gar keine Lust dazu hatte, mich mit Banalitäten wie dem Kauf eines Bikinis zu beschäftigen, rief ich »Komme gleich« und schickte schnell eine Bestellung an das Universum: Bitte um Anruf von Leo, und zwar dringend!!!
    Aber das Telefon gab keinen Ton von sich.
    Stattdessen fand ich mich kurze Zeit später in einer engen Umkleidekabine wieder und probierte einen Haufen Badeanzüge und Bikinis an, die Verena entweder »Supersüß« fand oder »Passend für Griechenland.« Es schien ihr also wirklich ernst zu sein mit unserem Urlaub. Doch anstatt mich über die Aussicht zu freuen, den Sommer zum einen Teil in der Provence und zum anderen auf Kreta, Kos oder Santorin zu verbringen, beschäftigte mich nur ein Gedanke: Wie sollte ich es sechs Wochen lang ohne Leo aushalten?
    »Nun hör aber mal auf, du kennst den Typen doch so gut wie gar nicht! Und wenn du mich fragst, die Farbe Gelb ist nichts für dich.« Es war nicht zu fassen: Neben mir stand plötzlich Holla! Heute hatte sie ihre Haare zu zwei Zöpfen geflochten und musterte mich kritisch von oben bis unten. »Ich finde, der Fliederfarbene steht dir am besten, passt gut zu deinem roten Haarschopf!« Holla stemmte die Hände in die Hüften und machte ein Gesicht, als sei sie meine persönliche Stilberaterin und ich auf dem Weg in den Urlaub an irgendeinen High-Society-Badeort. »Schon mal über einen Pareo nachgedacht?«
    Ich zischte »Verschwinde!« und hielt die Luft an, als Verena nach einem weiteren Beutezug die Kabinentür aufriss.
    Bevor ich ihr erklären musste, dass ich seit Sonntag von einer Irren gestalkt wurde, war Holla zum Glück verschwunden. »Führst du neuerdings Selbstgespräche?«, fragte Verena und musterte mich ebenso eindringlich.
    »Nee, da musst du dich wohl verhört haben«, murmelte ich und überlegte, ob ich meiner Mutter von der Waldfee erzählen sollte. Aber was wollte ich sagen? Dass sie Sonntagnacht einfach so aufgetaucht war und beschlossen hatte, für immer bei mir zu bleiben? Dass ich allmählich das Gefühl hatte, sie existierte lediglich in meinem Kopf? An Verenas Stelle hätte ich mich sofort zum Jugendpsychologen geschickt – also hielt ich wohl besser den Mund!
    Nachdem ich mich in etlichen anderen Läden quer durch das Sommersortiment probiert hatte, war ich nach

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