Küss mich, Cowgirl!
erreichte, waren alle in bester Stimmung.
Mit Ausnahme von Simon. Er saß neben Toni auf einem Heuballen und wirkte beunruhigt und ein wenig reizbar. Irgendwann hielt Toni es nicht länger aus.
“Stimmt irgendetwas nicht?”
“Wie kommst du darauf?”, erwiderte er bloß.
“Du bist überhaupt nicht du selbst.” Sie lachte nervös. “Nicht, dass ich dich schon gut genug kenne, um zu wissen, wie du wirklich bist. Aber du bist heute einfach anders.”
Er seufzte und gestand: “Es ist wegen Marilee.”
“Sie ist doch hier und hat viel Spaß. Wieso solltest du dir ihretwegen Sorgen machen?”
“Weil sie, falls sie tatsächlich etwas vorhat, es mit Sicherheit heute Abend versucht.”
“Was soll sie denn vorhaben?”
“Zum Beispiel sich mit dem Kerl treffen, dessentwegen sie hergekommen ist, wer auch immer das sein mag.” Er sah Toni an. “Hilfst du mir, sie im Auge zu behalten?”
“Grundgütiger, nein!” Sie wich zurück. “Ich werde doch deine Schwester nicht ausspionieren.”
“Ich meinte ja auch nicht ausspionieren. Du sollst mir nur Bescheid geben, falls du sie mit einem Fremden siehst oder sonst etwas Seltsames bemerkst.”
“Vergiss es, Simon.” Sie schüttelte entschlossen den Kopf. “Ich will damit nichts zu tun haben. Außerdem glaube ich nicht, dass du dir Sorgen machen musst.”
“Das hast du schon einmal behauptet. Heißt das, du weißt etwas, das du mir nicht erzählst?”
“Das heißt”, der Wagen kam abrupt zum Stehen, “dass ich eine Menge Dinge weiß, die ich dir nicht erzähle. Zum Beispiel wie man ein Kalb mit dem Lasso fängt, wie man ein Lagerfeuer mit einem einzigen Streichholz anfacht …”
“Schon gut, schon gut, ich habe es begriffen.” Er stand auf und bot ihr die Hand. “Anscheinend kann ich mich doch nicht auf dich verlassen.”
Nach kurzem Zögern nahm sie seine Hand und ließ sich von ihm hochziehen. Nein, dachte sie, du kannst dich nicht auf mich verlassen. Dazu waren ihre Interessen viel zu unterschiedlich. Er wollte die Romanze seiner Schwester verhindern – Toni hingegen wollte
seine
Romanze verhindern, nämlich die, die er offenbar mit ihr plante. Die Romanze, die auch sie sich verzweifelt wünschte, obwohl ihr die Vorstellung Angst einjagte.
Niki empfing alle an der Saloontür und ermutigte jeden, sich neben einen Fremden zu setzen. “Lernen Sie neue Leute kennen”, forderte sie die Besucher auf. “Die Urlauber der XOX-Ranch sind schon da. Der Rest kommt bald. Also, genießt den Abend.”
Toni wurde zu ihrer Erleichterung rasch von Simon getrennt, der neben einer großmütterlich wirkenden Dame von Burkes luxuriöserer Ranch zu sitzen kam. Jack selbst war nicht da. Toni nahm an, dass er zu Hause bei seiner hochschwangeren Frau geblieben war.
“Solltet ihr beide unter diesen Umständen zusammen sein?”, fragte sie Marilee und Dylan, die ihr gegenübersaßen, leichthin.
“Sie meinen, wegen Simon?” Marilee runzelte die Stirn.
“Nicht wegen Simon, sondern weil wir uns unter die Leute mischen sollen, um neue Bekanntschaften zu schließen.”
Marilees Mundwinkel zeigten nach unten. “Versuchen Sie nicht, mich zum Narren zu halten. Ich habe gesehen, wie Sie und Simon sich unterhalten haben. Er denkt, ich würde mich von hier wegschleichen, stimmt’s?”
“Ich habe zu diesem Thema nichts weiter zu sagen. Was zwischen Ihnen und Ihrem Bruder ist …”
In diesem Moment stellte Niki einen Korb mit Tortillachips und eine Schüssel dicker Salsa auf den Tisch. Niki sah wie immer wunderschön aus, und sämtliche Männer am Tisch starrten sie an, als wäre sie eine übernatürliche Erscheinung.
“Was kann ich euch zu trinken bringen, Leute?”, rief sie gut gelaunt.
Toni zuckte zusammen. Niki klang schon texanischer als die Texaner selbst. Aber wenigstens hatte sie für einen Themenwechsel gesorgt.
“Hast du Lust zu tanzen?”, murmelte eine sanfte Stimme Toni ins Ohr, während sich eine Hand auf ihre Schulter legte.
Sie war gerade mit einem kahlköpfigen Ingenieur aus Las Vegas in eine Unterhaltung darüber vertieft, in welchem Staat das Wetter schlechter sei, in Texas oder Nevada, als sie das vertraute Kribbeln im Bauch wieder spürte. Simon hatte jedes Mal diese Wirkung auf sie. Sobald er sie ansprach, berührte oder auch nur ansah, wurde sie nervös wie eine Katze auf einem heißen Blechdach, und das war alles seine Schuld.
“Nun?”
Sie blinzelte. “Nun was?”
“Ich habe dich etwas gefragt.”
Sie runzelte die Stirn.
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