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Küss den Wolf

Küss den Wolf

Titel: Küss den Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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machst mir ein bisschen Sorgen. Dieser Gewittersturm hat dir scheinbar mächtig zugesetzt. Wie fühlst du dich denn?« Gute Frage! »Ein bisschen so, als wäre ich einmal auf den Mond und wieder zurück geschleudert worden«, antwortete ich. »Und ich habe wieder diesen furchtbaren Rotkäppchen-Traum gehabt.« Verena streichelte meine Wange. »Ich hätte dieses Märchen von dir fernhalten sollen«, sagte sie mit leiser Stimme. »Ich mochte es noch nie…«
    »Weiß man eigentlich schon, was mit Omas Dach ist?« Mir brach erneut der Schweiß aus bei der Erinnerung an die herumfliegenden Ziegel. »Sobald es dir besser geht, fahre ich hin und nehme einen Handwerker mit, damit er den Schaden begutachten kann, vielleicht kann Leo uns ja einen empfehlen. Laut Irene wurde das halbe Dach abgedeckt. Gut, dass ihr Schwiegersohn so nett war, nach dem Sturm eine Plane über die Löcher im Dach zu spannen.«
    »Weiß Oma schon, was passiert ist?« Verena schüttelte den Kopf. »Ich denke, es ist besser, es ihr nicht zu sagen. Es würde sie zu sehr aufregen.«
    »Meinst du, dass das sehr teuer wird?«, fragte ich ängstlich, obwohl ich mir die Antwort im Grunde schon denken konnte. Im Kopf addierte ich die Summe der Ausgaben für die technischen Geräte, die neue Heizungsanlage, das neue Dach. Ein Albtraum.
    »Ich mache mir wirklich Sorgen. Wie kann es sein, dass seit einiger Zeit so viel schiefläuft. Hast du denn schon mit ihr über die Bezahlung der Heizung gesprochen?«
    »Ich habe ihr angeboten, die Hälfte beizusteuern, mehr habe ich leider selbst nicht. Keine Ahnung, wie sie aus diesem Schlamassel wieder herauskommen soll. Hoffentlich übernimmt ihre Versicherung das.«
    »Du meinst, sie könnte sonst doch gezwungen sein zu verkaufen?«
    »Momentan fällt mir keine andere Lösung ein. Es sei denn, einer von uns gewinnt im Lotto. Aber denk jetzt nicht an Theodora, sondern komm lieber erst wieder selbst auf die Beine.« Plötzlich schimmerten Verenas Augen feucht: »Ach Schätzchen, ich bin ja so froh, dass dir nichts passiert ist. Dieser Orkan hat Bäume entwurzelt und Strommasten umgeknickt. Wenn ich daran denke, dass du ganz allein da draußen warst…«

32.
    Dienstag, 27. April – eine
Altbauwohnung im Schanzenviertel
    Viola D. erstarrte, als sie den Brief las:

    Aufgrund eines Dachgeschossausbaus
    sind Sie aufgefordert, ihren persönlichen
    Boden bis 1. Mai zu räumen.
    Sollten Sie dieser Verpflichtung nicht
    termingerecht nachkommen, sehen wir uns
    gezwungen, Ihre Sachen durch den städtischen
    Sperrmüll entsorgen zu lassen.
    Hochachtungsvoll…
    Viola ließ den Brief sinken.
    Dieses scheinheilige »Hochachtungsvoll« hätte sich die Hausverwaltung auch sparen könne, dachte sie grimmig.
    War dieser kurzfristig anberaumte Termin überhaupt rechtens? Wo sollte sie denn mit all ihren Sachen so schnell hin?
    Ihres Wissens nach waren sämtliche Kellerräume von anderen Mietern belegt.
    Mit zitternder Hand und pochendem Herzen wählte sie seine Nummer. Wenn überhaupt jemand ihr helfen konnte, dann er.
    Doch gerade als das Freizeichen am anderen Ende der Leitung ertönte, kam aus der Küche ein seltsames Geräusch.
    Es klang wie ein Rieseln.
    Als würde jemand Sand auf den Linoleumboden streuen.
    Angsterfüllt schlurfte Viola in den Nebenraum.
    Und konnte sich gerade noch in Sicherheit bringen, als ein Teil der Küchendecke auf den Boden krachte und den Tisch unter Unmengen an Putz und feuchtem Mörtel begrub…

33.
    Dienstag, 27. April
    Heute Nacht hatte ich eine wichtige Entscheidung getroffen und stand deshalb am Treppenaufgang der Schule, um Marc Jensen abzufangen.
    »Hallo, Pippa, du wartest doch bestimmt nicht auf mich, oder?«, grinste Marc und hechtete mitx seinen ellenlangen Beinen die Stufen hinauf. Wir waren beide mal wieder auf den letzten Drücker unterwegs. »Du wirst es nicht glauben, aber so ist es«, antwortete ich und spürte, wie mein Lächeln etwas verrutschte. Das Schreiben für das H-Mag aufzugeben, fiel mir wirklich nicht leicht. »Können wir uns nachher kurz mal sehen?« Marc runzelte die Stirn. Wieso sah ich eigentlich erst jetzt, dass er kleine Sommersprossen auf der Nase hatte? »Von mir aus auch gern so lange du willst«, antwortete er und fuhr sich mit den Fingern durch das weizenblonde Strubbelhaar, das heute noch wirrer abstand als sonst. »Was ist dir denn lieber? Vor oder nach der Redaktionssitzung?«
    »Ehrlich gesagt lieber vorher.«
    »In der großen Pause?« Marc musterte mich so

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