Küss mich Engel
also erst kürzlich zu Ihnen gekommen?«
»Letzten Monat, aber sie hat zuvor schon immer ein paar Wochen im Sommer bei mir verbracht. Ist aber nicht dasselbe, wie sie dauernd hierzuhaben.«
Seine finster gerunzelte Stirn verriet ihr, dass die Dinge nicht ganz so liefen, wie er sich das vorgestellt hatte, und sie hatte genug Probleme mit ihrem eigenen Vater, um noch einmal heftiges Mitgefühl für Heather zu empfinden. Kein Wunder, dass sie heimlich rauchte und sich in ältere Männer verknallte. Brady Pepper war zwar unzweifelhaft attraktiv, aber wohl nicht der geduldigste Vater, den man sich vorstellen konnte.
»Ich hab Heather kennengelernt. Sie scheint recht sensibel zu sein.«
»Zu sensibel. Das hier ist ein hartes Leben, und sie ist zu weich dafür.« Er erhob sich abrupt. »Ich schau besser, dass ich weiterkomme, bevor die Leute noch verschwinden. War nett, Sie kennengelernt zu haben, Daisy.«
»Ganz meinerseits.«
Als er bei der Tür angekommen war, musterte er sie nochmals mit einem Kennerblick. »Alex ist ein verdammter Glückspilz.«
Sie lächelte höflich und wünschte, Alex würde ebenso empfinden.
Erst nachdem die zweite Vorstellung längst begonnen hatte, konnte sie den Schalter schließen und sich Alex‘ Nummer ansehen. Sie hoffte, dass es sie beim zweiten Mal ansehen nicht so umwerfen würde wie gestern Abend, aber er kam ihr diesmal sogar noch beeindruckender vor. Wo hatte er das alles bloß gelernt?
Erst nachdem die Vorstellung schon zu Ende war, fiel ihr wieder die Unordnung ein, die sie im Trailer hinterlassen hatte. Sie eilte rasch zurück, doch hatte kaum die Tür aufgemacht, als auch schon Jill herbeikam, ein verschwörerisches Lächeln auf dem Gesicht. Frankie saß auch diesmal wieder auf ihrer Schulter, und bei Daisys Anblick begann er sofort zu kreischen und hielt sich die Augen zu.
»Sch, du Stinker. Komm, Daisy, ich muss dir was zeigen.«
Daisy machte hastig die Wohnwagentür zu, damit ihre neue Bekannte das Durcheinander drinnen nicht sah und entdeckte, was für eine schreckliche Hausfrau sie doch war.
Jill nahm sie am Arm und führte sie an der Reihe der Wohnwagen entlang. Zur Linken sah sie Jack Daily, den Ringansager, der gerade mit Alex sprach, während die Arbeiter die Sitzbänke aufstapelten.
»Autsch!« quietschte Daisy, als sie auf einmal hart an den Haaren gezogen wurde.
Frankie gackerte.
»Böser Junge«, flötete Jill, während Daisy außer Reichweite der kleinen Pfote hüpfte. »Ignorier ihn einfach. Sobald er merkt, dass er nicht an dich rankommt, lässt er dich in Ruhe.«
Daisy beschloss wohlweislich, ihre diesbezüglichen Zweifel für sich zu behalten.
Sie gingen um den letzten Trailer herum, und Daisy schnappte überrascht nach Luft, als sie sämtliche Artisten um eine große, viereckige Torte mit einem Brautpaar in der Mitte herumstehen sah. Madeline, das Showgirl, das sie zuvor schon kennengelernt hatte, stand dem Kuchen am nächsten, daneben Brady Pepper und Söhne, der jüngste Lipscomb-Junge, mehrere Clowns und viele andere, die sie zuvor kennengelernt hatte. Nur Heather hielt sich abseits.
Mit einem breiten Grinsen zog Jack Daily Alex nach vorn, und Madeline hob die Arme wie eine Chorleiterin. »Also gut, jetzt alle zusammen. Herzlichen Glückwunsch für euch! Herzlichen Glückwunsch für euch!«
Als alle so sangen, bekam Daisy feuchte Augen. Diese Leute kannten sie kaum, aber sie streckten ihr dennoch die Hand der Freundschaft entgegen. Nach der Kälte der Hochzeitsfeier berührte sie die Intimität dieses Augenblicks zutiefst. Im Beisein all dieser Freunde von Alex kam es ihr vor, als befände sie sich auf einer richtigen Feier, gleichsam eine Anerkennung dessen, dass etwas sehr Persönliches, etwas Schönes geschehen war, das Anlass zum Glücklich sein gab, und nicht eine Bestrafung, die sie laut ihrem Vater verdient hatte.
»Vielen Dank«, flüsterte sie, als der Gesang endete. Sie musste die Tränen zurückhalten. »Ich danke euch allen von ganzem Herzen.«
Sie drehte sich zu Alex herum, und ihre Fröhlichkeit verpuffte mit einem Mal, als sie sein starres, finsteres Gesicht sah. Bitte tu mir das nicht an, dachte sie. Ich will, dass diese Leute meine Freunde werden. Bitte tu so, als ob du dich freuen würdest.
Ein paar Frauen warfen sich verstohlene Seitenblicke zu. Die Annahme, Alex sei ein glücklicher Bräutigam, verlief sich rasch, und sie sah, wie die Blicke einiger zu ihrem Bauch glitten, um zu sehen, ob sie schwanger war.
Sie zwang
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