Kuess mich doch - Roman
gewesen war und als Nächstes hinfahren sollte.
Es beruhigte sie, sich über künftige Reiseziele zu informieren. Es war gut, wenn sie bereits eine Vorauswahl an interessanten Orten getroffen hatte, für die Zeit, wenn diese ganze Geschichte rund um den gestohlenen Schmuck endlich ausgestanden war. Bis dahin hatte sie dann auch den Internetauftritt von Hot Zone überarbeitet und somit das nötige Kleingeld zur Verfügung. Ein Teil davon war für die Reise reserviert, der Rest würde wie immer auf ihr Sparbuch wandern. Blieb nur zu hoffen, dass sich der Blutdruck ihrer Großmutter wieder einigermaßen normalisieren würde – und dass sie noch lernen würde, mit ihrem neuen Computer E-Mails zu lesen und zu versenden. Dann konnte sich Lexie beruhigt auf den Weg machen, auch wenn sie nicht so lange wie sonst wegbleiben würde. Je älter ihre Großmutter wurde, desto kürzer wurden Lexies Reisen, damit sie Charlotte öfter besuchen konnte.
Und was war mit Coop?
In Anbetracht seiner Entschlossenheit, diese Geschichte zu schreiben, sollte sie sich in Bezug auf ihn
eigentlich keine Gedanken machen. Trotzdem war sie hier. Und irgendwie hatte er ja auch Recht. Er war Schriftsteller, und als solcher schrieb er nun einmal, ob es ihr passte oder nicht. Sie konnte ihn nicht davon abhalten. Andererseits wollte sie es sich aber auch nicht versagen, noch viele schöne Stunden mit ihm zu verbringen, solange sie gemeinsam recherchierten. Allerdings zweifelte sie keine Minute daran, dass er sie abschreiben und nicht auf sie warten würde, sobald sie ihre nächste Reise antrat.
Bei dem Gedanken daran schauderte sie. Doch ihrem Wunsch, weiterhin die Welt zu bereisen, tat das keinen Abbruch.
Coop kam erst um zwei Uhr nachts nach Hause. Erschöpft erklomm er die Treppe zu seiner Wohnung. Er konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als nachts nach Hause zu kommen und Lexie schlafend in seinem Bett vorzufinden. Bei dem Gedanken daran blieb er wie angewurzelt stehen.
Er umklammerte das Treppengeländer. Sein Herz klopfte zum Zerspringen. Wie zum Teufel war er so rasch an diesem Punkt angelangt? Er atmete einmal tief durch. Er durfte sich auf keinen Fall an ihre Anwesenheit gewöhnen. Wenn er jetzt anfing, sich darauf zu freuen, dass ihn Lexie zu Hause erwartete, würde ihm das irgendwann garantiert noch das Herz brechen.
Genieß einfach das Hier und Jetzt. Mit diesem Gedanken betrat er die Wohnung.
»Hey! «, sagte er überrascht, als er sah, dass das
Licht im Wohnzimmer noch an war und Lexie auf der Couch lag und sein Buch las.
Sie hob kaum den Kopf, als er hereinkam.
»Es ist schon spät.«
»Ich weiß, aber ich bin fast fertig.« Sie bedeutete ihm, sie weiterlesen zu lassen.
Sie trug eines seiner T-Shirts. Es hing lose an ihr herunter, da sie kleiner als er war, und der V-Ausschnitt gewährte ihm einen großzügigen Blick auf ihr Dekolleté. Er wünschte sich zwar, sie würde ihm die Aufmerksamkeit widmen, die sie seinem verdammten Buch schenkte, aber er freute sich auch, dass sie derart in seine Geschichte vertieft war.
Als er ins Bett ging, brannte im Wohnzimmer noch immer Licht. Ihm war klar, dass die Geschichte sie fesselte, aber er war auch gespannt darauf zu erfahren, was sie von seinen Fähigkeiten als Schriftsteller im Allgemeinen hielt. Er hatte panische Angst, sich ausgerechnet in dem Metier, das ihm mehr als alles andere bedeutete, zu blamieren.
Als Coop erwachte, lag Lexie neben ihm, die Finger hinter dem Kopf verschränkt, und starrte an die Decke. Er sah sie selten ohne Brille – eigentlich nur frühmorgens – und er genoss den Anblick, bis sie bemerkte, dass auch er die Augen aufgeschlagen hatte. Da sie nicht viel an die Sonne ging, hatte sie einen zarten Porzellan-Teint, gesprenkelt mit ein paar Sommersprossen auf Nase und Wangen.
Er streckte die Hand aus und fuhr ihr mit der Fingerspitze
über den schmalen Nasenrücken. »Bist du schon lange wach?«
»Nein.« Sie lächelte und rollte sich zur Seite, auf einen Ellbogen aufgestützt.
»Wann bist du denn gestern ins Bett gegangen?«, fragte er.
»Kurz nach dir, aber da warst du schon jenseits von Gut und Böse.«
Er nickte. Er war sofort eingeschlafen, erschöpft vom stundenlangen Herumstehen und vom Rauch, der ihm noch jetzt in den Lungen brannte. »Warum bist du schon so früh auf? «
»Ich brauche nicht mehr als sechs Stunden Schlaf.«
Da seine Arbeitszeiten unregelmäßig waren, hatte auch er es sich angewöhnt, mit wenig Schlaf
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