Küss mich Engel
diese Weise wortlos eine vereinte Front gegen Daisy.
Alex sagte nichts, aber die Art, wie er sie ansah, gab Daisy das Gefühl, vollkommen nackt zu sein.
»Dreh dich um«, befahl Sheba.
Daisy kam sich vor wie eine Prostituierte, die einem Stammkunden vorgeführt wird. Auch wenn der Spiegel im Bad zu klein war, um sich auch von hinten ansehen zu können, hatte sie eine ziemlich genaue Vorstellung von dem, was die beiden in diesem Moment sahen: zwei runde, nackte Hinterbacken mit einem schmalen blauen Stoffstreifen dazwischen, um die Pospalte zu verdecken. Ihre Wangen brannten, als sie sich wieder umdrehte.
»Wir sind ein Zirkus für Kinder und Familien«, sagte Alex. »Also, mir gefällt‘s nicht.«
Sheba trat zu ihr und fing an, am Oberteil rumzuzupfen. »Ich glaube, du hast recht. Sie hat wirklich nicht genug Oberweite, um das Trikot richtig auszufüllen. Es klafft ja.« Daisy fühlte, wie die Frau in ihrem Nacken herumnestelte. »Mal sehen, ob das andere besser aussieht.«
Ohne Vorwarnung öffnete Sheba das Trikothäkchen und riss ihr das Oberteil herunter, so dass Daisy auf einmal bis zu den Hüften nackt war. Mit einem überraschten Quieken versuchte Daisy, das Durcheinander von Stoffstreifen wieder hochzuziehen, aber ihre Finger waren so fahrig, dass sie sich vorkam, als würde sie versuchen, Watte zu entwirren. Ihr Blick flog zu Alex.
Er lehnte lässig an der Spüle, die Beine über Kreuz, die Hände auf die Anrichte hinter sich gestützt. Daisy bat ihn mit einem flehentlichen Blick wegzusehen, aber er wandte die Augen nicht ab.
»Lieber Himmel, Daisy, Sie erröten ja wie ein Teenager«, Shebas Lippen formten ein dünnes Lächeln. »Ich bin überrascht, dass jemand, der mit Alex im Bett war, überhaupt noch erröten kann.«
Die Pailletten an seiner Schärpe blitzten auf, als er vortrat. »Das ist genug, Sheba. Lass sie in Ruhe.«
Sheba wandte sich ab, um das andere Trikot zu nehmen. Alex stellte sich zwischen die beiden Frauen, beinahe als wolle er Daisys nackten Oberkörper vor Shebas Blicken schützen, was lächerlich war, da er ja derjenige war, vor dem sie sich verstecken wollte.
»Gib‘s mir.« Seine weiten Hemdsärmel bauschten sich, als er Sheba das Trikot mit den roten Pailletten aus der Hand nahm, sich ansah und dann an Daisy weiterreichte. »Das hier sieht besser aus. Schau, ob‘s dir passt.«
Sie riss ihm das Trikot aus der Hand und verschwand eilig im Bad. Als sie die Tür hinter sich zugemacht hatte, lehnte sie sich mit klopfendem Herzen dagegen und versuchte, ihren aufgeregten Atem wieder ein wenig unter Kontrolle zu bekommen. Ihr war ganz heiß vor Scham. Sie war von einer Mutter aufgezogen worden, die es gewohnt war, splitternackt Sonnenbäder zu nehmen, und sie sagte sich, dass sie sich nicht so anstellen sollte. Aber es störte sie dennoch.
Sie schaffte es schließlich, sich das Trikot überzustreifen, und zu ihrer Erleichterung war an diesem ein wenig mehr dran als an dem anderen. Eine flammenförmige Paillettenbahn zog sich vom Höscheneinsatz hinauf bis zu den Brüsten, wo sie in unregelmäßigen Spitzen auslief. Der Beinausschnitt reichte beinahe bis zu den Hüften. Zögernd öffnete sie die Badezimmertür und trat hinaus. Wenigstens war nun ihr Bauch bedeckt.
Alex stand allein da, die Hüften an den Küchentisch gelehnt. Daisy schluckte heftig. »Wo ist Sheba?«
»Sie musste mit Jack reden. Dreh dich um.«
Sie biss sich auf die Unterlippe und rührte sich nicht. »Ihr beiden hattet mal was miteinander, stimmt‘s?«
»Jetzt nicht mehr, also braucht‘s dich nicht zu bekümmern.«
»Sie scheint immer noch was für dich zu empfinden,«
»Stimmt. Sie hasst mich wie die Pest.«
Trotz all dem Gerede von Alex über seinen Stolz schien er nicht viel Ehre zu besitzen, oder er hätte sich nicht von ihrem Vater kaufen lassen, und da gab es etwas, das sie unbedingt wissen musste.
»War sie mit Owen Quest verheiratet, als ihr eure Affäre hattet?«
»Nein. Jetzt hör auf rumzubohren und lass dich von hinten ansehen.«
»Ich glaub nicht, dass es Bohren ist, wenn ich mehr über dich wissen will. Ich hab mir zum Beispiel heute die Zeitungsartikel in dem Hängeordner angesehen und festgestellt, dass du letztes Jahr nicht bei Quest Brothers warst. Wo warst du dann?«
»Welchen Unterschied macht das schon?«
»Ich will bloß ein bisschen mehr über dich wissen.«
»Deine Neugier ist nicht mein Problem.«
Er war der verschwiegenste Mensch, der ihr je untergekommen war, und mehr
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